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Medizinisches Profil Wie sich die Bremer Kliniken bis 2030 neu aufstellen sollen

Die medizinische Angebotspalette der Bremer Kliniken wird sich deutlich verändern. Für die Neuordnung der therapeutischen Leistungen hat die Gesundheitssenatorin ein neues Instrument in der Hand.
11.07.2025, 05:00 Uhr
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Wie sich die Bremer Kliniken bis 2030 neu aufstellen sollen
Von Jürgen Theiner

Wie sieht die Bremer Kliniklandschaft im Jahr 2030 aus? In den vergangenen Jahren haben Gesundheitsbehörde und Krankenhausträger zäh um mögliche Strukturveränderungen gerungen – lange ohne greifbare Ergebnisse. Doch nun kommt Bewegung in die Fronten, und das hat auch mit bundespolitischen Vorgaben zu tun. Spätestens Ende 2026 dürfte feststehen, wie die stationären Behandlungsangebote an den einzelnen Krankenhausstandorten neu aufgestellt werden.

Bereits 2022 hatte Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke) einen Vorstoß zur Reform der Kliniklandschaft im Land Bremen unternommen. Sie führte die kommunale Gesundheit Nord (Geno) und die freigemeinnützigen Krankenhausbetreiber zu einem Dialog zusammen. Gemeinsam sollte überlegt werden, wie und wo bestimmte Therapieangebote schwerpunktmäßig zusammengefasst werden sollen.

Dass Handlungsbedarf besteht, war und ist im Grundsatz unstrittig. Denn erstens steigt die Qualität medizinischer Behandlungen nachweislich parallel zur Fallzahl: Ein OP-Team, das Tag für Tag künstliche Hüftgelenke einsetzt, liefert bessere Ergebnisse ab als ein Chirurg, der diesen Eingriff nur gelegentlich vornimmt. Schon diese Erkenntnis spricht aus Expertensicht dafür, in der stationären Gesundheitsversorgung größere, spezialisierte Einheiten zu schaffen. Noch mehr Handlungsdruck geht indes vom Fachkräftemangel in den Gesundheitsberufen aus. Vor allem Pflegepersonal ist knapp. Mit dieser knappen Ressource muss sparsam umgegangen werden. Und das erreicht man am besten durch größere Therapiezentren, die einen deutlich effizienteren Personaleinsatz erlauben.

Bremer Kliniken sollen mögliche Schwerpunkte benennen

Die Gespräche zwischen den Klinikträgern liefen 2022 zunächst vielversprechend an, gerieten dann jedoch ins Stocken. Die Bereitschaft der Klinikgeschäftsführer, in einer Art Ringtausch freiwillig bestimmte Behandlungsangebote an andere Krankenhäuser abzugeben und dafür neue zugewiesen zu bekommen, stieß rasch an Grenzen. Und parallel startete der damalige Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) eine eigene Krankenhausreform, deren genaue Auswirkungen noch nicht zu überblicken waren. In der Folge verlor der Veränderungsprozess auf Bremer Ebene deutlich an Schwung.

Doch nun kommt wieder Dynamik in die Sache. Als Folge der noch von der Ampelkoalition im Bund beschlossenen Krankenhausreform werden sogenannte Leistungsgruppen eingeführt. Sie definieren künftig die medizinischen Angebote der Kliniken. Insgesamt gibt es 65 Leistungsgruppen, die an Qualitätskriterien geknüpft sind. Die Bremer Kliniken sind nun aufgefordert, der Gesundheitsbehörde im August zu melden, welche Leistungsgruppen sie in Zukunft erbringen wollen. Auf diese Weise ergibt sich also eine neue Chance, das Angebotsspektrum der örtlichen Krankenhäuser neu zu ordnen.

Bernhard sieht "Reibungsflächen"

Nach Informationen des WESER-KURIER haben Claudia Bernhards Fachleute den Klinikträgern im Frühjahr ein sogenanntes „Zielbild“ präsentiert, das eine Umverteilung bestimmter Behandlungsangebote vorsieht. Das Echo war offenbar durchwachsen. „Es gibt einige Reibungsflächen“, sagt Bernhard. Soll heißen: Mehrere Träger sind aus wirtschaftlichen Gründen nicht bereit, auf bestimmte medizinische Felder zu verzichten. Dazu zählen etwa die Orthopädie und die Gastroenterologie (Behandlung von Krankheiten des Verdauungstraktes). Auch die Geburtshilfe ist ein schwieriges Thema. Beispiel Diako: Das Gröpelinger Klinikum hat gegenwärtig eine solche Abteilung, allerdings keine Pädiatrie (Kinder- und Jugendmedizin). Wer eine Strukturreform unter rein fachlichen Gesichtspunkten betreibt, könnte auf die Idee kommen, dem Diako die Geburtshilfe wegzunehmen und anderswo einen größeren Komplex unter Einschluss der Pädiatrie zu schaffen. Doch das wäre schlecht für den sozial benachteiligten Bremer Westen und würde dort wohl Proteste hervorrufen.

Der Zeitplan für die nächsten Schritte sieht nun so aus, dass im Spätsommer die Leistungsgruppen-Anmeldungen der Kliniken in der Gesundheitsbehörde vorliegen. In einem zweiten Schritt soll der von den Krankenkassen finanzierte Medizinische Dienst (MD) prüfen, ob die Kliniken überhaupt die personellen und ausstattungsmäßigen Voraussetzungen für ihre jeweiligen Wünsche erfüllen. Im letzten Quartal 2026 würde Bernhards Behörde den Krankenhäusern die Leistungsgruppen verbindlich zuweisen. Klagen vor Verwaltungsgerichten sind dann durchaus möglich. In Nordrhein-Westfalen prozessieren Klinikträger bereits vereinzelt gegen die Entscheidungen des dortigen Gesundheitsministeriums.

Die Geschäftsführerin der Bremer Krankenhausgesellschaft, Judith Borsch, glaubt eher an eine friedlich-schiedliche Lösung für das kleinste Bundesland. Es sei „weitestgehend gelungen“, im bisherigen Zielbildprozess gemeinsame Positionen von Behörde und Klinikträgern herauszuarbeiten. Auch für Borsch steht freilich fest: „Es wird zu Änderungen und Umstrukturierungen bei den Bremer Krankenhäusern kommen.“ Für die AOK Bremen/Bremerhaven als einem der größten Kostenträger ist klar, was Ziel der nun anstehenden Strukturveränderungen sein muss: eine „stärkere, sinnvolle Konzentration von Leistungen und die Schaffung therapeutischer Schwerpunkte, um eine gute und wirtschaftliche Versorgung im Bundesland Bremen zu ermöglichen“, so Sprecher Jörn Hons.

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