Bei der Daimler AG gibt man sich geheimnisvoll. Ob die Gerüchte stimmen, dass das erste rein elektrisch angetriebene Mercedes-Modell eine Version des in Bremen gebauten GLC sein wird?
Aus Stuttgart: kein Kommentar. Stattdessen der Verweis auf den Pariser Autosalon, der Ende September beginnt.
Fest steht aber: Der erste Langstrecken-E-Mercedes kommt. Und das schon sehr bald. Wie Vorstandschef Dieter Zetsche in der vergangenen Woche auf einer Veranstaltung in Berlin ankündigte, soll das Auto eine Reichweite von 500 Kilometern haben. Damit könnte es in etwa so weit fahren, wie die Konkurrenz von Tesla.
Spekulationen über einen voll elektrisch betriebenen Geländewagen der Stuttgarter gibt es bereits seit Längerem. Sollte tatsächlich der GLC als Basis dienen, dann dürfte sich das Bremer Werk zumindest Hoffnung machen: Seit 2015 ist die Hansestadt Hauptproduktionsstandort des GLC, von hier aus wird die Fertigung im weltweiten Produktionsnetzwerk gesteuert.
Submarke für Elektroautos
Zunächst hatte das „Handelsblatt“ darüber berichtet, dass Daimler den Aufbau einer eigenen Submarke für Elektroautos plant. Den Auftakt, so die Zeitung, solle ein elektrisch angetriebener Geländewagen auf GLC-Basis machen, dessen Markteinführung für das kommende Jahr vorgesehen sei. Die Entscheidung, ob das Auto tatsächlich auf dem Markt eingeführt wird, soll demnach auf einer Aufsichtsratssitzung am 20. Juli fallen. Mehr noch: Bis 2020 sollen laut „Handelsblatt“ weitere E-Modelle folgen, die sich über die gesamte Produktpalette erstrecken.
Ganz abwegig findet Volker Stahmann, Geschäftsführer der IG Metall Bremen, solche Spekulationen nicht. Grundsätzlich sei der GLC als SUV (Kurzform für Sport Utility Vehicle; auf deutsch in etwa Geländelimousine) wegen seines Platzangebots für E-Motoren gut geeignet. Sollte Daimler einen E-GLC auf den Markt bringen, gebe es aber keinen Automatismus, dass dieser am Ende auch in Bremen gebaut wird. „Das wäre ein komplett neues Fahrzeug mit einer komplett neuen Technik“, sagt Stahmann.
Für den Betriebsratsvorsitzenden des Bremer Mercedes-Werks Michael Peters sind solche Überlegungen aktuell noch „Zukunftsmusik“. In der Fabrik werden vier Varianten der C-Klasse, zwei Varianten der E-Klasse sowie der SL, der SLC, der GLC und aktuell das neue GLC Coupé gebaut, zehn Modelle also. Insgesamt rollen hier etwa 320 000 Autos im Jahr vom Band. Wie sich die Produktionszahlen auf die einzelnen Modelle aufteilen, dazu macht Daimler aus Wettbewerbsgründen indes keine Angaben.
Bremen ist das Lead-Werk der C-Klasse
Für die C-Klasse ist die Fabrik in Bremen – aktuell der weltweit größte Produktionsstandort des Konzerns – das Lead-Werk. Das bedeutet, dass das Modell unter Führung der Bremer auch in Südafrika, in den USA und in China produziert wird. Da liegt die Überlegung nahe, in solch einem Werk, in das mehrere Hundert Millionen Euro investiert werden, auch einen Teil der zukünftigen Elektro-Palette zu bauen.
„Sollte das tatsächlich die Konzernstrategie sein, dann werden wir uns natürlich dafür einsetzen, dass möglichst viele E-Autos in Deutschland und damit vor allem auch in Bremen produziert werden“, sagt Peters. Die Chancen schätzt er jedenfalls als gut ein – zumal die Elektroantriebe einen Teil der bislang gebauten Verbrennungsmotoren verdrängen würden.
Zunächst einmal setzt man sich in Bremen aber nun mit einem anderen Modell auseinander: Wie der Autobauer mitteilte, ist nun das neue GLC Coupé vom Band gelaufen. Damit sind in diesem Jahr gleich zwei komplett neue Modelle am Standort angelaufen. Probleme bei der Umstellung hat es laut Betriebsratschef Peters nicht gegeben – solche Neuanläufe seien mittlerweile Routine.
Mehr Geländelimousinen in Produktion
„Wir sind voll ausgelastet“, sagt Peters weiter. Das liege auch an der enormen Nachfrage nach SUV. Die Zahlen geben ihm recht: Nach Prognosen der Unternehmensberatung Pricewaterhouse-Coopers (PWC) werden im Jahr 2018 allein in Europa 4,8 Millionen Geländelimousinen produziert. 2013 waren es noch drei Millionen.
Und Mercedes kann sich in diesem Segment gut behaupten: Laut Kraftfahrtbundesamt rangierten die Geländelimousinen der Stuttgarter bei den Neuzulassungen in Deutschland 2015 hinter Ford auf dem zweiten Rang. Mit 33602 neu zugelassenen Fahrzeugen hängte Mercedes Konkurrent BMW (22375) im vergangenen Jahr weit ab. Daimler-Chef Zetsche hatte 2015 zum „Jahr des SUV“ ausgerufen – einige weitere dürften folgen.