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Bremerinnen träumen von Reise ins All „Hallo Bremen, hier ist die ISS“

Disziplin und etwas Lampenfieber: Diesen Tipp gab Olympiasiegerin Jana Sorgers-Rau beim Unternehmergespräch zwei Bremerinnen mit, die Deutschlands erste Astronautin werden wollen.
04.11.2016, 00:00 Uhr
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„Hallo Bremen, hier ist die ISS“
Von Stefan Lakeband

Disziplin und etwas Lampenfieber: Diesen Tipp gab Olympiasiegerin Jana Sorgers-Rau beim Unternehmergespräch zwei Bremerinnen mit, die Deutschlands erste Astronautin werden wollen.

Claudia Kessler hat ein Ziel. Doch davon ist sie nicht nur 400 Kilometer, sondern auch 40 Millionen Euro entfernt. Aber sie ist nicht allein. Ariane Wyen und Tina Büchner Da Costa unterstützen sie – und mit ihnen Dutzende weitere Frauen. Kessler will die erste deutsche Astronautin ins Weltall bringen, ausreichend Bewerberinnen hat sie schon gefunden.

Im März hat Kessler das Programm „Die Astronautin“ gestartet, Hunderte Frauen hatten sich darauf beworben. Nach zwei Auswahlrunden sind nun noch 86 Bewerberinnen übrig, wovon eine von ihnen ins All fliegen soll. Wenn denn alles nach Plan läuft.

„Wir wollen zeigen, dass es in Deutschland Frauen gibt, die das Potenzial haben, in den Weltraum zu fliegen“, sagt Kessler an diesem Donnerstagabend bei den Bremer Unternehmergesprächen, die von BLG-Vorstandschef Frank Dreeke moderiert wurden. Sie standen unter dem Thema „Ins All, zu Gold. Große Ziele.“ Dass ihr Ziel groß ist, weiß Kessler, die Geschäftsführerin von HE Space ist, einer Zeitarbeitsfirma für die Raumfahrtbranche. Dennoch hat sie sich nicht von der Idee abbringen lassen – auch wenn noch die Millionen fehlen, um das Programm wirklich umzusetzen.

„Deswegen habe ich heute etwas mitgebracht“, sagt Kessler und hält eine blaue Spardose in die Luft. „Saving up to go to space“, steht auf ihr. Denn Kessler ist auf der Suche nach Sponsoren, die dabei helfen, eine Deutsche auf die 400 Kilometer entfernte internationale Raumstation ISS zu schicken.

Frauen werden auf ihre Eignung geprüft

Ariane Wyen und Tina Büchner Da Costa wären beide gerne diese Frau. Wyen arbeitet als Ingenieurin beim Bremer Satellitenbauer OHB und träumt seit ihrer Kindheit davon, einmal ins All zu fliegen. „Seit ich mit zehn Jahren zum ersten Mal einen Raketenstart gesehen habe, habe ich nichts mehr anderes im Kopf“, sagt sie. Aus der kindlichen Idee ist mittlerweile eine realistische Vorstellung geworden. „Für mich wäre es eine riesiger Ehre, die Forschung zu unterstützen und für viele junge Mädchen eine Art Botschafterin zu werden.“ Dass sie eine Art Versuchskaninchen für die Wissenschaft wäre, sei kein Problem. „Schließlich verkörpert man den Traum von so vielen Menschen auf der Welt.“

Tina Büchner Da Costa kümmert sich bei Airbus Safran Launchers als Abteilungsleiterin um zukünftige Raketentechnologien. Am Bremer Standort wird unter anderem an der neuen Ariane-6-Rakete gebaut. Ihre Begeisterung für den Weltraum wurde durch Filme wie Apollo 13 geweckt, obwohl es hier um die beinahe Katastrophe der Raumfahrtmission aus dem Jahr 1970 geht. „Mich hat vor allem das Miteinander daran fasziniert“, sagt Büchner Da Costa. „Die Beteiligten haben bis zum Ende gekämpft, um gemeinsam eine Lösung zu finden.“

Für beide Frauen stehen nun kommende Woche Tests beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Hamburg an. Die Experten des DLR wollen herausfinden: Ist diese Frau geeignet, Astronautin zu werden? Dabei kommt es nicht nur auf die körperliche Fitness an, sondern auch auf die mentale Stärke.

Olympiasiegerin gibt Tipps

Wie sie sich darauf vorbereiten können, erklärt Jana Sorgers-Rau. Sie hat ihren Traum bereits erfüllt. In den 80er- und 90er-Jahren war sie erfolgreiche Sportlerin: 1988 gewann sie bei den Olympischen Spielen in Seoul die Goldmedaille im Doppelvierer, genauso wie acht Jahre später bei den Sommerspielen in Atlanta; neun Mal war sie Weltmeisterin. Die gebürtige Neubrandenburgerin hat 1996 ihre aktive Ruderlaufbahn beendet und lebt seitdem in Bremen. Ihre Tipps: natürlich bleiben. Und: „Ein bisschen Lampenfieber hat mir immer geholfen. Man muss konzentriert sein, darf aber nicht wahnsinnig werden.“

Sorgers-Rau ist selbst durch Zufall zum Rudern gekommen. „Ich war weder talentiert noch besonders sportlich“, sagt sie. Dafür aber groß. Während ihrer Schulzeit in der DDR sei sie deswegen ausgewählt worden, ein Sportinternat zu besuchen. Mit Disziplin sei sie dann immer besser geworden.

Astronautinnen trainieren hart

Fokus und Disziplin – das haben auch die potenziellen Astronautinnen. Wyen hat seit ihrer Bewerbung ihr Sportprogramm noch einmal erhöht. „Seitdem läuft der Crosstrainer eine Stufe schneller“, sagt sie. Auch Büchner Da Costa sieht sich gut vorbereitet. Eine Marathonläuferin sei sie zwar nicht, die Disziplin aber trotzdem da. „Ich habe einen Vollzeitjob, zwei Kinder und studiere nebenher“, sagt sie. „Ich muss schon seit einigen Jahren funktionieren.“

„Wenn‘s nach mir geht, haben wir schon zwei Astronautinnen gefunden“, sagt Frank Dreeke. Doch das offizielle Programm sieht etwas anderes vor. Im Dezember sollen die besten Kandidatinnen feststehen, die dann das medizinische Programm des DLR absolvieren müssen. Im März werden dann zwei Kandidatinnen ausgewählt, die in das Astronautentraining gehen. „Wir stellen derzeit eine Jury zusammen“, sagt Kessler. Die Endauswahl soll zudem im Fernsehen übertragen werden.

Was die beiden Bremerinnen als Erstes machen würden, falls sie tatsächlich zur ISS fliegen dürften, steht schon fest. Wyen würde Purzelbäume in der Schwerelosigkeit schlagen, Büchner Da Costa ihre Heimat auf der Erde grüßen. Per Liveschalte würde sie sagen: „Hallo Bremen, hier ist die ISS.“

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