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Bundestagswahl 2025 Bremer Wahlpartys: CDU jubelt verhalten, Frust bei der SPD

Die ersten Hochrechnungen der Bundestagswahl bringen gemischte Gefühle bei den Bremer Parteien hervor. CDU und Linke jubeln, SPD und FDP sind enttäuscht.
23.02.2025, 21:23 Uhr
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Von Ralf Michel Frank Hethey Timo Thalmann Jürgen Theiner Sabine Doll Karolina Benedyk Lisa Duncan

Verhaltener Jubel bei CDU, große Enttäuschung bei der SPD, Feierstimmung bei den Linken: Nach den ersten Hochrechnungen war die Stimmung bei den Wahlpartys der Parteien in Bremen sehr unterschiedlich. Nicht überall waren die Spitzenkandidaten der Parteien zufrieden mit den Ergebnissen. Für die FDP blieb die Wahl eine Zitterpartie. Die AfD kann auch in Bremen zulegen.

SPD

Als die erste Prognose um kurz nach 18 Uhr über die Bildschirme in der Ständigen Vertretung (Stäv) in der Böttcherstraße flimmerte, blieben die Bremer Sozialdemokraten ruhig. Das 16-Prozent-Ergebnis war längst in die Erwartungen eingespeist. Aufstöhnen bei fünf Prozent für die FDP. Später wurde immer dann geklatscht, wenn für die Liberalen eine Vier vor dem Komma stand. Dass tatsächlich jeder fünfte Wähler die AfD gewählt hatte, sorgte hingegen für Kopfschütteln.

Unklar blieb am Abend, wie die SPD vor Ort abgeschnitten hat. Den ersten Sozialdemokraten dämmerte aber, dass es mit dem neuen Wahlrecht kaum für beide Bremer Mandate reicht - selbst, wenn sie per Erststimme gewonnen würden. „Mit diesem Ergebnis werden wir es zumindest schwer haben“, sagte SPD-Landeschef Falk Wagner bei der Wahlparty. Da gab sich die Bremer Direktkandidatin Ulrike Hiller aber noch unverdrossen optimistisch. „Es wird wohl ein langer Abend.“ Den wollte Uwe Schmidt, bislang SPD-Abgeordneter aus Bremerhaven, nicht abwarten. „Bis das feststeht, sollte ich im Bett sein.“ Ihn plagte eine Erkältung. Immerhin lag die SPD nach über 50 Prozent der ausgezählten Bremer Stimmen bei Erst- und Zweitstimmen vorn. Die bis dahin noch in der Stäv verbliebenen Genossen freute es. An irgendwas musste man sich ja aufbauen.

CDU

Erst einmal ging ein Raunen durch den Saal der Union-Brauerei in Walle, als die erste Prognose auf dem Bildschirm auftauchte. Knapp unter 30 Prozent – dieses Ergebnis löste bei den 180 Gästen bei der CDU-Wahlparty keinen Jubelsturm aus. Landeschef Heiko Strohmann erklärte die verhaltene Reaktion mit einer temporären Verwirrung, weil die Zahlen von CDU und CSU zunächst getrennt wiedergegeben wurden.

Dennoch: Spitzenkandidat Thomas Röwekamp freute sich über einen klaren Auftrag zur Regierungsbildung. Seine Wunschkonstellation: ein Zweierbündnis, was nach Lage der Dinge nur mit der SPD möglich wäre. Dabei müsse aber auch klar sein, wer Koch und wer Kellner sei: „Bei einer starken CDU, die fast doppelt so groß ist wie die Sozialdemokraten.“

Grüne

Volles Haus bei den Grünen im Wahllokal „Schaulust“ am Güterbahnhof, aber eher gedämpfte Stimmung. Dass auch die Grünen angesichts des zuletzt desaströsen Bildes der Ampelkoalition wohl Federn lassen müssten, lag auf der Hand. „Wenn es nicht mehr als ein Prozent weniger als beim letzten Mal wird, wäre es noch in Ordnung“, ist kurz vor Bekanntgabe der ersten Zahlen aus Reihen der Parteispitze zu hören. Doch als dann genau das eintrifft, ist es doch recht still im Saal.

Von einem „sehr stabilen und sehr soliden Ergebnis“ spricht anschließend deren Bremer Spitzenkandidatin, Kirsten Kappert-Gonther. Damit könne man gut arbeiten zugunsten von mehr Klimagerechtigkeit und sozialer Gerechtigkeit.

Linke

Großer Jubel bei den Bremer Linken, die in die Pusdorf-Studios zur Wahlparty eingeladen hatten: Als um 18 Uhr die Prognose erschien, rissen die Gäste die Arme hoch und feierten. "Das ist so krass, solch einen Wahlkampf habe ich noch nicht erlebt. Ich möchte sagen, wo wir herkommen: Wir waren schon fast totgesagt, umso berührender ist das", sagte Landessprecherin Anna Fischer nach den ersten Hochrechnungen. Explizit dankte sie auch den Neumitgliedern in der Partei.

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In Bremen haben die Linken in diesem Jahr einen Zuwachs von etwa 600 Eintritten verzeichnet. Bundesweit gebe es diese Eintrittswelle. "Wir sind voller Freude darüber, dass wir wieder zurück sind", betonte Doris Achelwilm, Spitzenkandidatin der Linken für den Bundestag. "Wir haben auf die richtigen Themen gesetzt. Jetzt schauen wir, wie es weitergeht. Ich bin sehr froh, dass wir als Linke so gestärkt aus dem Wahlkampf hervorgehen." Gerade vor dem Hintergrund eines "massiven Rechtsrucks" sei dieses Ergebnis ein hoffnungsfrohes Zeichen, bekräftigte Claudia Bernhard, Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz.

AfD

Bei der Bremer AfD war die Stimmung laut dem Landesvorsitzenden Sergej Minich nach der ersten Hochrechnung zur Bundestagswahl durchwachsen. "Wir haben eigentlich mit mehr gerechnet", so Minich. Der Wählerwille zeige in Richtung einer konservativen Regierung. Die AfD habe mit Themen wie Migration und ihrer Haltung zu Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine punkten können.

Zur Abwahl der Ampelregierung sagt Minich: "Das waren drei vergeudete Jahre. Wer nur streitet und nicht abliefert, wird abgestraft."

FDP

Zwischen Frust und Hoffnung schwelgten die Mitglieder nach der ersten Hochrechnung bei der FDP-Wahlparty. 60 Menschen hatten sich im Grünenwalds Grillinstitut am Neustadtgüterbahnhof versammelt. Bangend blickten die Versammelten immer wieder zum Bildschirm - 4,9 Prozent. Verhalten klatschten einzelne FDP-Mitglieder, bei späteren Hochrechnungen von fünf Prozent brandete dann doch Jubel auf. Aber schnell war klar: Es würde eine lange Zitterpartie werden, ob den Liberalen der Einzug in den Bundestag gelingen würde.

Vom Freudentaumel der vergangenen Wahl war die Stimmung dennoch weit entfernt. Die drei Jahre hätten die Partei ausgelaugt, sagte der Bremer Landesvorsitzende Thore Schäck. Wie es zu dem schlechten Abschneiden kam, habe sich der Bundestagsabgeordnete Volker Redder nicht erklären können. „Vielleicht haben wir nicht gut genug erklärt, was wir wollen?“, fragt er. Seine eigenen Chancen auf den Wiedereinzug lagen ihm zufolge bei „gleich Null“.

Sozialdemokrat Uwe Schmidt verteidigt Direktmandat in Bremen II

Der Sozialdemokrat Uwe Schmidt wird den Wahlkreis Bremen II auch in den kommenden vier Jahren im Bundestag vertreten. Das schien nach dem Zwischenstand der Auszählung kurz vor 21 Uhr gesichert. Wie in vielen anderen deutschen Wahlkreisen mit starkem sozialen Gefälle verzeichnete die AfD auch in Bremen II (Bremerhaven, Bremen-Nord und Bremer Westen) ein starkes Ergebnis. Sie hat wohl die CDU als zweitstärkste Kraft abgelöst oder liegt mit ihr zumindest gleichauf.

SPD: Dass er den Wahlkreis voraussichtlich verteidigt hat, kann Uwe Schmidt nicht wirklich trösten. "Wenn eine altehrwürdige Partei wie die SPD eine solch herbe Niederlage erleidet, dann hat man keinen Grund zu jubeln, auch wenn man bei den Erststimmen vorne liegt", sagt der 59-Jährige, der dem Bundestag seit 2017 angehört. Für Schmidt steht fest, dass sich die SPD in der nächsten Zeit sehr ernsthaft mit den Gründen für das Wahldebakel im Bund auseinandersetzen muss. "Mir sind in den vergangenen Wochen viele Leute begegnet, die mir sagten: Schmiddi, dich wählen wir noch, aber deine komische Partei nicht mehr", so Schmidt. Das seien häufig einfache Arbeitnehmer gewesen, die früher die eigentliche Stütze der SPD waren.

CDU: Direktkandidatin Sandra Schmull führt das schwache Ergebnis für die CDU und sie selbst auf die allgemein spürbare Unzufriedenheit zurück. Dass weder sie selbst noch die Christdemokraten im Allgemeinen profitieren konnten, habe auch lokale Gründe – in Bremerhaven trägt die CDU den Magistrat mit und wird deshalb nach Schmulls Wahrnehmung von Protestwählern gewissermaßen als Systempartei wahrgenommen. Aus Schmulls Sicht ist es nun wichtig, dass die CDU bald eine Bundesregierung anführt, die vieles zum Besseren wendet.

Grüne: Mit gut 10 Prozent Erststimmenanteil fiel Direktkandidat Michael Labetzke ein gutes Stück hinter das Erststimmenergebnis der Grünen von 2021 zurück. Labetzke leitet aus dem Resultat die Notwendigkeit ab, dass die Landespolitik Bremerhaven noch stärker in den Blick nimmt und dort mehr tut, um Menschen, die sich abgehängt fühlen, eine positive Perspektive aufzuzeigen. "Wir sehen jetzt wieder, dass die Populisten in sozial schwachen Quartieren sehr viele Stimmen abgreifen", sagt der Bürgerschaftsabgeordnete. Damit dürfe man sich nicht abfinden.

FDP: 2,6 Prozent Erststimmenanteil: ein ernüchterndes Ergebnis für die junge Liberale Tiara Behrmann. Die 28-jährige Finanzwirtin, die in Bremen im öffentlichen Dienst tätig ist, hatte sich voll reingehängt und sich für den Wahlkampf von der Arbeit freistellen lassen. "Wir wurden hier vom Bundesschnitt mit runtergezogen", bedauert Behrmann. Trotzdem habe es ihr Freude gemacht, sich in die politische Auseinandersetzung einzubringen.

AfD: Ein rundum gelungener Abend war es für den Direktkandidaten der AfD, Arno Staschewski. Der 67-Jährige lebt noch nicht lange in Bremerhaven, konnte hier aber aus dem Stand rund 20 Prozent einfahren. "Ich habe im Wahlkampf gespürt: Die Leute wollen einen Wechsel", gibt der Diplom-Kaufmann seine Eindrücke wieder.

Linke: Auch für Die Linke ist es in Bremen II richtig gut gelaufen, sie konnten die Grünen hinter sich lassen. Direktkandidat Dariush Hassanpour führt nicht zuletzt auf einen engagierten Haustürwahlkampf zurück. "Wir waren offenbar nahe an den Themen, die den Menschen auf den Nägeln brennen", ist Hassanpour überzeugt.

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