Schulterschluss zwischen Rot-Grün-Rot und CDU – das gibt es in der Bürgerschaft nicht alle Tage. Am Mittwoch bestand diese Allianz kurzzeitig. Gemeinsam wehrten sich die Koalition und die größte Oppositionsfraktion gegen den Vorwurf, sich einem "Schuldenrausch" hinzugeben. Erhoben wurde er von der FDP. Die Liberalen hatten eine Aktuelle Stunde zum Sondervermögen beantragt, auf das sich Regierung und CDU vor wenigen Tagen verständigt hatten. Aus diesem kreditfinanzierten Topf sollen in den nächsten Jahren Projekte zur klimagerechten Transformation der Bremer Wirtschaft finanziert werden, vor allem die Umrüstung der Stahlwerke. In der Debatte ging es hoch her. FDP-Fraktionschef Thore Schäck teilte ordentlich aus, wurde aber auch hart angegangen.
Thore Schäck (FDP):
Für den Liberalen ist das geplante Sondervermögen nichts weiter als eine Fortsetzung der jahrzehntealten Verschuldungspolitik des Senats, nur jetzt mit Unterstützung der CDU. Auf die schoss sich Schäck in der Aussprache auch besonders ein. Die Christdemokraten hätten sich vom Senat mit kleinen Zugeständnissen kaufen lassen, warf Schäck ihnen vor. Noch vor wenigen Monaten hätten die Christdemokraten dem Bürgermeister Schuldenmacherei vorgeworfen. Jetzt leisteten sie selbst tatkräftige Beihilfe, indem sie gemeinsam mit Rot-Grün-Rot eine weitere halbe Milliarde auf den Schuldenhaufen draufpackten.
Mustafa Güngör (SPD):
Der Vorsitzende der SPD-Fraktion warf Schäck "Fundamentalopposition" vor. Und Unredlichkeit obendrein, denn es sei doch Schäcks Parteifreund und Bundesfinanzminister Christian Lindner gewesen, der ebenfalls Gelder für die Förderung "grüner" Stahlproduktion an verschiedenen deutschen Standorten freigegeben habe. Die FDP sei wie ein Tennisball, konstruierte Güngör einen Vergleich – außen gelb, inhaltlich aber hohl. Und wie der Tennisball lande sie regelmäßig durch schlechte thematische Aufschläge im Aus.
Henrike Müller (Grüne):
Der Klimawandel verlangt aus Sicht der Grünen-Fraktionschefin "weitreichende Entscheidungen" auch in der Finanzpolitik. Das jetzt vereinbarte Sondervermögen sei vor diesem Hintergrund ein sinnvolles Instrument, es sorge für Verlässlichkeit bei Investitionsentscheidungen des privaten Stahlwerke-Eigentümers Arcelor-Mittal. Damit sei die Arbeit allerdings noch nicht getan. Die staatliche Seite müsse auch Planungs- und Genehmigungsverfahren straffen sowie für Fachkräftenachwuchs sorgen.
Piet Leidreiter (Bündnis Deutschland):
Der BD-Wirtschaftspolitiker teilte die FDP-Kritik an der CDU und deren Bereitschaft, das Sondervermögen mitzutragen. Leidreiter sprach sich gegen Subventionen für den Arcelor-Mittal-Konzern aus. Es gebe auch keinen Grund, überhaupt neue Schulden aufzunehmen. Das finanzpolitische Problem des Senats seien nicht zu niedrige Einnahmen – die seien aktuell so hoch wie nie zuvor – sondern die überbordenden Ausgaben.
Klaus-Rainer Rupp (Linke):
Wer sich gegen die Hilfen für Arcelor ausspricht, will das Stahlwerk nicht: So wertete Linken-Finanzpolitiker Klaus-Rainer Rupp die Haltung der FDP. Er verwies darauf, dass die geplanten Millionenhilfen dem Stahlkonzern nicht einfach als Subvention zuflössen, sondern zweckgebunden für die klimagerechte Umrüstung der Produktion vergeben würden.
Jens Eckhoff (CDU):
Der CDU-Haushälter warf den Liberalen einen Bruch mit ihrem früheren standortpolitischen Kurs vor. In den Neunzigerjahren habe der damalige Wirtschaftssenator Claus Jäger die Stahlwerke unterstützt und beispielsweise den Aufbau einer Verzinkungsanlage mit vorangetrieben. Die heutige FDP sei am Erhalt der industriellen Kerne Bremens offenbar nicht mehr interessiert.
Andreas Bovenschulte (SPD):
Der Bürgermeister dankte der CDU, in den Gesprächen über das Sondervermögen "staatspolitische Verantwortung" bewiesen zu haben. Auch wenn von Arcelor noch keine Zusage für die Umrüstung der Produktionsanlagen auf "grünen" Stahl vorliege, so schaffe die Bereitstellung der öffentlichen Fördermittel doch "Planungssicherheit" für den gesamten weiteren Prozess.