2,5 Millionen Menschen in Deutschland "snacken platt", sprechen also nieder- und plattdeutsch. In Bremen gibt es ein Institut, das sich um die Pflege der Sprache kümmert. Es könnte zum Auslaufmodell werden.
Das staatlich geförderte Institut für niederdeutsche Sprache (INS) in Bremen droht in schwieriges Fahrwasser zu geraten. Die Finanzierungsländer Bremen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Hamburg haben ein seit 1979 bestehendes Förderabkommen gekündigt. Ende 2017 sollen Zuschüsse von insgesamt 272 000 Euro pro Jahr wegfallen. INS-Chef Reinhard Goltz hält die Begründung für nicht schlüssig und sieht einen Verstoß gegen die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen.
Die Mitteilung der Länder flatterte dem Institut Mitte Mai ins Haus. "Nach Abwägung und Diskussion unterschiedlicher Ansätze" hätten sich die Länder verständigt, das Abkommen zu kündigen und die Förderung des INS zum 31. Dezember 2017 einzustellen, heißt es in dem von der Bremer Kulturbehörde übermittelten Schreiben. Als Hintergrund der Entscheidung werden ein rasanter demografischer Wandel, eine sich immer schneller verändernde Mediengesellschaft und unterschiedliche regionale Besonderheiten genannt.
Wenig überzeugend
"Wenig überzeugend", findet Goltz diese Argumentation. Aus seiner Sicht hat es keinen Sinn, ein seit Jahrzehnten "erfolgreich arbeitendes Institut" einzustellen und dann vereinzelt und regional wieder aufzubauen. Das Institut verfügt über drei volle Planstellen und engagiert sich in Schulen und bei Radio Bremen bei den plattdeutschen Nachrichten sowie an der Universität.
"Wir sind auch Anlaufstelle für alle Bürger, die sich für das Plattdeutsche interessieren. Eine solche Stelle, die mit so hoher Professionalität arbeitet, gibt es sonst in Norddeutschland nicht", sagte Sprachwissenschaftler Goltz überzeugt.
In Bremen, das als sogenanntes Sitzland des Instituts jährlich 80.000 Euro zuschießt, sieht man keinen Automatismus, der zum Ende des INS führen würde. "Wir sind mit dem INS in guten Gesprächen über die Zukunft des Instituts. Die Gespräche werden wir fortsetzen", sagte Kulturstaatsrätin Carmen Emigholz. Es würden gemeinsam zwei Optionen für die Einrichtung geprüft: eine stärkere wissenschaftliche Ausrichtung in Kooperation mit anderen Partnern und die Funktion als in Bremen ansässiger Dienstleister, der sich etwa um Sprachvermittlung und -pflege kümmere.
Einen Gesprächstermin gab es im Mai, ein weiterer soll folgen. Neben den Länderzuschüssen erhält das INS vom Bund eine jährlich neu zu bewilligende Projektförderung von 120.000 Euro. Inklusive Eigenmitteln ergibt sich ein Jahresbudget von derzeit rund 400.000 Euro.
Bereits an höhere Stellen gewendet
In den nächsten Wochen soll eine neue Studie erstellt werden, die unter anderem eruiert, wie viele und welche Menschen wann noch niederdeutsch sprechen. Die vom INS in Auftrag gegebene und von der Forschungsgruppe Wahlen durchgeführte Studie kostet 60.000 Euro. "Aber wir brauchen diese Daten", sagte Goltz. Denn so könne nicht zuletzt eine Grundlage für die sprachpolitischen Anstrengungen der Länder geschaffen werden
Goltz wandte sich bereits an höchste Stellen. In einem Schreiben, das an die Ministerpräsidenten Hamburgs, Niedersachsens und Schleswig-Holsteins ging, mahnte er einen konstruktiven Dialog an, um eine Zerschlagung des INS als zentrale niederdeutsche Institution zu verhindern. (dpa)