Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Bremer Bürgerschaftswahl 2023 Andreas Bovenschulte schaltet in den Wahlkampf-Modus

Die SPD-Strategie für die Bürgerschaftswahl 2023 tritt immer klarer hervor. Die Partei setzt ganz auf den Bürgermeister. Nun muss sich zeigen, ob die CDU ein Gegenmittel findet, meint Jürgen Theiner.
21.09.2022, 05:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Andreas Bovenschulte schaltet in den Wahlkampf-Modus
Von Jürgen Theiner

Falls sich jemand in einigen Jahren die Mühe macht, die Geschichte des Bürgerschaftswahlkampfes 2023 zu schreiben, wird er den inoffiziellen Beginn wohl auf den 31. August 2022 datieren. Es war der Tag, an dem die Bremer Grünen ihr Positionspapier zur veganen Ernährungswende öffentlich machten. Ein paar Monate früher wäre Bürgermeister Andreas Bovenschulte ein solcher Vorstoß des Koalitionspartners wohl piepegal gewesen. Doch ein Dreivierteljahr vor dem Urnengang konnte der SPD-Politiker der Versuchung nicht widerstehen. Umgehend ließ er das Wahlvolk wissen: "Ich bin sehr dagegen, dass der Staat den Menschen vorschreibt, was beim Essen auf den Tisch kommt."

Bovenschultes beherzte Parteinahme für die Wurstesser, die er wohl in der Mitte der Gesellschaft verortet, entspricht ganz dem Kalkül der sozialdemokratischen Strategen. Der Bürgermeister soll als Sachwalter der Mitte wahrgenommen werden, als Kümmerer, als jemand, der die Interessen der vielen fleißigen, arbeitenden Menschen vertritt, die den Laden am Laufen halten. Und als jemand, der nahbar ist – "Bovi" eben.

Lesen Sie auch

Auf dem Parteitag der Landes-SPD gab es kürzlich einen Vorgeschmack auf diese Inszenierung. In seiner Rede beschrieb Bovenschulte vier Themenschwerpunkte für den Wahlkampf, die allesamt auf die gesellschaftliche Mitte zielen: starke Wirtschaft, soziales Miteinander, Innovation und Sicherheit/Sauberkeit. Beim Parteitag und wenige Tage später auch in seiner Regierungserklärung zur Energiekrise gab Bovenschulte zugleich den kompetenten Krisenmanager.

Der 57-Jährige weiß, dass er ein Gutteil seiner inzwischen erlangten Popularität dem soliden Handling der Pandemie verdankt. Zwar organisierte der Bürgermeister die erfolgreiche Bremer Impfkampagne nicht persönlich, er hielt auch nicht den Klinikbetrieb aufrecht. Doch die Krisenkommunikation war durch das Rathaus ganz auf ihn zugeschnitten. Die eigentlich zuständige Gesundheitssenatorin trat in den Hintergrund.

So ähnlich soll es laufen, falls sich die Energiekrise in den Wintermonaten zuspitzt. Zwar fehlt es Bovenschulte dann an einem gut gefüllten Instrumentenkasten – gegen eine Pandemie kann man auf Landesebene ankämpfen, gegen eine Energiekrise kaum. Die lässt sich nicht wegimpfen. Doch dann will Bovenschulte wenigstens den gesellschaftlichen Zusammenhalt wahren und die Menschen auf ein solidarisches Miteinander einschwören. Nicht von ungefähr ist die Bovenschulte-Werbebroschüre, von der die SPD in diesen Tagen 65.000 Exemplare in die Briefkästen stecken lässt, mit "Zeit für Zusammenhalt" überschrieben.

Lesen Sie auch

Mit ihrem treusorgenden Landesvater an der Spitze hofft die SPD, am 14. Mai die CDU wieder auf Platz zwei zu verweisen und damit die Schmach von 2019 zu tilgen, als die Sozialdemokraten ihre Stellung als führende politische Kraft verloren. Im Moment scheint das Kalkül aufzugehen. Umfragen und eigene Erhebungen signalisieren der SPD einen Stimmanteil von etwa 30 Prozent und einen Vorsprung auf die Christdemokraten. Aber keinen uneinholbaren.

Ob es im Wahlkampf spannend wird, hängt entscheidend davon ab, ob es der CDU mit ihrem Spitzenkandidaten Frank Imhoff gelingt, Anspruch und Wirklichkeit von Bovenschultes Vier-Themen-Agenda in Kontrast zu setzen. Beispiel "Starke Wirtschaft": Hat sich nicht die SPD mit der Grünen-Position abgefunden, dass kaum noch neue Gewerbegebiete erschlossen werden sollen? Beispiel "Soziales Miteinander": Ist nicht Bremen eine Stadt, in der die gesellschaftliche Spaltung in Arm und Reich besonders augenfällig ist? Beispiel "Sicherheit/Sauberkeit"? Sind die Zustände rund um den Hauptbahnhof und in manchen Quartieren nicht Lichtjahre von diesem Ziel  entfernt?

Punkte zum Einhaken gibt es also genug. Die Frage ist, ob die Opposition den Bürgermeister in den kommenden Monaten tatsächlich stellen kann oder ob das Bild vom krisenerprobten Bürgermeister, der das Land durch schwierige Zeiten führt, beim Publikum verfängt. Die Antwort entscheidet über den Ausgang der Wahl.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)