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Bremer Stadtentwässerung Entscheidung über Hansewasser rückt näher

Der Bremer Entsorger Hansewasser braucht Klarheit für die Zukunft des Unternehmens – das mahnt der Betriebsrat bei den politischen Entscheidungsträgern an. In Kürze soll ein entsprechendes Gutachten vorliegen.
09.08.2024, 05:00 Uhr
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Entscheidung über Hansewasser rückt näher
Von Jürgen Theiner

Bleibt Hansewasser Partner der Stadt bei der Abwasserentsorgung, oder entscheidet sich die Politik für neue Strukturen? Diese Frage drängt allmählich zur Entscheidung. Falls die Stadt den Betrieb von Kanälen und Kläranlagen wieder in eigene Regie übernehmen oder jedenfalls anders organisieren will als gegenwärtig, muss sie den bestehenden Konzessionsvertrag mit Hansewasser zum Ende des Jahres 2028 kündigen – und dies 2026 so erklären. Der Betriebsrat des Unternehmens will indes nicht so lange warten. Er wüsste gern jetzt schon, woran er ist. Das hat er in einem Schreiben an das Rathaus und die Spitzen der Koalition deutlich gemacht.

Wie ist die Ausgangslage?

Hansewasser übernahm 1999 als privatwirtschaftliches Unternehmen die Stadtentwässerung aus der Hand der Kommune. Bremen verkaufte den Großteil der Infrastruktur und behielt nur einen Minderheitsanteil von gut 25 Prozent. Hansewasser modernisierte in den Folgejahren die Anlagen und kann heute eines der technisch besten großstädtischen Kanalnetze vorweisen. Die Gebühren blieben vergleichsweise stabil, jedenfalls bis vor Kurzem. Im Grundsatz ist man deshalb auch in den Koalitionsfraktionen von SPD, Grünen und Linken mit Hansewasser zufrieden. Wenn es überhaupt Kritik gibt, dann daran, dass von den Erlösen zu viel bei dem Unternehmen beziehungsweise seinen Anteilseignern Gelsenwasser und SWB hängen bleibt.

Welcher Sachstand ist erreicht?

Im vergangenen Jahr beauftragte der Senat das Institut Econum, Vorschläge für eine künftige Organisation der Stadtentwässerung zu entwickeln. Dabei soll auch das Thema Trinkwasserversorgung einbezogen werden, denn in diesem Bereich laufen die bestehenden Konzessionsverträge 2028 ebenfalls aus. Zuständig für die Trinkwasserversorgung ist aktuell die SWB. Aktuell wird damit gerechnet, dass die gutachterliche Stellungnahme von Econum bis zu den Herbstferien vorliegt. Der Beratungsprozess und seine Begleitung in der Umweltbehörde sind nicht billig. Rund 1,6 Millionen Euro hatte der Senat Anfang 2023 hierfür bewilligt. Die zeitliche Vorgabe lautete, "die Entscheidung über die künftigen Organisationen spätestens 2024 zu treffen". Das ist inzwischen allerdings kaum noch realistisch, wenn die Econum-Empfehlungen erst zu Beginn des vierten Quartals vorliegen.

Wie positioniert sich die Koalition?

Ungeachtet der noch ausstehenden Expertise haben SPD, Grüne und Linke in den vergangenen Monaten eigene Überlegungen angestellt. Am klarsten positionieren sich inzwischen die Linken. Ihr Finanzpolitiker Klaus-Rainer Rupp favorisiert eine 100-prozentige Übernahme der Gesellschaftsanteile von Hansewasser durch die Stadt. Rund 500 Millionen Euro würde das kosten. Laut Rupp müssten diese Mittel jedoch nicht aus dem städtischen Haushalt aufgebracht werden. Eine langfristige Finanzierung sei auch aus dem Gebührenaufkommen möglich. Die privatwirtschaftliche Organisationsform von Hansewasser als GmbH will Rupp nicht antasten. Sie habe sich bewährt. Von einer Umwandlung in eine Anstalt öffentlichen Rechts, wie sie 2018 bei der Stadtreinigung praktiziert wurde, rät der Linke ab, ebenso von einer Wiedereingliederung in den Behördenapparat. Grünen-Fachpolitiker Ralph Saxe kann sich eine aufgestockte städtische Minderheitsbeteiligung von 49,9 Prozent vorstellen, also eine Verdoppelung des gegenwärtigen Gewichts. "Dann wären wir und die privaten Anteilseigner Partner, aber auf Augenhöhe", sagt Saxe. Der SPD-Finanzpolitiker Senihad Sator vermeidet noch klare Festlegungen. Verbindlich ist für ihn gegenwärtig nur der Auftrag des Koalitionsvertrages, den städtischen Einfluss bei Hansewasser zu erhöhen. Wichtig ist aus seiner Sicht, dass ein wie auch immer geartetes Unternehmenskonstrukt mittel- und langfristig "relative Gebührenstabilität" sicherstellt.

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Was fordert der Betriebsrat?

In ihrem Schreiben an das Rathaus und die Koalitionsspitzen, das dem WESER-KURIER vorliegt, beklagt die Vertretung der rund 400 Beschäftigten, bisher nicht in die Beratungen über die Zukunft des Unternehmens einbezogen worden zu sein. Weder die Umweltbehörde noch das Beratungsunternehmen Econum hätten den Dialog mit dem Betriebsrat gesucht. "Was wir uns jetzt fragen: Was ist das für ein Prozess und Gutachten, bei denen nur über uns, aber nicht mit uns gesprochen wird?", heißt es in dem Brief. Am liebsten wäre es der Arbeitnehmervertretung, wenn organisatorisch alles beim Alten bliebe. Der Betriebsrat setze sich dafür ein, "dass die Hansewasser Bremen GmbH in ihrer jetzigen Form erhalten bleibt und weiterhin erfolgreich agieren kann", formuliert das Gremium seine Zielvorstellung.

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