Herr Strohmann, Sie haben mehreren CDU-Landesvorsitzenden als Geschäftsführer gedient, jetzt sind Sie selbst Chef. Wie fühlt sich das an?
Heiko Strohmann: Aufregend. Eine neue Erfahrung.
Ihre 78,9 Prozent Zustimmung auf dem Parteitag sind aber kein Traumstart. Es gibt einen harten Kern von Strohmann-Gegnern. Gehen Sie jetzt auf die zu?
Ja, natürlich. In einigen Fällen sind es ja auch nicht meine persönlichen Gegner, sondern Parteifreunde, die es lieber gesehen hätten, wenn Jens Eckhoff Landesvorsitzender geworden wäre. Das ist auch völlig legitim, aber es konnte nur einer Vorsitzender werden. Ich werde mich jetzt bemühen, schnell zur Sacharbeit überzugehen und damit diejenigen zu überzeugen, die mir jetzt noch kritisch gegenüberstehen.
Bei der Bürgerschaftswahl im Mai fiel die CDU auf 26,9 Prozent zurück, trotz eines populären Spitzenkandidaten. Sie sind derzeit weit davon entfernt, Regierungsverantwortung beanspruchen zu können. Was muss sich ändern in der Bremer CDU?
Inhaltlich sind wir aus meiner Sicht gut positioniert. Allerdings: Positionspapiere zu erarbeiten ist das eine, die Botschaften auf die Straße zu bringen das andere. Wir müssen direkter mit den Menschen kommunizieren. Nichts gegen Zeitungen und Fernsehen, aber was dabei rüberkommt, ist immer irgendwie gefiltert. Wir brauchen deshalb den unmittelbaren Dialog mit den Menschen.
Wie genau wollen Sie das anstellen?
Unter anderem dadurch, dass die Abgeordneten in unseren beiden Städten präsenter sind als bisher. Gute Reden in der Bürgerschaft zu halten ist wichtig, aber die Arbeit vor Ort ist es genauso. Es wird meine Aufgabe als Vorsitzender sein, dies zu vermitteln. Wir müssen damit jetzt anfangen.
Der rot-grün-rote Senat bietet ja eigentlich genügend Angriffsflächen, etwa bei der inneren Sicherheit oder in der Verkehrspolitik. Warum gelingt es der Bremer CDU bisher nicht, hieraus wirklich Kapital zu schlagen – anders als in Berlin, wo Ihre Partei inzwischen den Regierenden Bürgermeister stellt.
Wir müssen den Mut haben, kontroverser aufzutreten. Wir sind manchmal zu nett und zu konsensorientiert. Wir müssen – wenn es sein muss – auch mal gröber werden und einen Shitstorm aushalten.
Auf welchen Gebieten wollen Sie die Konfrontation mit der Koalition suchen?
Die Innere Sicherheit ist in Bremen ein massives Problem. Wir müssen die Defizite – und wer sie zu verantworten hat – noch deutlicher benennen. Mit unserer stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Wiebke Winter haben wir auch jemanden, der eine deutliche Sprache sprechen kann. Das Thema Migration wird ebenfalls wichtig. Wir müssen deutlich artikulieren, dass und wie wir die Zuwanderung begrenzen wollen und was wir von denen erwarten, die bereits hier sind. Ein weiterer Punkt ist die öffentliche Infrastruktur. Wir haben hier mit der BSAG ein stadteigenes Nahverkehrsunternehmen, das fast vor dem Kollaps steht. Die Grünen spinnen davon rum, Elektrobusse für Hunderte Millionen Euro zu kaufen. Aber was nützen uns Elektrobusse, wenn wir keine Fahrer haben?
Es ist noch gar nicht so lange her, dass Sie als verkehrspolitischer Sprecher der CDU einen auffälligen Schmusekurs mit den Grünen gefahren haben. Das klingt jetzt anders. Auf Ihrem Parteitag am Montagabend behaupteten Sie sogar, die Grünen zerstörten mit ihrer Politik das Vertrauen in die Demokratie. Warum plötzlich dieser Furor?
Wir haben unsere Verkehrspolitik vor einigen Jahren nicht neu ausgerichtet, weil wir uns den Grünen andienen wollten, sondern weil auch CDU-Wähler Fahrrad fahren und den ÖPNV nutzen. Allein mit dem Auto kommen wir nicht mehr klar, denn wir ertrinken in der schieren Masse von Autos. Das muss man so deutlich aussprechen. Aber über den Wandel reden wir nicht nur. Wir hätten ihn praktiziert, wenn wir nach 2007 in der Regierung geblieben wären. Mit uns gäbe es die Straßenbahnverlängerungen in Huchting, Osterholz und nach Grambke längst. Wir müssen Angebote schaffen, damit die Leute auch umsteigen. Das ist eben das große Versagen der Grünen: Sie reden viel über das Klima, aber in der Umsetzung ist ihre Bilanz eine Katastrophe.
Wenn Sie sagen: Die Grünen zerstören das Vertrauen in die Demokratie – ist das der neue Ton der CDU, an den sich das Publikum gewöhnen muss?
Ja, weil es sich im konkreten Fall um eine Tatsachenbeschreibung handelt. Es gab in den vergangenen Monaten in Deutschland zigtausende Haushalte, die sich eigentlich schon für eine ökologische Erneuerung ihrer Heizungen entschieden hatten, aber durch die Eierei um das Heizungsgesetz dann so frustriert waren, dass sie sich doch noch für eine neue fossile Heizung entschieden haben. So ein gesetzgeberisches Versagen ist brandgefährlich, es erschüttert das Vertrauen in die Demokratie.
Wenn Sie von den Grünen so enttäuscht sind: Was bleibt Ihnen für die Wahl 2027 als Alternative? Juniorpartner der SPD?
Ich denke nicht in Koalitionen. Erst mal müssen wir an uns denken und den Menschen selbstbewusst sagen, was wir als CDU wollen. Bei der Wahl zeigt sich dann, wie viel Unterstützung wir dafür erhalten. Wenn letztlich eine Koalition mit unserer Beteiligung dabei herauskommt, ist das gut, und wenn nicht, ist es halt schade für die CDU und für das Land. Unter meiner Führung werden wir keine taktischen Spielchen machen, um einem möglichen Partner zu gefallen.
Ein Wort noch zum Bündnis Deutschland (BD), ihrer rechtskonservativen Konkurrenz in der Opposition. Rot-Grün-Rot behandelt diese Gruppierung als Aussätzige, kaum anders als die AfD in der vergangenen Wahlperiode. Das Verhältnis der CDU zu Bündnis Deutschland ist bisher nicht wirklich klar.
Wir haben uns zunächst tatsächlich eher bedeckt gehalten, weil wir abwarten wollten, wie die sich entwickeln. Bisher muss ich aber nichts Negatives feststellen. Man kann dem BD-Fraktionsvorsitzenden Jan Timke wirklich nicht nachsagen, dass er rechtsextremes Gedankengut vertritt oder in seiner Partei auch nur duldet.
Sie wären also dafür, Bündnis Deutschland als ganz normalen politischen Mitbewerber zu behandeln?
Ja, das kann man so sagen. Ich neige dazu, diese Gruppierung so zu behandeln, wie wir es mit der Linken getan haben, als sie 2007 ins Parlament kam. Die Linke will ja auch nicht die Demokratie abschaffen und durch die Diktatur des Proletariats ersetzen. Bei Bündnis Deutschland sehe ich ebenso wenig, dass sie Demokratie und Rechtsstaat beseitigen wollen. Grundsätzlich haben wir als CDU beschlossen, die Reden und Positionen von Bündnis Deutschland weiter zu beobachten, und dabei bleibt es auch in nächster Zeit.