Mehr als 100 der 134 Apotheken im Lande Bremen sind nach Angaben des Bremer Apothekerverbandes an diesem Mittwoch geschlossen geblieben. Damit protestieren die Pharmazeuten gegen die ihrer Ansicht nach unzureichende Honorierung ihrer Arbeit. Vor allem zwei aktuelle Regelungen stören die Pharmazeuten: Die seit zehn Jahre unveränderte fixe Vergütung je Arzneimittel von 8,35 Euro sowie die sogenannte Null-Retaxation.
Bei Ersterem fordert die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände eine Erhöhung auf zwölf Euro, bei Letzterem geht es die vollständige Abschaffung. Null-Retaxation bedeutet, dass die Krankenkassen der Apotheke die Bezahlung eines ausgegebenen Medikaments verweigert, weil es Fehler im Rezept gibt. Dafür genügen auch kleine, vom ausstellenden Arzt verursachte Formfehler wie zum Beispiel vergessene Vornamen oder falsche Kennnummern des Arztes für die Abrechnung. Thomas Real, Inhaber der Raths Apotheke und im Vorstand des Bremer Apothekerverbands, berichtet von Fällen, in denen einer Apotheke die Erstattung 20.000 Euro teurer Krebsmedikamente deswegen verweigert wurden. "Das geht an die wirtschaftliche Substanz eines Betriebs", sagt er.
Gleiches gelte auf Dauer auch bei der fixen Vergütung. Die jetzt geforderte Anhebung entspricht laut Real nicht einmal dem Inflationsausgleich der zurückliegenden zehn Jahre. Die Folge solcher ausbleibenden Anpassungen sei ein kontinuierliches Apothekensterben. Weil das notwendige Fachpersonal angesichts der zementierten Honorare nicht so gut bezahlt werden könne, wie es sollte, werde zudem der Fachkräftemangel weiter verstärkt.
"Wir sind in Bremen aktuell wieder beim Versorgungsgrad von Mitte der siebziger Jahre", rechnet Isabel Justus von der Apothekerkammer vor. Es gebe gut 50 Apotheken weniger als vor 15 Jahren. Eine Apotheke versorgt demnach in Bremen im Schnitt 4700 Bewohner, der bundesweite Durchschnitt liege bei 3500. "Weil in einer Stadt der Weg zur nächsten Apotheke nie weit ist, bemerkt man das vielleicht noch nicht so", sagt Real. Ganz anders sehe das in ländlichen Regionen aus.
Gleichzeitig stehe man vor der Herausforderung, den wachsenden Bedarf einer älter werdenden Bevölkerung zu bewältigen. "Die Versandapotheke ist für die Akutversorgung jedenfalls keine Lösung", ist sich Real sicher. Sie könne auch nicht leisten, was viele Apotheker derzeit angesichts der Versorgungsengpässe bei vielen Medikamenten tun, nämlich Importe zu organisieren und die ausländischen Präparate für den Patienten anzupassen oder vollständig eigenen Ersatz herzustellen. "Das tun die Kollegen aktuell übrigens ohne entsprechende Extra-Vergütung", sagt Real. Der Apothekerverband fordert daher einen sogenannten Engpassausgleich sowie insgesamt den Abbau einer überbordenden Bürokratie. Die Apotheken benötigten mehr Handlungsfreiheit für eine bessere und schnellere Patientenversorgung.