Die Bremer Behörden gehen in vielen Fällen zu lax mit Steuergeldern um – auch bei Aufträgen, die an Einrichtungen und Projekte außerhalb des öffentlichen Dienstes vergeben werden. Beispiele sind Angebote in der Kinder- und Jugendhilfe, Forschungseinrichtungen oder Theater. Diese sogenannten Zuwendungen, pro Jahr mehr als 500 Millionen Euro, waren der Schwerpunkt des Jahresberichts des Rechnungshofes. Präsidentin Bettina Sokol monierte: "Mehr oder weniger schwerwiegende Mängel sind grundsätzlich so gut wie in allen Ressorts zu verzeichnen." Und: "Die festzustellenden Fehler werden nicht weniger, sie nehmen Jahr für Jahr leider eher noch zu."
Die gröbsten Fehler: Anträge, die ohne vollständige Unterlagen bewilligt wurden, die Verteilung von Geldern trotz vorhandener Eigenmittel in den Ressorts, Doppelförderungen und fehlende Überprüfungen, ob mit den Fördersummen tatsächlich die in Auftrag gegebenen Leistungen erbracht wurden. "So weit Nachweise überhaupt erbracht wurden, unterblieb vielfach deren gründliche Prüfung", heißt es in dem knapp 230 Seiten langen Bericht. Im Überblick verschiedene Beispiele, die der Rechnungshof rügt.

Präsidentin Bettina Sokol.
"Wenig durchsichtiges Gesamtgefüge" im Bildungsressort
Als drastischstes Beispiel nennt der Landesrechnungshof das Bildungsressort: Dort war im September 2021 im Zusammenhang mit der Stadtteilschule die Existenz einer schwarzen Kasse aus den Jahren 2015 bis 2020 in Höhe von knapp neun Millionen Euro bekannt geworden. "Insgesamt ein wenig durchsichtiges Gesamtgefüge" nannte Sokol das, was die Prüfer vorfanden. "Besonders erschütternd aus unserer Sicht ist, dass es im Ressort keine Kenntnis über die Höhe die Überzahlungen gab", sagte sie. Bei den Verhandlungen zwischen Bildungsbehörde und der Stadtteilschule über die Rückzahlung der (von der Stadtteilschule nicht verwendeten) Beträge sei es dementsprechend zugegangen "wie auf einem Basar".
Ebenfalls sehr unbefriedigend aus Sicht der Prüfer: Unstimmigkeiten und Mängel bei der Buchführung in der Behörde seien bereits 2015 angemerkt worden, sagte die Präsidentin. "Es wurden vielfach Verbesserungen versprochen, aber stattdessen hat das Bildungsressort dann noch eins draufgesetzt."
Kulturressort: Förderung ohne Nachweise
Auch im Kulturressort gibt es aus Sicht des Landesrechnungshofs Verbesserungsbedarf, was die Zuwendungspraxis angeht. Sokol: "Wenn man sich öffentlicher Mittel bedient, sollte man sich an die Basics und Vorschriften halten." Und nicht, wie es bei der Kulturförderung laut dem Jahresbericht häufig vorkommt, auf Nachweise und deren Prüfung verzichten.
Ein Beispiel für diese Praxis ist die Shakespeare Company, deren Zuwendungen für die Spielzeit 2019/2010 im Nachhinein um 115.000 Euro erhöht wurden, obwohl das Theater mit einem Gewinn von knapp 160.000 Euro rechnete. Ziele seien in den Bescheiden nicht definiert worden, so die Prüfer, ebenso wenig fehlende Angaben in den Nachweisen angefordert worden. Bewilligt wurden entgegen den geltenden Voraussetzungen auch 38.000 Euro aus dem Bremen-Fonds, die nach der Rüge des Rechnungshofes nun zurückgefordert werden sollen.
Auch die Wirtschaftspläne des Theaters am Goetheplatz, an dem sich die öffentliche Förderung orientiert, enthielt zuletzt Mängel, die die Behörde hinnahm. Ergebnis: Das Vier-Sparten-Haus erhielt in den vergangenen beiden Spielzeiten laut dem Bericht "Zuwendungen, die seinen Bedarf erheblich überstiegen": insgesamt mehr als 10 Millionen Euro, was rund einem Drittel des Gesamtförderbetrages für die Saison 2019/20 entspricht.
Wissenschaftsinstitut verfehlt Vorgaben
Das Bremer Institut für angewandte Strahltechnik (Bias) sollte aus Sicht des Rechnungshofs aus der öffentlichen Förderung (institutionell etwa 10,5 Millionen Euro zwischen 2017 und 2020) genommen werden. Die Grundlagenforscher sollen laut Auftrag eigentlich für die Hälfte der anwendungsbezogenen Projekte private Gelder einwerben, das gelingt offenbar kaum noch: 2018 lag dieser Anteil bei 30 Prozent, 2020 bei fünf Prozent.
Mangelnder Überblick im Wirtschaftsressort
Die zuständigen Stellen im Wirtschaftsressort durchschauen den Immobilienbestand der Wirtschaftsförderung Bremen (WFB) nicht: Auch das ist einer der Kritikpunkte im Bericht. Ein Überblick über die Bewirtschaftungskosten einzelner Liegenschaften fehle ebenso wie Kenntnisse über vorhandene stille Reserven – und somit eine "hinreichend transparente und belastbare Grundlage" für die Bemessung der WFB-Zuwendungen.
Als Gründe dafür, dass die Verwaltungen aller Ressorts bei der Mittelvergabe in vielen Fällen nicht so genau hinsehen, kommen für Sokol mehrere Möglichkeiten infrage. Zum Teil könne es an Überlastung der zuständigen Mitarbeiter liegen, sagte sie, zum Teil an deren im Vergleich zu früheren Jahren schlechteren Ausbildung, also mangelnden Fachkenntnissen. "Zum Teil ist es sicher auch Sorglosigkeit oder Gleichgültigkeit oder die Tatsache, dass man sich in Bremen kennt und schon lange zusammenarbeitet."
Steigende Personalausgaben
Was dem Landesrechnungshof ebenfalls Sorge bereitet, ist die wachsende Verwaltung. Im Jahr 2020 betrugen die Personalausgaben der öffentlichen Hand rund 2,19 Milliarden Euro, rund 5,7 Prozent mehr als 2019. Insgesamt sind seit 2010 knapp 2600 Vollzeiteinheiten hinzugekommen, ein Plus von knapp zwölf Prozent, sodass es im Jahr 2020 rund insgesamt 24.300 Vollzeiteinheiten gab.