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Bürgerschaft prüft Bremer Landesbank Interview mit SPD-Abgeordnetem Arno Gottschalk

Die Bremische Bürgerschaft bekommt ein neues ständiges Gremium, das insbesondere angesichts der Querelen um die BLB große Bedeutung erlangen könnte. Warum, erklärt Arno Gottschalk im Interview.
22.06.2016, 00:00 Uhr
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Interview mit SPD-Abgeordnetem Arno Gottschalk
Von Jürgen Hinrichs

Die Bremische Bürgerschaft bekommt ein neues ständiges Gremium, das insbesondere angesichts der Querelen um die BLB große Bedeutung erlangen könnte. Warum, erklärt Bürgerschaftsabgeordneter Arno Gottschalk im Interview.

Herr Gottschalk, schade, Sie kommen zu spät.

Arno Gottschalk: Wie meinen Sie das?

Mit einem Controlling-Ausschuss wäre die Schieflage der Bremer Landesbank (BLB) vielleicht schneller erkannt worden. Die Folgen wären nicht so dramatisch.

Da erwarten Sie glaube ich zu viel von dem neuen Gremium. Wir werden uns in Zukunft die Jahresabschlüsse, Wirtschaftspläne und Aufsichtsratsprotokolle der Unternehmen ansehen, an denen Bremen beteiligt ist. Wir schauen auch auf die aktuelle Entwicklung und werden das demnächst bei der BLB tun. Aber natürlich kann das nicht so weit gehen, dass wir uns in die Geschäfte einmischen. Die sind allein Sache des Vorstands.

Gesetzt den Fall, es hätte den Ausschuss bereits gegeben: Wo hätten Sie im Zusammenhang mit der BLB zumindest mal Bedenken angemeldet?

Sicherlich bei dem hohen Risiko der Schiffsfinanzierungen. Aber das hat die BLB selbst ja auch so gesehen. Interessiert hätte uns, in welchem Maße Abschreibungen vorgenommen wurden, denn die gab es sehr wohl, und welche Absicherungen vorgenommen wurden. Oder nehmen Sie die Beteiligungen der BLB an bremischen Unternehmen wie der Gewoba oder der BLG. Um welche Werte handelt es sich dabei genau? Das wird zum Beispiel gleich zu Anfang unserer Arbeit auf der Agenda sein.

Gelangt ein Controlling-Ausschuss in so einem Fall möglicherweise auch an einen Punkt, den Bremen gerne auslässt: Wer trägt Verantwortung für den Schlammassel?

Möglicherweise, ja. Bei der BLB müssen Sie aber sehen, dass die meisten Risiken in den Jahren entstanden sind, als Bremen mit sieben Prozent nur minimal an der Bank beteiligt war. Die klare Mehrheit lag bei Niedersachsen und ihrer NordLB. Oben sticht unten, so ist das nun mal. Hätte man sich früher von den faulen Schiffskrediten getrennt, wären Verluste entstanden, die vor allem zulasten der NordLB gegangen wären. Sie hätte Schwierigkeiten bekommen, gegenüber der EZB genügend Eigenkapital darzustellen.

Also ließ man’s lieber laufen.

Ja, so kann man das sehen. Allerdings hat niemand mit einer so lange anhaltenden Krise gerechnet. Die Vorstellung war: Irgendwann wird der Markt schon wieder an­springen. Zudem hat es sicherlich eine Rolle gespielt, dass man Rücksicht auf die ­Reeder nehmen wollte. Sie sind wichtig für die regionale Wirtschaft und den Arbeitsmarkt.

War die BLB also nichts weiter als ein Erfüllungsgehilfe dieser Politik? Haben die Bremer im Aufsichtsrat sie still geduldet, allen voran die Vorsitzende, Bremens Finanzsenatorin Karoline Linnert?

Davon gehe ich nicht aus. Vielleicht kannte der Vorstand die wahre Lage. Oder sie ist in ihrem vollen Ausmaß gar nicht deutlich geworden, weil die Bewertungssysteme versagt haben. Fakt ist, dass nicht der Aufsichtsrat die „Und natürlich fällt er seine Entscheidungen in der Regel so, dass sie vor allem dem Mehrheitseigner zupass kommen.

Im Vorstand der BLB sitzt mit Björn Nullmeyer ein Mann, der vorher als Abteilungsleiter auch für die Schiffsfinanzierung zuständig war. Vorstandschef Stephan-Andreas Kaulvers räumt selbst ein, dass die BLB in den Jahren zwischen 2003 und 2006 zu viele Schiffe ins Portfolio genommen hat, unter anderem übrigens von Niels Stolberg und seiner früheren Beluga-Reederei. Noch einmal: Soll das ohne Konsequenzen bleiben?

Sehen Sie’s mir nach, aber diese möglichen personellen Zusammenhänge kann ich nicht beurteilen, weil ich kein Insider bin.

Herr Kaulvers hat in einem Interview mit dem WESER-KURIER auf seine Rolle als angestellter Manager verwiesen. Er habe zwar eine eigene Meinung, über die Zukunft der BLB müssten aber die Träger entscheiden, also Bremen und Niedersachsen. Macht er es sich zu einfach?

Formal hat er natürlich recht, aber Ihre Frage berührt ein grundsätzliches Problem. Manager sind verantwortlich, tragen aber nicht das Risiko. Sie bekommen hohe Gehälter und sind gut abgesichert, wenn es für sie mal schiefgeht.

Die FDP in der Bremischen Bürgerschaft fordert einen Untersuchungsausschuss zu den Vorgängen bei der BLB. Eine Arbeit, die unter Ihrem Vorsitz jetzt auch der neue Controlling-Ausschuss leisten könnte.

Na ja, da gibt es schon noch Unterschiede. Wir können zwar jemanden vorladen, Vorstände zum Beispiel. Wir können sie aber nicht vereidigen lassen und auch keine Sanktionen verhängen. Als ständiger Ausschuss sind wir dafür aber nicht so stark in der Gefahr, politisch instrumentalisiert zu werden.

Und welche Macht werden Sie haben?

Keine unmittelbare. Es wird mehr darum ­gehen, Diskussionsräume zu erschließen, um darüber zu einem besseren Verständnis und besserer Kontrolle bei den mehr als 60 bremischen Beteiligungen an Unternehmen zu kommen. So können Risiken früher ­erkannt werden und wir retten möglicherweise das Kind, bevor es in den Brunnen fällt.

Arno Gottschalk ist 1956 in Hessen geboren. Ab 1995 hat der Diplom-Ökonom bei der Verbraucherzentrale Bremen gearbeitet. Seit 2011 ist er Abgeordneter in der Bremischen Bürgerschaft. Er ist verheiratet und hat eine Tochter.

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