Obdachlose Menschen sind der Hitze meist schutzlos ausgeliefert. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe kritisiert, dass in den Hitzeschutzplänen der Kommunen die Situation obdachloser Menschen oft nicht berücksichtigt werde, sagte die Geschäftsführerin Werena Rosenke der Rheinischen Post.
Mit vielen Tipps zum Verhalten bei Hitze könnten Obdachlose nichts anfangen. Wichtig seien zum Beispiel kostenloses Trinkwasser und zugängliche kühle Räume. "Die Pflicht der Kommunen wird vielerorts nicht wirklich wahrgenommen", kritisierte Rosenke.
Berlin und Nordrhein-Westfalen gelten als Vorreiter: In der Bundeshauptstadt gibt es seit 2022 die "Berliner Hitzehilfe". Zu den Angeboten gehören zum Beispiel Plätze in einer Hitze-Notunterkunft, die zusätzlich geschaffen wurde und in die sich die Menschen tagsüber zurückziehen können. Ein Hitzebus der Berliner Stadtmission steuert regelmäßig Plätze und andere Treffpunkte an, um etwa Wasser, Sommerschlafsäcke und anderes auszugeben. Finanziert werden die Projekte überwiegend aus dem Europäischen Sozialfonds, wie es heißt.
NRW stellt 250.000 Euro bereit
In Nordrhein-Westfalen hat das Sozialministerium den Kommunen im Land in diesem Jahr erneut 250.000 Euro für Hitzeschutz-Projekte zur Verfügung gestellt, die sich an wohnungslose Menschen richten. In Bochum etwa werden Sonnensegel und Pavillons an bekannten Treffpunkten aufgespannt. Sonnenmilch, Wasser und Kopfbedeckungen werden ausgegeben.
Der Verein für Innere Mission in Bremen hält solche Initiativen wie in Berlin und Nordrhein-Westfalen für dringend erforderlich. Allerdings könnten sie in der Regel nicht aus den Finanzmitteln umgesetzt werden, die Hilfsorganisationen oder gemeinnützige Vereine zur Verfügung hätten. Notwendig seien zum Beispiel Finanzmittel für Wasser und elektrolythaltige Getränke, beides sei überlebenswichtig. "Hinzukommen kleine Dinge, die aber eine große Wirkung haben. Sonnenschutz, Kopfbedeckungen oder wiederverwendbare Trinkflaschen", betont die Sprecherin der Inneren Mission, Anke Mirsch. Sonnenschutzsegel, anderweitig beschattete Plätze und kühle Aufenthaltsorte seien zunehmend notwendig, ebenso Trinkwasserstellen.
Bei Hitze würden von der Inneren Mission Wasser und andere Getränke verteilt – wenn möglich, auch Kopfbedeckungen. "Aktuell ist dies jedoch lediglich über Spenden möglich", so Mirsch. Die Angebote seien daher von der Spendebereitschaft abhängig.
Bremen arbeitet derzeit an einem Hitzeaktionsplan. Im Fokus stehe dabei der Schutz besonders gefährdeter Gruppen, zu denen wohnungslose Menschen gehörten, wie es in einer Mitteilung heißt. Im kommenden Jahr soll der Hitzeschutzplan demnach umgesetzt werden.
Die Sozialbehörde verweist darauf, dass es aktuell bereits dem Bedarf angepasste Projekte zum Hitzeschutz von Obdachlosen durch Hilfsorganisationen gebe, die unter anderem Zuschüsse aus dem Sozialhaushalt erhielten. "Das Angebot ist insgesamt vergleichbar mit dem anderer Großstädte. Bislang werden für bestehende Projekte keine Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds abgerufen", so Sprecherin Nina Willborn. Perspektivisch sei dies aber denkbar.
Anlaufstellen der Kirchen
"Der Bedarf ist groß und er nimmt zu", stellt Werner Kalle vom Kirchenvorstand der katholischen Propsteigemeinde St. Johann fest. In der Johannis-Oase im Schnoor etwa können Obdachlose duschen, Wäsche waschen und sich aufhalten. "Das wird von sehr vielen wahrgenommen, besonders auch im Sommer." Neben dem Pfarrbüro gebe es eine Trinkwasserstelle. Viele katholische Kirchen seien tagsüber geöffnet, teilt der Gemeindeverband mit. Nach Ansicht von Propst Bernhard Stecker gibt es ein weiteres drängendes Thema: "Zum Beispiel ist es wichtig, dass ausreichend öffentlich zugängliche Toilettenräume zur Verfügung stehen, die auch obdachlose Menschen nutzen können."
Eine Anlaufstelle ist auch der "Bremer Treff" am Altenwall, der vom Katholischen Gemeindeverband und der Bremischen Evangelischen Kirche (BEK) betrieben wird. Die Evangelische Kirche in Deutschland und die Diakonie hatten im Juli bundesweit Gemeinden und Einrichtungen aufgerufen, Kirchengebäude und andere kühle Räume zur Verfügung zu stellen. "Wir haben täglich verlässlich geöffnete Innenstadt-Kirchen", sagt BEK-Sprecherin Sabine Hatscher. Dazu gehörten der St. Petri Dom und Unser Lieben Frauen. Die Große Kirche in Bremerhaven biete auch sanitäre Anlagen für Besucher. "Klar ist: In unseren Kirchen wird niemand weggeschickt, nur weil sein Erscheinungsbild jemandem nicht gefällt", betont die BEK-Sprecherin.
Wie jeder Einzelne helfen kann
Auch Karin Stelljes sieht großen Bedarf für mehr Unterstützung und Anlaufstellen: "In der Regel sind diese Menschen 24 Stunden an 365 Tagen im Jahr den Witterungen ausgesetzt, im Winter der Kälte, im Sommer der Hitze." Stelljes ist Teamleiterin des Kältebusses der Johanniter, der wegen einer fehlenden Sondererlaubnis nicht mehr vor dem Hauptbahnhof stehen darf. Im Sommer würden auch kühle Getränke ausgegeben. "Wir haben immer bis zu 250 Tetrapaks mitgenommen, die waren jedes Mal weg", berichtet sie. Stelljes sieht mehr Bedarf für Trinkwasserspender, vor allem auch am Hauptbahnhof. Aber auch jeder Einzelne könne Menschen auf der Straße helfen: "Indem man etwa Wasser oder andere Getränke anbietet und kauft. Möglichst noch in einer Pfandflasche, dann hilft man doppelt", sagt sie.