Es bleibt dabei: Am 30. August soll es auf dem Hillmannplatz ab 20 Uhr eine besondere Freiluft-Disco geben. Es wird wohl ein bisschen wie Rudelsingen, nur mit Tanzen: Professionelle Tänzer und Choreografen bringen dem Publikum kurze Bewegungsabläufe bei, die nicht länger als drei Minuten dauern, und dann tanzen alle gemeinsam. Das Ganze ist Teil des 5. Bremer Kultursommers Summarum 2024, eingebettet in ein Programm mit Musik, Poetry-Slam, Akrobatik und Performance, das den Platz an diesem letzten Freitag im August schon ab 16 Uhr beleben soll.
"Die Absage des Bremer Weinfestes auf dem Hillmannplatz aus Sicherheitsgründen berührt unsere Planung nicht", heißt es auf Anfrage beim Verein Stadtkultur Bremen, das den Kultursommer organisiert. Im Gegenteil: Gerade weil der Platz ein schwieriger Ort geworden sei, wolle man ihn gemeinsam mit den Anliegern anders erlebbar machen.
174 Raubdelikte im Jahr 2023
Ginge es nach der FDP, müsste dafür nicht mal eine Bühne aufgebaut werden. In einem jetzt vorgelegten Positionspapier zum Hillmannplatz fordert die Bürgerschaftsfraktion der Liberalen unter anderem einen festen Pavillon für mehr Veranstaltungen. "Der Platz muss wieder ein sicheres und attraktives Eingangstor in die Innenstadt werden", sagt Fraktionschef Thore Schäck. Heute sei er dagegen ein Kriminalitätsbrennpunkt und eine "No-go-Area", wie Schäck mit Verweis auf 174 Raub-Delikte im vorigen Jahr in und um den Platz sagte.
Weil ein Veranstaltungspavillon bei diesem Befund allein nicht hilft, sind die übrigen Forderungen der FDP entsprechend größere Kaliber: Eine feste Polizeistation direkt am Platz und aktive Videoüberwachung wie bereits auf dem Bahnhofsvorplatz. Dazu eine deutlich ausgebaute Beleuchtung. "Der rot-grün-rote Senat ist verantwortlich für die schwierige Lage", sagt Schäck. Bei Anwohnern und Anliegern des Platzes verfestige sich inzwischen der Eindruck, der Staat habe hier aufgegeben und überlasse den Platz Drogendealern, Bettlern und Gewaltverbrechern. Dass die umliegenden Gastronomie- und Hotelbetriebe seit Monaten einen privaten Sicherheitsdienst finanzierten, um ihren Gästen und Besuchern ein Mindestmaß an Sicherheit zu bieten, sei nicht hinnehmbar. "Das ist ja nun wirklich eine öffentliche Aufgabe."
Anlieger fühlen sich in der Zwickmühle
Wiebke Winter (CDU) bezeichnete den Hillmannplatz in Welt-TV als "Angstort für viele Bremer" und forderte ebenfalls mehr Polizei, Videoüberwachung sowie eine bessere Beleuchtung in den Abend- und Nachtstunden. Die erstmalige Absage des Weinfestes nach rund 30 Jahren sei eine "Kapitulation mit Ansage".
Die betroffenen Anlieger fühlen sich inzwischen in einer Zwickmühle. Öffentlich äußern will sich nach vielen Monaten öffentlicher Diskussion kaum noch jemand. Tenor: Es sei ja richtig und wichtig, dass über die Situation rund um den Hillmannplatz berichtet wird. Andererseits hilft es ihnen nicht, Gäste zu gewinnen oder zu behalten, wenn über den Platz immer nur als Brennpunkt und Angstort geredet wird.
Über weite Teile des Tages ist er das nach Einschätzung von Philipp Grothe nämlich nicht. Grothe gehört und verwaltet als Gesellschafter der Grothe Unternehmensgruppe zahlreiche Immobilien am Hillmannplatz. Dazu zählen das Dorint-Hotel, die Bürogebäude an den Hausnummern 11, 13 und 15 sowie das Parkhaus in der Hillmannstraße und das angrenzende Achat-Hotel im 1993 als World-Trade-Center gebauten Bürohaus. Entsprechend groß ist Grothes Anteil etwa bei den Kosten des privaten Sicherheitsdienstes, den er direkt und indirekt zu mehr als 50 Prozent finanziert.
Probleme vor allem spätabends und nachts
"Fast alle Vorfälle finden am späten Abend, nachts und am Wochenende statt", sagt Grothe. Dann ziehe der Platz eine schwierige Klientel an. Als die Diskothek Avenue vor einiger Zeit nach Kontrollbesuchen der Behörden kurzzeitig schließen musste, sei es zum Beispiel auffallend ruhiger geblieben.
Grothe schwankt zwischen Hoffnung und Skepsis, was die weitere Entwicklung des Platzes angeht. Er erkennt die Bemühungen der Sicherheitsbehörden, sieht aber auch schwergängige Verwaltungsprozesse wirken. "In Sachen Videoüberwachung hatten wir schon vor drei Monaten eine Anfrage der Polizei, ob aus einem unserer Gebäude eine Stromversorgung der Anlagen möglich ist. Seitdem ist nichts passiert." Die FDP-Forderung nach einer permanenten Polizeiwache begrüßt er. "Da rennen Sie bei mir offene Türen ein, Platz dafür hätten wir."
In Sachen Beleuchtung sieht er hingegen wenig Möglichkeiten. "Wir haben in Abstimmung mit den Behörden Strahler an die Gebäude angebracht und die Stadt hat ihre Leuchten modernisiert und ausgebaut. Heller wird das jetzt nicht mehr." Was noch möglich ist, seien Lichterketten in den Bäumen, ähnlich wie an der Schlachte. Das bringt zwar nicht viel mehr Licht, hat aber einen psychologischen Effekt. "Da gab es sogar schon ein Konzept. Die Anlieger übernehmen die Betriebskosten, die Stadt investiert in die Ausstattung", sagt Grothe. Als klar wurde, dass das pro Baum 8000 Euro kosten würde und da weitaus mehr Bäume stehen als anfangs gedacht, sei das aber im Sande verlaufen.