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Karstadt vor dem Aus Eine Institution in der Obernstraße

Das Bremer Warenhaus war zeitweise das größte und umsatzstärkste im gesamten Karstadt-Konzern. Auch als es am heutigen Standort gebaut wurde, war es bereits ein Politikum für die Innentadtentwicklung.
14.03.2023, 05:00 Uhr
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Eine Institution in der Obernstraße
Von Timo Thalmann

Als Karstadt am 26. Februar 1932 sein Kaufhaus an der Obernstraße eröffnete, hatte das Unternehmen bereits sein 50-jähriges Jubiläum feiern können. Im Jahr 1881 hatte Rudolph Karstadt sein erstes Ladengeschäft in Wismar eröffnet, im Alter von 25 Jahren. Nach Bremen kam er 1902, wenn auch nicht mit einer Neugründung. Er übernahm ein bereits vorhandenes „Manufaktur- und Modegeschäft“ an der Ecke Söge- und Pelzerstraße, dort wo heute Sport-Scheck steht, das lange als Karstadt Sports firmierte. Für Karstadt war das seinerzeit ­Filiale Nummer 25.

Firmen-Übernahmen blieben Wachstumsmotor für Karstadt in Bremen. Bis 1927 wurden diverse Ladengeschäft in der Innenstadt zum Karstadt-Eigentum, „unbemerkt vom Bremer Publikum“ wie ein Abgeordneter der Zentrumspartei in einer Debatte der Bürgerschaft in dem Jahr anmerkt. Der Käufer gehe nach wie vor ins alte Spezialwarengeschäft Gottwald-Ohly, ins Möbelhaus Schütte oder ins Schuh-Geschäft Lemmermann, ohne zu wissen, dass er sein Geld zu Karstadt bringe.

Damals wie heute war die Zukunft von Karstadt in Bremen eine politische Frage, eng mit der Innenstadtentwicklung verknüpft. Anlass der Debatte seinerzeit war der geplante Bau das Warenhauses in der Obernstraße. Dafür mussten nicht nur zahlreiche ältere Häuser weichen, sondern gleich ein ganzer Straßenabschnitt der Kreyenstraße. Die ist heute daher eine kurze Verbindung von der Pelzerstraße in die Lloydpassage, ging aber vor dem Bau des Karstadt-Gebäudes noch weiter bis zur Obernstraße

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Darüber musste die Politik befinden, und so gab es im Vorfeld strittige Debatten. Von einem „Gebäude monströsen Ausmaßes“ war darin die Rede. Völkisch-Nationale Parteien betrachten das ganze Konzept der Warenhäuser als Gefahr für kleinere Händler und Handwerker, die häufig zu ihren Anhängern gehören. „Ist dem Senat bekannt, dass die Karstadt AG in Bremen einen größeren Bäckerei- und Konditorbetrieb eingerichtet hat? Ist dem Senat bekannt, dass die Einrichtung dieses Betriebes unzählige selbstständige Bäckermeister um ihre Existenz bringt?“, lauteten Anfragen an den Senat. Aber auch die Bremer Uhrmacher-Innung schrieb an den Senat und beklagte, dass „durch das Warenhaus Karstadt viele unserer Kollegen tatsächlich bittere Not leiden.“

Am 13. Juli 1928 stimmt die Bürgerschaft Karstadts Plänen zu. Das neue Warenhaus mit einer Verkaufsfläche von 13.000 Quadratmetern zählt fortan für lange Zeit zu den größten Einkaufstempeln in Deutschland. Die Zahl der Karstadt-Mitarbeiter in Bremen steigt von 300 auf 1200. Diese Entwicklung spiegelt den Aufstieg von Karstadt vom kleinen Textilhändler zum Konzern wider, der 1931 mit inzwischen 89 Filialen 200 Millionen Reichsmark umsetzt.

Am 6. Oktober 1944 wird das Gebäude durch einen Bombenangriff nahezu zerstört. Das Innenleben des Hauses brennt aus, nur die äußere Betonfassade übersteht die Flammen. Noch im gleichen Monat wird ein provisorischer Verkauf im Konzerthaus Glocke eröffnet.

Nach dem Krieg ist zunächst offen, was mit der ausgebrannten Ruine geschieht. Der Senat und Karstadt diskutieren, ob nicht städtische Behörden dort einziehen. Karstadt schlägt außerdem Versammlungsräume vor und stellt sich vor, dass die Stadt den Innenausbau bezahlt, während man selbst die Kosten für die Reparaturen an der Fassade übernimmt. Am Ende sieht der Senat von Beteiligungen am Wiederaufbau ab.

Im Juli 1947 kann das Unternehmen das Erdgeschoss wieder in Betrieb nehmen und öffnet mit zunächst 1800 Quadratmetern Verkaufsfläche. Ein Jahr später kommt das erste Stockwerk hinzu. Bis April 1952 erfolgt nach und nach der Ausbau auf 12.000 Quadratmeter Verkaufsfläche mit erneut mehr als 1000 Mitarbeitern. Karstadt feiert sein 50-jähriges Jubiläum in Bremen. Das Warenhaus ist in diesen Nachkriegsjahren das umsatzstärkste im Konzern. Mehrmals wird Karstadt Bremen danach noch um- und ausgebaut auf rund 32.000 Quadratmetern.

Die Karstadt Warenhaus AG ist 2002 der größte Warenhauskonzern Europas mit 187 Kaufhäusern. Die Firma beschäftigt damals rund 60.000 Mitarbeiter und erwirtschaftet etwa sieben Milliarden Euro Umsatz. Ab 2004 beginnt der Niedergang des Konzerns, der 2009 in einem ersten Insolvenzverfahren mündet.

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