Die Gesundheitsversorgung in Bremen muss neu gedacht werden. Die bisherige Konzentration der Politik auf den Krankenhaussektor sollte durch einen umfassenderen Ansatz ersetzt werden, der den ambulanten Bereich stärker in den Blick nimmt. Das ist die Grundaussage eines Positionspapiers der CDU-Bürgerschaftsfraktion, das ihr Gesundheitspolitiker Rainer Bensch am Dienstag vorgelegt hat. Der Blumenthaler Abgeordnete spricht sich dafür aus, bei der Planung einer "modernen Gesundheitslandschaft" auch das niedersächsische Umland einzubeziehen. In das Papier flossen laut Bensch Erkenntnisse aus zahlreichen Gesprächen mit Vertretern von Hochschulen sowie Krankenkassen und anderen Akteuren der Gesundheitsbranche ein.
Was bemängelt die CDU?
Aus Sicht von Rainer Bensch krankt das Bremer Gesundheitssystem vor allem daran, dass es keine detaillierte Analyse des Versorgungsbedarfs der Bevölkerung gibt. Ohne eine solche Planungsgrundlage seien alle Versuche, den Krankenhaussektor weiterzuentwickeln, zum Scheitern verurteilt. Bensch macht in diesem Zusammenhang darauf aufmerksam, dass rund 30 Prozent der Patienten von Bremer Kliniken aus niedersächsischen Nachbargemeinden stammen. Im Bremerhaven mache der Anteil auswärtiger Patienten sogar 50 Prozent aus. Eine abgestimmte Planung über die Landesgrenzen hinweg gebe es jedoch nicht. "Die Rolle Bremens als Oberzentrum und die Bedeutung einer Gesundheitsregion in Kooperation bleiben weiterhin politisch unterbelichtet", kritisiert Bensch. In seinem Positionspapier macht er unter anderem folgende Vorschläge:
Kliniken
Auf der Grundlage einer fundierten Bedarfsplanung muss sich die stationäre Versorgung aus Sicht der CDU drei wichtigen Trends stellen: Digitalisierung, Spezialisierung und Ambulantisierung von Krankenhausleistungen. Bei der Digitalisierung lautet das Stichwort "Smart Hospital". Von der Aufnahme der Patienten bis zu ihrer Entlassung würden künftig nahezu alle Prozesse digitalisiert. Dies könne Ärzte und Pflegepersonal entlasten und ihnen mehr Zeit verschaffen, sich den Patienten zuzuwenden. Ambulantisierung bedeutet, dass mehr Behandlungen ganz ohne einen stationären Aufenthalt oder teilstationär erbracht werden. Die Kliniken müssten ihre Angebote entsprechend neu ausrichten, so Bensch. Er fordert außerdem auskömmliche Investitionsmittel für die Krankenhäuser. Für Bremen liege dieser Bedarf bei rund 90 Millionen Euro pro Jahr. Tatsächlich seien zuletzt aber nur zwischen 36 und 38 Millionen Euro jährlich geflossen.
Medizinerausbildung
Sowohl in Krankenhäusern als auch in Arztpraxen fehlt es an Fachpersonal. Mit 55 Jahren ist das Durchschnittsalter unter Ärzten im Land Bremen so hoch wie sonst nirgendwo in Deutschland. Nach Einschätzung der CDU liegt das auch daran, dass es in Bremen keine universitäre Medizinerausbildung gibt, denn frisch ausgebildete Ärzte ließen sich gern dort nieder, wo sie studiert haben. Deshalb sei es geboten, in Bremen einen Medizinstudiengang aufzubauen. Davon werde nicht nur die Patientenversorgung profitieren. Wo es Medizinerausbildung gibt, siedeln sich laut Bensch erfahrungsgemäß auch Firmen aus dem Bereich der Medizintechnik an. Zusammen mit den in Bremen bereits ansässigen Forschungseinrichtungen für Künstliche Intelligenz lasse sich ein starker wissenschaftsbasierter Komplex aufbauen.
Prävention
Das Thema "Prävention" kann aus Sicht der CDU durch die Digitalisierung des Gesundheitswesens einen echten Schub erhalten. Prävention – also die Vermeidung von Krankheiten – sei durch unterstützende digitale Prozesse in Zukunft besser möglich denn je. Sie könne auf bestimmte Risikogruppen oder sogar Einzelpersonen zugeschnitten werden. Auch hier spiele künstliche Intelligenz eine wachsende Rolle. "Im Bundesland Bremen können wir modellhaft erproben, was alles zum Patientennutzen und zum Beschäftigtennutzen im Gesundheitswesen beiträgt", heißt es in dem Positionspapier.
"Gesundheitsagentur"
Viele komplexe Modernierungs- und Veränderungsprozesse sind also zu bewältigen, wenn man den Christdemokraten folgt. Mit den bisherigen Strukturen der Senatsressorts sei das aber kaum zu schaffen. Es gehe darum, unterschiedliche Akteure für die künftige Gesundheitsversorgung, -forschung, -ausbildung und -wirtschaft zusammenzubringen. Dafür brauche es eine Art "Gesundheitsagentur", meint Rainer Bensch. Für diese Aufgabe hat er eine Institution im Blick, die es bereits gibt: den "Gesundheitscampus Bremen". Bisher fungiert diese Einrichtung als lockeres Netzwerk von Institutionen und Unternehmen aus der örtlichen Gesundheitsbranche. Laut Bensch könnte es zu einer Agentur weiterentwickelt werden, die den Wandel vorantreibt.