Alle 24 öffentlichen Flächen, die die Stadt an Carsharing-Betreiber vermietet, werden bisher nur von einem einzigen Anbieter vermietet: Cambio. Das kritisieren jetzt die Bremer Oppositionsparteien.
Die FDP wirft dem Senat Wettbewerbsverzerrung vor und fordert in einem aktuellen Antrag an die Stadtbürgerschaft ein Konzept für mehr Vielfalt im städtischen Carsharing-Markt. Ähnlich wie die Liberalen sehen das auch Vertreter der CDU und der Linken. Der Senat hätte sich zwar vor einigen Jahren in einem Aktionsplan dazu verpflichtet Carsharing zu fördern, de facto würde aber nur ein Anbieter davon profitieren.
„Cambio hat in Bremen nahezu keine Konkurrenz und einen Marktanteil von etwa 90 Prozent“, sagt FDP-Fraktionschefin Lencke Steiner. Alternativ-Betreiber wie Flinkster oder der Elektroautoanbieter Move About würden lediglich über private Stellplätze am Rande der Stadt verfügen. „Die Stadt muss mehr Flächen schaffen, nicht nur in der Innenstadt oder im Viertel, sondern auch in Walle oder Findorff“, sagt Heiko Strohmann, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. „Außerdem sollte die Stadt auf andere Anbieter zugehen.“
Die FDP bemängelt vor allem das Vergabeverfahren für die öffentlichen Flächen, den sogenannten Mobilpunkten- und Pünktchen, für die Betreiber das Umweltsiegel „Blauer Engel für Carsharing“ erbringen müssen. Das Umweltsiegel fordert dafür unter anderem die Einhaltung bestimmter Emissionsgrenzen. Ebenso verlangt es, dass ein Carsharing-Auto mindestens sechs genutzte Pkw ersetzten muss.
Nach Angaben der Verkehrsbehörde konnte bisher nur Cambio diese Voraussetzungen erfüllen. Für die Liberalen ein klares Zeichen dafür, dass die geforderten Werte für das Siegel von anderen Anbietern kaum zu bewältigen seien. „Die Konkurrenz-Anbieter sollen diese Nachweise schon erbringen, bevor sie überhaupt Flächen in guter Lage nutzen durften. Das stellt sie vor enorme Herausforderungen“, sagt Steiner.
Bremen will 15 neue Mobilpunkte schaffen
An dem Vergabeverfahren wolle man auch in Zukunft festhalten, sagt Michael Glotz-Richter, Referent für nachhaltige Mobilität in der Verkehrsbehörde. Außerdem sei man Anbietern von reinen Elektroautoflotten bereits entgegengekommen.“Im kommenden Jahr will die Stadt etwa zehn bis 15 neue Mobilpunkte schaffen, dieses Mal soll auch Move About berücksichtigt werden, die mittlerweile auch über den "Blauen Engel" verfügen. Das bestätigt auch der Elektroauto-Anbieter selbst. Die Zusammenarbeit mit der Stadt habe sich in letzter Zeit deutlich verbessert.
Dass die öffentlichen Flächen bisher nur von Cambio genutzt werden, sieht Glotz-Richter auch darin begründet, dass andere Anbieter gar nicht unbedingt in den Bremer Markt vorstoßen wollen. Die Behörde will nun bis Sommer kommenden Jahres prüfen, ob es überhaupt Interesse von anderen Carsharing-Betreibern gibt. „Car2go“, ein Carsharing-Anbieter des Automobilherstellers Daimler sowie des Mietwagenunternehmens Europcar betreibt in anderen deutschen Großstädten ein flexibleres Carsharing-Modell, dass viele auch gerne in Bremen sehen würden.
Doch der Betreiber hat unabhängig von dem Vergabeverfahren der Stadt gar kein Interesse an dem Bremer Standort. „Für uns ist das nachhaltige Bewirtschaften einer Stadt erst ab circa einer Million Einwohner möglich. Aktuell erfüllt die Stadt Bremen dieses Kriterium nicht“, heißt es auf Anfrage des WESER-KURIER.
Cambio fühlt sich nicht bevorzugt
Cambio selbst fühlt sich nicht von der Stadt bevorzugt. Die öffentlichen Stellflächen würden nur etwa ein Drittel ihres Angebots ausmachen – insgesamt betreibt Cambio im Land Bremen derzeit 261 Autos, die zum Teil auf privat angemieteten Parkplätzen stehen. „Wir sind sehr wohl offen für andere Anbieter, das belebt den Markt“, sagt Joachim Schwarz, Geschäftsführer bei Cambio.
Allerdings hält auch er an die Vergaberegelung für die öffentlichen Plätze fest. Cambio ersetzt aktuell mit einem Carsharing-Auto 15 genutzte Pkws und liegt damit deutlich über dem geforderten Wert. Schwarz selbst sieht die Vormachtstellung seines Unternehmens auch historisch begründet. „Wir waren die Ersten in Bremen und machen das auch schon seit 25 Jahren“, sagt er.
Nach einer Statistik des Bundesverband Carsharing aus dem Jahr 2015 kommen auf Bremen je 1000 Einwohner 0,39 Carsharing-Fahrzeuge, in Städten wie Münster (0,49), Osnabrück (0,56) oder Hannover (0,71) liegt der Wert etwas höher. Aktuell gibt es nach Angaben der Verkehrsbehörde mehr als 12.000 Carsharing-Nutzer in Bremen. Bis zum Jahr 2020 hat sich der Senat zum Ziel gesetzt, 20.000 Fahrer zu gewinnen.