Rund ein Drittel der vom Jobcenter geförderten Arbeitsgelegenheiten (AGH) für Bürgergeldempfänger in der Stadt Bremen soll bis zum Sommer 2025 abgebaut werden. Diese Auskunft hat der Verbund arbeitsmarktpolitischer Dienstleister in Bremen (VaDiB) von der Behörde erhalten. Von bisher 775 AGH – früher auch Ein-Euro-Jobs genannt – bleiben demnach nur noch 502 erhalten. Manche laufenden Projekte werden komplett gestrichen, andere im Umfang verringert. VaDiB-Vorstand Peter Härtl spricht von einem "gravierenden Einschnitt für die Betroffenen, aber auch für die Stadtteile, in denen ein Teil der sozialen Infrastruktur wegbricht".
Auslöser des drastischen Abbaus ist die Kürzung beim sogenannten Eingliederungstitel. Für Projekte aktiver Arbeitsmarktpolitik erhält die Agentur für Arbeit Mittel aus dem Bundeshaushalt zugewiesen, mit denen sie unter anderem berufliche Weiterbildung, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und Qualifizierungen verschiedenster Art fördert. Diese Mittel sind im Entwurf für den Bundeshaushalt 2025 deutlich zurückgefahren worden. Der Etat ist noch nicht beschlossen. Auf der Grundlage des vorläufigen Finanzrahmens hat das Bremer Jobcenter aber weniger Geld für die AGH eingeplant, die von den im VaDiB organisierten Trägern in den Stadtteilen angeboten werden.
Die Streichliste umfasst nun gut 270 Arbeitsgelegenheiten. Als Beispiel nennt Peter Härtl das Projekt "Sprungbrett" des Trägers Therapiehilfe Bremen in Walle. Die rund 30 Bürgergeldbezieher, die dort tätig sind, betreiben ein Möbellager und helfen bei Umzügen. Zumeist handelt es sich um Menschen mit psychischen Erkrankungen und Drogenproblemen. Ziel des Projektes, das zum April 2025 eingestellt werden soll, ist es, die Teilnehmer wieder in produktive Prozesse einzubinden und sie so an die Arbeitswelt heranzuführen. Betroffen sind auch die "Arbis"-Werkstätten des Sozialwerks der Freien Christengemeinde. Im Bereich Holzwerkstatt / Bäckerei gehen dort nach VaDiB-Angaben etwa 33 Plätze verloren. Zu den Institutionen, die sich auf Streichungen einstellen müssen, gehören darüber hinaus der Kulturladen Huchting und das Mütterzentrum Osterholz.
"Gegenteil des Koalitionsvertrags"
Härtl hat noch einen gewissen "Restoptimismus", dass sich die ein oder andere gefährdete Stelle retten lässt, auch weil in den nächsten Wochen die Stadtteilbeiräte gegen den Kahlschlag bei den AGH mobil machen werden. Der größte Teil der Verluste werden sich indes kaum noch abwenden lassen. Nicht gut zu sprechen ist der Verbandsfunktionär, der zwischen 2012 und 2015 als Staatsrat in der Gesundheitsbehörde tätig war, auf seinen früheren Arbeitgeber.
"Die Stadt Bremen hatte ihre Bereitschaft erklärt, sich am Erhalt der Strukturen beteiligen zu wollen. Letztlich ist da aber nichts gekommen", fasst der 73-Jährige seine Enttäuschung in Worte. Was nun auf die betroffenen Stadtteile zukomme, sei das Gegenteil dessen, was das rot-grün-rote Regierungsbündnis im Koalitionsvertrag vom Sommer vergangenen Jahres als Ziel formuliert habe. In der Tat hatten SPD, Grüne und Linke seinerzeit vereinbart, quartiersbezogene Beschäftigungsprogramme unter anderem für Langzeitarbeitslose weiter auszubauen.
Der Sprecher der Sozialbehörde, Bernd Schneider, will die Kritik an seinem Haus so nicht stehen lassen. Die Möglichkeiten der Stadt, soziale Beschäftigung bei den AGH-Trägern zu fördern, seien "begrenzt, um nicht zu sagen: nicht vorhanden", so Schneider. Ganz will er die gefährdeten Stellen zwar noch nicht abschreiben. Es werde weiterhin versucht, alternative Finanzierungen zu finden. Im städtischen Sozialhaushalt seien dafür allerdings keine Mittel vorhanden.
Vom Jobcenter war am Mittwochnachmittag keine Stellungnahme mehr zu erhalten, ebenso wenig von betroffenen Maßnahmenträgern wie dem Therapiezentrum und dem Kulturladen Huchting. VaDiB-Vorstand Härtl macht darauf aufmerksam, dass die Kürzungen auch an den Trägern nicht spurlos vorbeigehen. Gerade bei kleineren Organisationen stünden auch Arbeitsplätze von Betreuungspersonal auf dem Spiel. Dem VaDiB sind aktuell über 40 Organisationen angeschlossen, die Beschäftigung, Weiterbildung und Beratung anbieten. Zu den größten zählen die Bras und die Wirtschafts- und Sozialakademie der Arbeitnehmerkammer (Wisoak).
Im Frühjahr gab es schon einmal Aufregung um möglichen Kürzungen bei den Arbeitsgelegenheiten für Langzeitarbeitslose. Seinerzeit waren finanzielle Fehlplanungen des Jobcenters beim Eingliederungstitel der Grund. Kurzfristig standen dadurch zahlreiche AGH auf dem Spiel. Doch durch einen Vorgriff auf Mittel aus dem Budget für 2025 ließ sich dieses Szenario noch abwenden.