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Zukunft des Bremer Entsorgers Hansewasser umwirbt die Politik

Bremen kann die Zukunft seiner Stadtentwässerung bald neu ordnen. Der bisherige privatwirtschaftliche Betreiber Hansewasser möchte Partner der Kommune bleiben - und geht schon mal in Vorleistung.
29.04.2023, 05:00 Uhr
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Hansewasser umwirbt die Politik
Von Jürgen Theiner

Spannende Zeiten sind es, in denen sich das Stadtentwässerungsunternehmen Hansewasser personell neu aufstellt. Noch ist unklar, in welcher Form Bremen den Betrieb der Kläranlagen und des Kanalnetzes ab 2028 weiterführen will. Doch das hat Florian Franz nicht davon abgehalten, nach 25 Jahren in der Hamburger Wasserwirtschaft an die Weser zu wechseln. Ab dem 1. Mai wird der 57-Jährige Hansewasser als technischer Geschäftsführer gemeinsam mit dem kaufmännischen Chef Ekkehart Siering leiten – in der Hoffnung, dass sich an den Strukturen des Unternehmens nichts Grundsätzliches ändern wird.

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Die rot-grün-rote Koalition wollte in ihrer Meinungsbildung zu diesem Thema eigentlich schon weiter sein. In der zu Ende gehenden Legislaturperiode sollte es zumindest eine grundsätzliche Weichenstellung für die Zukunft der Stadtentwässerung geben. Denn 2028 könnte die Stadt ihre Partnerschaft mit Hansewasser auslaufen lassen. Das Unternehmen war 1999 als privatwirtschaftlicher Nachfolger der bis dahin kommunalen Abwasserentsorgung gegründet worden. Die Stadt machte damals Kasse mit dem Verkauf von knapp 75 Prozent ihrer Anteile. Hansewasser modernisierte die Anlagen und führt sie bis heute, ohne dass jemals Klagen zu hören gewesen wären – auch weil Hansewasser weitgehende Preisstabilität garantierte. Kritik gab es aus den Reihen der Koalition lediglich an dem relativ hohen Gewinn, den das Unternehmen an seine beiden Haupteigner SWB und Gelsenwasser ausschüttet. Mehr davon sollte beim Minderheitsgesellschafter Bremen bleiben, meint man im gegenwärtigen Regierungsbündnis. Auch bei der strategischen Ausrichtung würde es gern mehr Einfluss ausüben. Das ist das Mindestziel, wie es die Grünen vertreten. Insbesondere die Linken, aber auch Teile der SPD könnten sich darüber hinaus vorstellen, dass die Stadt auch wieder unternehmerisch bei Hansewasser einsteigt, Stichwort Rekommunalisierung. Um Veränderungen gleich welcher Art zu erreichen, müssten die bestehenden Verträge bis Ende 2026 gekündigt werden. Da es sich um eine sehr komplexe Materie handelt, bedarf ein solcher Schritt allerdings intensiver Vorbereitung inklusive gutachterlicher Begleitung. Nichts davon ist bisher eingeleitet worden.

Der neue Geschäftsführer weiß um diese Ausgangslage. Und er hofft, die Politik von einer Fortsetzung der bisherigen Partnerschaft überzeugen zu können. "Bremen ist mit Hansewasser gut gefahren", bekräftigt Florian Franz. Bundesweit gelte das Unternehmen als vorbildlich, was Kundenzufriedenheit sowie effizientes und nachhaltiges Anlagenmanagement betrifft. Zudem habe man sich vorgenommen, in Zukunft aktive Beiträge zum Klimaschutz zu leisten. Dabei geht es beispielsweise darum, im Stadtgebiet große Regenwasserzisternen anzulegen. Mit den dort gesammelten Vorräten könnten in trockenen Sommern die städtischen Grünanlagen bewässert werden, beschreibt Franz die Pläne des Unternehmens. So lasse sich das Mikroklima im städtischen Ballungsgebiet günstig beeinflussen.

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Franz setzt darauf, dass es nach der Wahl am 14. Mai und der anschließenden Regierungsbildung zu einem intensiven Austausch mit den dann in der Verantwortung stehenden politischen Akteuren kommt. Tabus gebe es dabei nicht. Einen vertrauensbildenden Schritt hat Hansewasser bereits unternommen. Hintergrund: Hansewasser gibt es sozusagen zweimal. Über der Hansewasser Bremen GmbH (HVB) als Betriebsgesellschaft existiert die Hansewasser Ver- und Entsorgung GmbH (HVE) als Beteiligungsgesellschaft der beiden Haupteigentümer Gelsenwasser und SWB. In die HVE waren in den vergangenen Jahren diverse Nebenaktivitäten der Betriebsgesellschaft ausgelagert worden, vor allem technische Dienstleistungen für Nachbargemeinden wie Ritterhude. Den rot-grün-roten Fachpolitikern der Koalition gefiel diese Entwicklung überhaupt nicht. Hansewasser hat nun den Rückwärtsgang eingelegt und dieses Teilgeschäft in die HVB zurückverlagert.

Man kann davon ausgehen, dass dem neuen Geschäftsführer noch mehr einfällt, um die Politik geneigt zu stimmen und zur Fortführung der privatwirtschaftlichen Stadtentwässerung zu bewegen. Die eigene Belegschaft wissen Florian Franz und Ekkehart Siering in jedem Fall hinter sich. Erst vor wenigen Tagen hat der Betriebsrat die Geschäftsführung aufgefordert, sich gegenüber der Politik für den Erhalt des Unternehmens Hansewasser einzusetzen. Die rund 400 Mitarbeiter wollen gar nicht zurück in den öffentlichen Dienst und die Zeit vor 1999.

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