Gedrückte Stimmung gab es bei den Grünen, die zur Wahlparty in den Schlachthof eingeladen hatten: Landessprecherin Alexandra Werwath hatte bei ihrer Rede nach der ersten Prognose Tränen in den Augen. "Es fällt mir schwer, heute Abend hier zu sprechen, weil wir uns ein ganz, ganz anderes Ergebnis gewünscht hätten", bekannte sie offen. "Dieser Abend wird auch traurig für einige, die es nicht wieder ins Parlament geschafft haben." Sie hätte die Grünen aber selten so stark kämpfen sehen. Die Hochrechnungen des Landeswahlleiters am Sonntagabend sahen die Grünen um die zwölf Prozent.
Nach der Prognose sah man betrübte Mienen, grüne Bürgerschaftsabgeordnete klopften einander auf die Schultern und versuchten, sich gegenseitig Trost zuzusprechen. Bei einem Wert von 12,5 Prozent, der in der ersten Prognose genannt wurde, könnten die Grünen zwölf Sitze im Parlament erringen, von denen etwa zwei an Bremerhavener Kandidaten gehen dürften, bei 11,3 Prozent noch weniger. Damit ist es für mehrere Grünen-Abgeordnete im Parlament wie zum Beispiel für Sahhanim Görgü-Philipp, Solveig Eschen und Christopher Hupe derzeit unsicher, ob sie erneut ein Mandat erhalten. Dies dürfte für sie höchstens durch zahlreiche Personenstimmen zu schaffen sein.
Viel Kritik entzündete sich zuletzt an der grünen Spitzenkandidatin und Verkehrssenatorin Maike Schaefer, die mit ihrer Politik in Umfragen wenig Zustimmung bei vielen Bremerinnen und Bremern erhielt. Schaefer stellte nach der Prognose klar: "Wir müssen nicht schönreden, dass die 13 Prozent für uns ein enttäuschendes Ergebnis sind." Sie benannte verschiedene Ursachen für das schlechte Abschneiden ihrer Partei: das Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Andreas Bovenschulte und Frank Imhoff habe den Grünen geschadet. "Es ist für die kleineren Parteien immer schwer, wenn es so ein Windhund-Rennen gibt." Zudem habe Rückenwind aus Berlin gefehlt. "Es ist uns auch nicht gelungen, unsere Erfolge so zu vermitteln, wie wir es uns gewünscht hätten", so Schaefer. Ob die Spitzenkandidatin auch selbst Konsequenzen aus den Werten der Grünen ziehen und zurücktreten wird, war bei Redaktionsschluss offen. Die Bürgerschaftsabgeordnete Solveig Eschen sagte mit Blick auf ihre Partei: "Für mich ist ganz klar, dass wir auch eine Erneuerung mit frischem Personal brauchen."
Grüne streben Neuauflage der Koalition an
"Wir konnten mit vielen Themen nicht richtig durchdringen", sagte Landessprecher Florian Pfeffer. Er hält aber trotzdem eine Neuauflage der rot-grün-roten Koalition für erstrebenswert. Nicht nur er, auch andere Grüne zeigten sich offen für eine Fortsetzung der Koalition, selbst wenn sie als Koalitionspartner deutlich geschwächt wären. Eine Neuorientierung in der Opposition befürwortet an diesem Abend bei den Grünen niemand.
Klar sei, dass der Ball nun bei der SPD liege, um zu sondieren, mit wem sie eine Regierung bilden wolle, sagt Grünen-Fraktionschef Björn Fecker. Bei der letzten Wahl vor vier Jahren hatten die Grünen zu Koalitionsgesprächen eingeladen – jetzt ist die Lage anders. Fecker: "Das Ergebnis allein auf den Bund zu schieben, fände ich falsch, es spielten auch viele landespolitische Themen eine Rolle." Ähnlich sah das der Abgeordnete Ralph Saxe: "Ich zeige nicht auf den Bund, wir müssen uns als Grüne insgesamt anders aufstellen – wir haben unser Potenzial nicht annähernd ausgeschöpft."