Der Sommer dreht in dieser Woche eine Ehrenrunde, aber die Freiluftparty-Saison geht aufs Ende zu. Unter anderem am Grambker Sportparksee, am Stadtwaldsee und an verschiedenen Stellen entlang der Weser durften private Partymacher zu später Stunde ihre Boxen aufdrehen. Zeit also, Bilanz zu ziehen. Dorothea Schwanke-Peltzer hat das für sich schon getan, und zwar in Form einer Petition. Der Frau aus dem Ostertor geht die nächtelange Beschallung mit Bässen und lauter Musik so sehr auf den Geist, dass sie nun auf die Hilfe des Parlaments hofft.
Schwanke-Peltzers Petition kann seit vergangener Woche auf der Website der Bürgerschaft mit gezeichnet werden. Darin wird an die Abgeordneten appelliert, Zahl und Lautstärke der Partys stärker zu begrenzen und auch entsprechende Kontrollen zu veranlassen. „Leider werden oft nur die Bedürfnisse der Veranstalter und Konzertbesucher berücksichtigt“, klagt Schwanke-Peltzer. Doch gerade wenn die Feiern in der Nähe von Wohngebieten stattfinden, müssten „auch die Bedürfnisse der Anwohner angemessen zur Geltung kommen“.
Ärger gab es zuletzt am vorvergangenen Wochenende am Grambker Sportparksee und im Umfeld der Hundewiese an der Weser im Bereich Peterswerder. In beiden Fällen wurde dort bis in die Morgenstunden gefeiert. War das noch zumutbar? Nein, findet Stefan Schafheitlin-Derstadt mit Blick auf die Hundewiese. Die ganze Nacht über sei das Gewummer noch in zweieinhalb Kilometern Entfernung durch die geschlossenen Fenster hindurch zu hören gewesen. Eine solche Lärmbelästigung widerspreche komplett einschlägigen Bestimmungen wie dem Bundesimmissionsschutzgesetz.
Schafheitlin-Derstadt ist kommunalpolitisch aktiv, er gehört für die Gruppierung „Leben im Viertel“ dem Beirat Östliche Vorstadt an. Er wünscht sich ein differenzierteres Instrumentarium für die Stadtteilbeiräte, um die Lärmentwicklung von Freiluftpartys reglementieren zu können. Eigentlich haben die Beiräte bei der Festlegung geeigneter Orte schon jetzt eine starke Stellung. Sie können bestimmte Bereiche für private Feiern unter freiem Himmel komplett ausschließen. So haben etwa die Beiräte Strom und Seehausen ihr gesamtes Einzugsgebiet gesperrt. Andere Stadtteilparlamente wie etwa in Oberneuland oder Huchting untersagten Feiern an ausgewählten Örtlichkeiten (Achterdieksee, Böses Park).
Ganz oder gar nicht heißt das also für viele Punkte im Stadtgebiet. Ist eine Freiluftparty grundsätzlich erlaubt, müssen Veranstalter dem Ordnungsamt auf einem Formblatt lediglich bestimmte Angaben zum Rahmen der Veranstaltung machen, darunter die geplante Dauer. Eine Genehmigung ist nicht erforderlich. Wenn also die Partymacher etwa 20 Uhr bis 8 Uhr morgens eintragen, ist das in Ordnung. Genau das bemängelt Stefan Schafheitlin-Derstadt. „Die Beiräte müssten mehr Einfluss auf die zeitliche Ausdehnung solcher Feiern haben“, sagt das Beiratsmitglied. Auch die zeitlichen Intervalle, in denen Partys an ein und derselben Örtlichkeit erlaubt sein sollen, müssten je nach Standort unterschiedlich gehandhabt werden können. Derzeit gilt pauschal: jährlich maximal siebenmal an der gleichen Stelle und im Abstand von mindestens 18 Tagen.
Der SPD-Bürgerschaftsabgeordnete und Kulturpolitiker Elombo Bolayela hatte im Frühjahr Reformbedarf beim Freiluftparty-Ortsgesetz festgestellt, das aus dem Jahr 2017 stammt. Durch die Erfahrungen dieses Sommers sieht er sich in seiner Einschätzung bestätigt. Viele Beschwerden seien an ihn herangetragen worden, sagt der Sozialdemokrat, zuletzt bei einem Treffen mit Vertretern von Kleingartenvereinen. Auch er sehe die Notwendigkeit, das Ortsgesetz an einigen Stellen nachzuschärfen. Mitte September werde es ein Treffen mit Partyveranstaltern beim Innensenator geben, kündigt Bolayela an. Er hofft auf klarere Spielregeln, „denn unsere Polizei hat Besseres zu tun, als sechsmal am Abend zu solchen Partys zu fahren“.