"Die Reform wird verbessert, aber nicht verwässert", sagte Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) am Donnerstag in Berlin nach einem Austausch mit ihren Länderkollegen Karl-Josef Laumann (CDU/Nordrhein-Westfalen) und Melanie Schlotzhauer (SPD/Hamburg) über die Ende vergangenen Jahres beschlossene Krankenhausreform. Die Eckpunkte der umstrittenen Reform ihres Vorgängers Karl Lauterbach (SPD), die noch unter der rot-grünen Minderheitsregierung auf den Weg gebracht wurde, werden weiter umgesetzt. Darauf hatten sich Union und SPD in Grundzügen schon im Koalitionsvertrag geeinigt. Jetzt wurden zwischen Bund und Ländern verschiedene Anpassungen verabredet, die die "Umsetzung der einzelnen Maßnahmen gangbarer" machen sollen.
Die Reform hat das Ziel, die Qualität der Krankenhausversorgung in Deutschland zu verbessern und gleichzeitig die finanzielle Situation der Kliniken in Deutschland, die wegen mangelnder Bettenauslastung häufig rote Zahlen schreiben, zu stabilisieren. Dafür sollen die Kliniken künftig nach "Leistungsgruppen und nicht nach Betten", wie es der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann ausdrückte, vergütet werden. Zudem sind weniger Doppelstrukturen und mehr Spezialisierung geplant.
Komplizierte Operationen wie zum Beispiel an Rücken oder Kniegelenken sollen künftig nur noch von Fachkliniken vorgenommen werden, die hohe Fallzahlen und entsprechende Erfahrungen vorweisen können. Für Krankenhäuser auf dem Land, die eine Grundversorgung aufrechterhalten müssen, gelten bestimmte Ausnahmen. Bei der Gestaltung sollen die Länder laut Ministerin Warken mehr Spielraum erhalten. Gleiches gelte auch für Kooperationen zwischen den Häusern, wobei sie klarstellte, dass man keine Zusammenschlüsse über große Entfernungen zulassen könne, nur damit Kliniken künftige Qualitätsanforderungen erfüllten. "An den Grundprinzipien halten wir fest", so die CDU-Politikerin.
Dennoch wird von Experten damit gerechnet, dass von den 1700 Krankenhäusern in Deutschland etwa 100 Kliniken künftig vom Markt verschwinden werden. Angesichts einer durchschnittlichen Bettenauslastung von 71,2 Prozent im Jahr 2023 gehen die Fachleute davon aus, dass die entstehenden Lücken durch die übrig bleibenden Krankenhäuser geschlossen werden können.
Geplant sind laut Warken jetzt Anpassungen beim Zeitplan für die Umsetzung der Reform. Die Länder brauchten da etwas mehr Luft. Zudem sollen die Krankenhäuser für die Jahre 2022 und 2023 wegen der damaligen Inflation mit vier Milliarden Euro aus dem Infrastruktur-Schuldenpaket des Bundes unterstützt werden. Aus dem sogenannten Sondervermögen werde auch der sogenannte Transformationsfonds für die Reform finanziert. Zuvor war dafür Geld aus der gesetzlichen Krankenversicherung vorgesehen. Die Finanzierung aus Steuermitteln beziehungsweise aus Schulden könnte dafür sorgen, dass der Anstieg der Krankenkassenbeiträge künftig geringer ausfallen könnte.
Ziel sei, Anfang September einen entsprechenden Gesetzentwurf zu Anpassungen der Reform ins Bundeskabinett zu bringen, sodass das Gesetzgebungsverfahren bis Ende des Jahres abgeschlossen werden könne, sagte die Ministerin. Die Vertreter der Länder zeigten sich zufrieden mit den Plänen. Hamburgs Gesundheitssenatorin Schlotzauer sagte nach dem Treffen: „Ich bin sehr sicher, dass wir konstruktiv zu einer Lösung über den Sommer kommen.“ Die Nachjustierungen gingen nicht über die Verabredungen im Koalitionsvertrag hinaus. „Das wäre meine rote Linie gewesen.“
NRW-Gesundheitsminister Laumann betonte, jeder könne davon ausgehen, „dass diese Reform zu 2027 kommt und scharf geschaltet wird“. Einen Weg zurück könne es nicht geben. Es sei klar, dass die Reform praktikabler werde. Nun sei die Wahrscheinlichkeit „sehr, sehr groß“, dass der Entwurf von den Ländern letztlich mitgetragen werden könne.
Krankenkassen und Unikliniken hatten kurz vor den Bund-Länder-Gesprächen vor einer "Verwässerung" der Krankenhausreform gewarnt. Sie wandten sich etwa gegen zu viele Ausnahmen. Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung verlangte unter anderem ein Festhalten an verbindlichen und bundesweit einheitlichen Kriterien für Fachkrankenhäuser. Die gesetzlichen Krankenkassen warnten grundsätzlich vor einem Aufweichen der Reformziele. „Im Mittelpunkt der Reform müssen die Patientinnen und Patienten und ihr Anspruch auf die bestmögliche Behandlung in dafür spezialisierten und erfahrenen Krankenhäusern stehen“, sagte die stellvertretende Chefin des Spitzenverbands, Stefanie Stoff-Ahnis, vor dem Bund-Länder-Treffen.
Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen warnte vor Geschenken an die Kliniklobby. „Menschen müssen sich darauf verlassen können, dass dort, wo Krankenhaus draufsteht, auch das richtige Krankenhaus drin ist.“