Das Land Berlin will eine neue bundesweite Regelung gegen illegale Autorennen durchsetzen: Demnach sollen Fahranfänger keine hochmotorisierten Sportwagen mehr mieten dürfen. Das hat der Berliner Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) angekündigt. Er denkt an ein zivilrechtliches Verbot, bei dem Autovermieter ihr Gewerbe oder Schadenersatzforderungen riskieren, wenn sie sich darüber hinwegsetzen.
Laut Bremer Polizei wird das Merkmal Leihwagen bei entsprechenden Strafanzeigen nicht erfasst. „Unsere Erfahrungen zeigen aber, dass es nicht selten vorkommt, dass Fahrerinnen und Fahrer in geliehenen Autos zu schnell unterwegs sind“, sagt Sprecher Nils Matthiesen. Das gilt etwa für einen schweren Unfall am 11. Mai in der Vahr, bei dem die Polizei wegen eines verbotenen Autorennens ermittelt. Ein 21-Jähriger kam mit einem geliehenen BMW M5 auf der Ludwig-Roselius-Allee bei hoher Geschwindigkeit von der Fahrbahn ab und schleuderte gegen drei Bäume. Der Fahrer wurde schwer, sein 19-jähriger Beifahrer lebensgefährlich verletzt.
An diesem Dienstag beendete die Polizei ein nach ihrer Einschätzung illegales Autorennen auf der Wilhelm-Kaisen-Brücke. Die Einsatzkräfte konnten dabei einen geliehenen 250 PS starken Mercedes stoppen und den Führerschein einer 23-Jährigen einziehen. „Das ist aber die Ausnahme“, sagt Matthiesen. Überwiegend bestimmten junge Männer bis etwa 35 Jahren die sogenannte Raser- und Poser-Szene.
2017 wurde aufgrund einer von Bremen mitgetragenen Gesetzesinitiative Rasen unter bestimmten Umständen als Straftat eingestuft. Darunter fallen neben illegalen Rennen auch Einzelfahrer, die sich grob verkehrswidrig und rücksichtslos verhalten, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen sowie Fluchtfahrten vor der Polizei. Im Jahr 2019 registrierte die Polizei in neun Bundesländern rund 1900 entsprechende Fälle, Tendenz steigend. Berlin liegt mit 390 Einträgen auf Platz zwei der Statistik. In Bremen wurden 22 Strafverfahren im Jahr 2019 und 24 im darauffolgenden Jahr aufgenommen. Nicht alle Länder erfassen diese Fälle. Für Hamburg und Niedersachsen gibt es beispielsweise keine Statistik.
Fahrzeug durchgehend per GPS überwacht
Autovermieter bewerten die Initiative skeptisch. Autovermieter Sixt verweist darauf, dass hochmotorisierte Sportfahrzeuge erst ab einem Mindestalter von 25 Jahren angemietet werden können. Limousinen, die ebenfalls mit über 250 PS ausgestattet sind und bis zu 250 Kilometer pro Stunde Höchstgeschwindigkeit ermöglichen, gibt es mit Preisaufschlägen ab 21 Jahren.
Das auf den Verleih von Luxus- und Sportfahrzeugen spezialisierte Oldenburger Unternehmen Luxusschlitten ruft für ausgewählte Modelle ein Mindestalter von 23 Jahren sowie wenigstens zwei Jahre Führerscheinbesitz auf. Dazu zählt ein Lamborghini Aventador mit 700 PS und 350 Stundenkilometern Höchstgeschwindigkeit. „Jeder Kunde unterschreibt die Erlaubnis, dass wir das Fahrzeug durchgehend per GPS überwachen“, sagt Sebastian Park, der den Verleih abwickelt. Das sei bei Fahrzeugen dieser Preisklasse bei allen Anbietern obligatorisch.
Neben dem Standort des Fahrzeugs werde die Geschwindigkeit registriert. „Unser System ist so eingestellt, dass wir automatisch Mitteilungen erhalten, wenn bestimmte Grenzwerte überschritten werden“, sagt Park. Allerdings lässt er offen, wo diese Werte liegen und ob das Unternehmen diese Geschwindigkeitsüberschreitungen an die Behörden meldet. „Das System dient in erster Linie der Beweissicherung, wenn uns als Halter Bußgeldbescheide der Polizei erreichen sollten.“
Der Bremer Verkehrspsychologe Thomas Pirke weist darauf hin, dass junge Fahrer eine höhere Risikobereitschaft zeigen. „Die Verhaltensmuster eines Menschen wirken sich prinzipiell auch auf seine Fahrweise aus.“ Rivalitätsdenken und ein hohes Aggressionspotenzial sorgten bei jungen Männern für den Tritt aufs Gaspedal. „Es ist ein langer Weg, solche Muster zu durchbrechen“, sagt der Psychologe. Er berät seit 20 Jahren Menschen, deren Fahreignung mit einer medizinisch-psychologischen Untersuchung überprüft wird.
Details zu der Bundesratsinitiative sind offen. Sie ist nicht mit anderen Bundesländern erörtert worden und auch der Berliner rot-rot-grüne Senat hat nicht abschließend beraten. Im Bremer Innenressort sind Überlegungen in dieser Richtung bislang nicht angestellt worden. „Uns ist nicht bekannt, ob Leihwagen bei illegalen Autorennen eine besondere Rolle spielen“, sagt Sprecherin Rose Gerdts-Schiffler.