Nach dreieinhalb Jahren Bauzeit sind die Bauarbeiten an der Bremer Landesbank (BLB) abgeschlossen. Am Montag öffnet die Bank am Domshof wieder für ihre Kunden.
Scherben bringen Glück, und deshalb ist es gar nicht mal schlecht, es ist sogar gut, dass bei der Bremer Landesbank (BLB) auf den letzten Drücker etwas zu Bruch gegangen ist. Dumm nur, an welcher Stelle des Neubaus das Glas klirrte. Es war die Eingangstür, die obere Scheibe. Ein Jammer, denn so wird der Eindruck des kolossalen Portals ein wenig gestört.
In zwei Wochen allerdings soll alles in Ordnung sein, dann wird die neue Scheibe eingesetzt. Schlussarbeiten auf einer Baustelle, die dreieinhalb Jahre das Bild am Domshof geprägt hat. Jetzt, nachdem der Bauzaun weg ist, rückt das Gebäude ganz und gar in den Vordergrund. An diesem Montag wird es eröffnet, in einer Phase, in der es der BLB so schlecht geht wie nie.
„Wir eröffnen unseren Neubau in unruhigen Zeiten“, sagt Guido Brune, Vertriebsvorstand der BLB. Seine Bank ist wegen fauler Schiffskredite in Schieflage geraten. Gut möglich, dass sie ihre Eigenständigkeit verliert und mehr oder weniger in die Nord/LB aufgeht. Brune bleibt dennoch unverdrossen: „Die BLB ist und bleibt eine Bank mit eigener Identität.“ Und mit eigenem Haus. Es hat 50 Millionen Euro gekostet.
Formgebung korrespondiert mit Rathaus
Brune ist stolz. Er sagt es auch: „Ich bin schon ein bisschen stolz, dass alles so geworden ist, wie wir uns das zusammen mit dem Architekten vorgenommen haben.“ Gebaut wurde nach Entwürfen von Peter St. John aus dem Büro Caruso St. John Architects in London. Brune und die anderen Chefs von der Landesbank sagen Peter zu ihm, man ist sich während der langen Planungs- und Bauzeit näher gekommen. Der Mann aus London hatte den Architektenwettbewerb gewonnen – für einen Bau an hochsensibler Stelle in unmittelbarer Nachbarschaft zum Weltkulturerbe Rathaus.
„Die alte Dame sollte sich wegen der neuen Umgebung nicht schämen müssen“, sagt Brune. Die Aufgabe: Ein Gebäude, das in Formgebung und Material mit dem Rathaus korrespondiert. Vertikale und horizontale Linien, Säulen und Simse, die Unterschiede in den Farben – das wurde von St. John nicht kopiert, sondern aufgenommen. Und dann der Stein, ein großes Thema.
Brune hat Jürgen Elbin mitgebracht, er ist der Geschäftsführer von BLB Immobilien und hat mit seinen Leuten das Projekt gesteuert. Beim Stein kommt Elbin ins Schwärmen, Grafschafter Klinker aus einer Ziegelei im Emsland, gebrannt nur für die Landesbank: „Es sind 64 unterschiedliche Formen vermauert worden, das müssen Sie sich mal vorstellen: 64!“

Innen wie außen ist das aufwendig gemauerte Portal eine Wucht.
Baufirma stammt aus Oldenburg
Der Grund für diese Vielfalt sind die Wölbungen in der Fassade, eine Kunst, sie weitgehend gleichförmig zu halten, ein Meisterwerk, lobt Elbin. „Das war wie ein Puzzle für die Maurer, sie mussten ja immer wieder überlegen, welchen Stein sie nehmen.“ An so einer Fassade könne man nicht mit Schablone arbeiten – „das muss fließen, da kommt die Mathematik aus den Fingern.“
Sie haben viel Zeit darauf verwendet, den richtigen Klinker zu finden und ein Unternehmen, das damit umgehen kann. Die Arbeiten wurden europaweit ausgeschrieben, haben ihren Abnehmer aber schließlich in der Region gefunden, dort, wo die BLB ihren Zweitsitz hat. Den Zuschlag bekam die Baufirma Jürgen Janßen aus Oldenburg. „Der Chef hat zwischendurch selbst mit angepackt“, erzählt Elbin, „er hat sich ein Denkmal gesetzt.“
Der Neubau ist aber nicht nur der neue Bau. Weiter hinten, zur Katharinenstraße hin, steht noch die denkmalgeschützte Fassade von 1896. In dem Teil ist der Vorstand untergebracht. Brune also auch, „das erste Bild hängt schon“. Er fühlt sich wohl in seinem Büro, muss sich allerdings noch daran gewöhnen, dass die Decken so irrsinnig hoch sind, fünfeinhalb Meter.

Jürgen Elbin (links) und Guido Brune vor dem Neubau.
Abriss war ein Spektakel
Anders war es aber nicht zu machen, denn sonst hätte man die hohen Fensteröffnungen durchschneiden müssen und der ganze Eindruck wäre hinüber gewesen. Brune blickt von seinem Büro aus auf den Blumenmarkt. Ihm zu Füßen werden wie früher, als „Schmidt‘s Bar“ servierte, wieder Tische und Stühle stehen. Wer an der Stelle die Gastronomie übernimmt, will BLB Immobilien demnächst mitteilen.
Die historische Sandsteinfassade stand zwei Jahre lang allein im Wind, nichts mehr dahinter, alles entkernt. Gehalten wurde sie von einem Stahlgerüst, das mit 13 Meter langen Pfählen im Erdreich verankert war. Ein großer Aufwand, wie alles, was zunächst nur mit dem Abbruch zu tun hatte. Ein ganzes Jahr haben diese Arbeiten gedauert. Das Haus der Landesbank ist förmlich abgetragen worden – der 45 Jahre alte und ziemlich marode Bau am Domshof komplett, der Teil dahinter bis auf die Fassade. Sie zu erhalten, war teuer, der Abbruch auch: Beides zusammen schlug mit rund fünf Millionen Euro zu Buche, das sind zehn Prozent der Gesamtkosten.
Der Abriss war ein Spektakel: Spezialbagger, die sich langsam in den Komplex hineinfraßen und für die Schaulustigen ein ums andere Mal neue Blickfelder erschlossen. Es standen manchmal Trauben von Menschen vor der Baustelle, die darüber staunten, wie sich in dem Gebäude Klüfte auftaten und wie plötzlich neue Sichtachsen entstanden. Das Rathaus wurde dominanter, die Liebfrauenkirche kam zum Vorschein – was eng war im Durchgang zum Kirchhof, wurde weit.

Die neue Kundenhalle der Landesbank mit dem zwölf Meter langen Tresen.
Neu- und Altbau bilden eine Flucht
Ein Eindruck, der geblieben ist. Das neue Haus steht sieben Meter weiter vom Rathaus entfernt als das alte. Es ist so weit zurückgerückt, dass Neubau und Altbau jetzt eine Flucht bilden. Das sieht aufgeräumt aus, sehr klar, und schafft fürs Auge neue Verbindungen. Wer vom Liebfrauenkirchhof kommt, hat Rathaus und Dom anders im Blick als vorher. Die Altstadt setzt sich an dieser Stelle neu in Szene. Das Große wird großartig.
Größe auch innen, im Hof der Bank. Ein Oval mit freiem Zugang, wer will, kann durch den Torbogen hineinspazieren und den Neubau von dieser Warte studieren. „Zur Eröffnung des Musikfestes wird es in dem Hof ein Konzert geben“, erzählt Brune. Auch andere Veranstaltungen seien denkbar, solange der Betrieb der Bank nicht gestört werde. Das Gebäude bietet mit einer Gesamtfläche von 24 000 Quadratmetern Raum für bis zu 500 Arbeitsplätze. Eingezogen sind in den vergangenen Wochen rund 350 Mitarbeiter. Sie waren in der Zwischenzeit provisorisch untergebracht und kehren jetzt zurück.
Abgang zur öffentlichen Toilette bleibt
Wenn sich an diesem Montag die Tür zur Kundenhalle öffnet, wird kein Band durchgeschnitten, es werden auch keine Reden gehalten. Dafür geht es der Landesbank zu schlecht, dass gefeiert werden könnte. Brune, Elbin und die anderen werden aber sicher im Stillen genießen. Ihnen ist da was gelungen. Anderen nicht. Das Pflaster vor dem Neubau wird an einer Stelle von Asphalt unterbrochen. Es sieht wie geflickt aus. Nicht schön. Brune erklärt, warum das so ist: „Hier stand ein Kiosk, und es gab den Abgang zu den öffentlichen Toiletten. Solange nicht klar ist, was mit der Anlage unter der Erde passieren soll, darf kein Pflaster verlegt werden.“
Eine Posse, zumal für das Gebäude am Domshof lange geplant wurde und dreieinhalb Jahre Bauzeit vergangen sind. Die Stadt ist trotz dieses Vorlaufs in der Toilettenfrage einfach nicht zu Potte gekommen. Brune ärgert sich, aber er nimmt‘s auch mit Humor: „Wir haben wahrscheinlich zu schnell gebaut.“