Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Symbolische Beschlagnahmung geplant Flüchtlingshelfer stellen Ultimatum

In einem offenen Brief stellt das Bremer Aktionsbündnis „Refugees welcome“ dem rot-grünen Senat ein Ultimatum: Wenn am 5. Dezember noch Flüchtlinge in Zelten wohnen, sollen Gebäude besetzt werden.
21.11.2015, 16:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Flüchtlingshelfer stellen Ultimatum
Von Sabine Doll

In einem offenen Brief stellt das Bremer Aktionsbündnis „Refugees welcome“ dem rot-grünen Senat und explizit Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) ein Ultimatum: Danach sollen leer stehende wohntaugliche Gebäude und Wohnungen in Bremen für die Unterbringung von Flüchtlingen sichergestellt werden.

„Wenn am 5. Dezember 2015 noch Menschen in Zelten und Turnhallen wohnen, werden wir in einem Rundgang eine öffentliche Beschlagnahmung von Gebäuden durchführen, die noch diesen Winter als Wohnraum genutzt werden können“, heißt es in dem Brief. Eine Unterbringung in Zelten sei menschenunwürdig, wenn es gleichzeitig genug Leerstand gebe, kritisiert das Bündnis. Ihm gehören mehrere Bremer Flüchtlings- und Antirassismus-Initiativen an. „Wir fordern die Stadt auf, endlich von dem neuen Polizeigesetz Gebrauch zu machen“, sagte eine Sprecherin des Aktionsbündnisses, die ihren Namen nicht nennen will. Es gebe Hunderte Wohnungen und größere Immobilien, die in Bremen leer stünden.

Berechtigt - Kommentar zum Thema

Mitte Oktober hatte die Bürgerschaft eine Änderung des Polizeigesetzes verabschiedet, mit der private Grundstücke oder Gebäude ab einer Fläche von 300 Quadratmetern vorübergehend gegen den Willen der Eigentümer zur Unterbringung von Flüchtlingen sichergestellt werden können. Dafür soll es Entschädigungen geben. „Refugees welcome“ fordert, dass privater Wohnraum unabhängig von der Größe sichergestellt wird. Die Evakuierung der Flüchtlingszelte in dieser Woche habe deutlich gezeigt, dass Zelte keine langfristige Lösung im Winter seien, so die Sprecherin.

„Ein Aktionsbündnis kann uns kein Ultimatum stellen.“

„Ein Aktionsbündnis kann uns kein Ultimatum stellen“, betonte Sozialsenatorin Stahmann. „Wir haben doch selber ein Interesse daran, Flüchtlinge vernünftig unterzubringen.“ Nach Angaben der Sozialbehörde leben in Bremen derzeit rund 1400 Menschen in Zelten, 20 Turnhallen im Stadtgebiet sind mit 900 Flüchtlingen belegt oder vor der Belegung.

Das geänderte Polizeigesetz sei bei Gebäuden und Grundstücken in Privatbesitz nicht angewendet worden, weil es hierfür bisher keine geeignete leer stehende Immobilie gegeben habe. „Wir schrecken nicht davor zurück, das Gesetz anzuwenden, dafür ist es da. Jede Immobilie und jede Freifläche, die sich ergibt, wird für die Unterbringung von Flüchtlingen geprüft“, sagte Behördensprecher Bernd Schneider. Der offene Brief lese sich so, „als hätten wir viele Möglichkeiten und würden von denen immer die schlechteste wählen“. Die Senatsressorts seien zudem aufgefordert worden, Listen mit freien Gebäuden in städtischem Besitz zu melden. Diese Immobilien hat das Bündnis „Refugees welcome“ ebenfalls auf dem Plan für seinen Rundgang Anfang Dezember. „Es gibt eine ganze Reihe von leer stehenden Gebäuden und Wohnungen, die der Stadt gehören, die aber nicht als Flüchtlingsunterkünfte genutzt werden“, sagte die Sprecherin des Bündnisses.

90 leer stehende städtische Immobilien

Dem WESER-KURIER liegt eine Liste der städtischen Immobilien Bremen (IB) vor, die den Gebäudeleerstand für das erste Halbjahr 2015 aufzählt. Sie ist am 9. Oktober als nicht-öffentliche Vorlage in einer Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses vorgelegt worden. Die Liste umfasst mehr als 90 leer stehende städtische Immobilien, darunter Hausmeister-Wohnungen, Verwaltungs- und größere Schulgebäude. Neben der Leerstandsfläche ist auch die „vorgesehene Verwertung“ der einzelnen Gebäude angegeben. Einige sollen abgerissen, andere als Flüchtlingsunterkünfte realisiert, vermietet oder auch verkauft werden. Eine Schule aus dieser Liste mit einer Nutzfläche von mehr als 4500 Quadratmetern soll nach Informationen dieser Zeitung inzwischen verkauft worden sein. Mehrere dieser Gebäude sind über 1000 Quadratmeter groß. Der Zustand ist nicht angegeben.

Wie die Sozialbehörde am Freitag mitteilte, kann in Bremen der erste Baumarkt als Flüchtlingsunterkunft genutzt werden. Es handelt sich um den ehemaligen Max- Bahr-Baumarkt in Oslebshausen, für den ein Mietvertrag mit einer Laufzeit von dreieinhalb Jahren unterzeichnet wurde. In das Gebäude mit einer Fläche von rund 8000 Quadratmetern sollen bis zu 350 Flüchtlinge einziehen. In diesem Jahr will Bremen laut Stahmann-Sprecher Schneider noch rund 2000 Plätze schaffen. Für das erste Halbjahr 2016 seien 6000 Plätze in Planung. 2000 Menschen seien aus Übergangswohnheimen in private Wohnungen vermittelt worden.

Lesen Sie auch

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)