Jumana Mattukat hat sich um das höchste Amt im Staat beworben und möchte damit einen Impuls senden. Um Bundespräsidentin zu werden, müsste sie zunächst von der Bundesversammlung als Kandidatin vorgeschlagen werden.
Nur noch kurz die Welt retten, sie ein bisschen verschönern. Die Bremerin Jumana Mattukat wünscht sich manchmal sehr stark, die Welt so schnell wie möglich zu einem besseren Ort zu machen. So sehr, dass sie gelegentlich am liebsten Bundespräsidentin wäre. In solch einem Moment entschied sich die 43-jährige Bremerin, eine Bewerbung für das Präsidentenamt zu schreiben.
Die Kuriosität, die dieser vermeintlich schräge Wunsch auf andere Menschen haben könnte, ist ihr bewusst. Dennoch hat sie sehr ausführlich an die Mitglieder der Bundesversammlung geschrieben. In ihren Zeilen bittet die Mutter um die Offenheit, den Brief bis zum Ende zu lesen. Sie sieht die Bewerbung aber vielmehr als eine Vision, die Aktion als eine kreative Idee, um Veränderungen anzustoßen.
„Wenn ich es wage, mich um das Amt der Bundespräsidentin zu bewerben, dann macht es vielleicht auch anderen Menschen Mut, bis dahin Unerreichbares zu versuchen“, erklärt Mattukat. Sie schlägt vor, dass sich jeder mal um einen Beruf bemühen und bewerben sollte, der ihm eigentlich eine Nummer zu groß erscheint. Ein Job, von dem man selbst nur im Geheimen träumt.
Anstoß zur Bewerbung gab ein Facebook-Post
Natürlich hat sie sich auch die Frage gestellt, ob tatsächlich jeder Bundespräsident werden kann. Die Antwort: Ja, wenn die Person bestimmte Kriterien erfüllt. „Theoretisch ist jeder beziehungsweise jede Deutsche wählbar, sofern er oder sie das 40. Lebensjahr vollendet hat. Vorschläge für Kandidaten können von jedem Mitglied der Bundesversammlung unterbreitet werden“, heißt es auf der Seite des Bundestages und im Grundgesetz. Für das Amt wird demnach offensichtlich eine gewisse Lebenserfahrung und Reife des Kandidaten vorausgesetzt.
Um Bundespräsidentin zu werden, müsste Jumana Mattukat also von mindestens einem Mitglied der Bundesversammlung als Kandidatin vorgeschlagen werden. Die Bundesversammlung besteht aus allen Bundestagsabgeordneten und der gleichen Anzahl von Mitgliedern, die von den Volksvertretungen der Länder gewählt werden. Die 16 deutschen Landtage stellen also die Hälfte der 1260 Mitglieder der Bundesversammlung.
Auf die Idee kam die zweifache Mutter, als ein Freund in dem sozialen Netzwerk Facebook seinen Unmut über den vorgeschlagenen Kandidaten Frank-Walter Steinmeier äußerte. Sie schrieb dazu, dass sie es ja machen könne. Denn sie hatte den Gedanken bereits zuvor einmal zugelassen, hatte ihn dann aber zum ersten Mal öffentlich geäußert.
„Ich habe in meiner Bewerbung die Vision einer Gesellschaft entwickelt, in der ich gerne leben möchte“, sagt Mattukat. Eine ähnliche Vision habe sie beispielsweise auch für den Anfang ihrer veganen Vorträge kreiert, wenn sie mit ihrem Buch „Mami, ist das vegan?“ unterwegs ist.
"Das Unmögliche ist in Gedanken möglich"
Die Vorstellung, dass sie Bundespräsidentin wäre, beflügelt sie und auch andere Menschen, die davon lesen. Ihr sei bereits zugetragen worden, dass Bekannte nun eine regelmäßige Demonstration organisieren wollen. Auch bei Anderen hätte es etwas bewirkt. „Um diese Anfangsenergie geht es mir. Um das Denken in Möglichkeiten. Um den Impuls, den ich damit setze. Um das Aufwecken“, erklärt Mattukat. Sie sei fest davon überzeugt, dass die Menschen aber nicht erst Bundespräsident werden müssen, um die Welt zu verändern oder etwas zu bewirken.
Die Umweltschützerin will den Impuls senden, sich das Unmögliche in Gedanken möglich zu machen. „Ich versuche immer, in Möglichkeiten zu denken“, sagt Mattukat. Jeder könne in seinem Leben Zeichen setzen, etwas verändern und vor allem mit Kleinigkeiten etwas tun. So könne man beispielsweise mit dem Ändern des Kaufverhaltens etwas gegen Massentierhaltung tun. Das Zeigen von Zivilcourage, mit gutem Beispiel vorangehen oder mit kleinen Dingen wie Ehrlichkeit und Freundlichkeit könne man viel bewirken. Wenn Menschen etwas Gutes bewirken, ihr eigenes Licht erstrahlen lassen, dann sende dies einen Impuls an andere. Man gebe damit unbewusst anderen Menschen die Erlaubnis, dasselbe zu tun.
Für ihre Bewerbung hat die Bremerin mit libanesischen Wurzeln väterlicherseits mehrere Stunden gebraucht. Dann hat sie ihren Mann das Schreiben lesen und es einen Tag liegen lassen, bevor sie es überarbeitete. „Ich habe mir überlegt, für welche Werte ich stehe, welche meiner Werte für das Amt passen und was mich dazu befähigen würde“, sagt Mattukat.
Vegane Ernährung ist ihr ein Anliegen
Ihr gehe es um den Prozess und was er vielleicht für andere Menschen bewirke. „Ich kann es versuchen, auch wenn ich nicht weiß, wie es ausgeht.“ Jeder könnte sich jeden Tag fragen, wie er die Welt stückweise besser machen könne. Und zwar nicht für sich selbst, sondern für alle, für die Gemeinschaft, die Umwelt und die Gesellschaft. „Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt“, zitiert Mattukat Mahatma Gandhi.
Aufrichtigkeit ist einer der ersten Punkte, die sie in ihrer Bewerbung beschreibt und die sie aus ihrer Sicht theoretisch für das Präsidentenamt befähigen. „Ich bemühe mich seit etwa vier Jahren ganz bewusst um ständige Aufrichtigkeit“, sagt Mattukat. Sie habe es sich zur Aufgabe gemacht, jede noch so kleine Notlüge zu vermeiden, auch wenn sie ein sehr harmoniebedürftiger Mensch sei und es ihr nicht immer leicht falle, da Wahrheit auch Konflikte verursachen könne.
Weitere Punkte in ihrem Schreiben sind die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, ein neues Schulsystem, an dem Schüler, Lehrer und Eltern gleichermaßen Freude haben und von dem die gesamte Gesellschaft profitieren würde. Auch die vegane Ernährung ist ihr ein Anliegen. Besonders wichtig ist ihr: Gemeinsamkeiten zu erkennen und Unterschiede zu überwinden. Sie bemühe sich immer darum, Andersdenkenden eine Hand zu reichen, weil sie einen Unterschied zwischen Menschen und ihrem Verhalten mache.