Wird es zukünftig in Bremen keine Wettbüros mehr geben? Bis diese Frage endgültig beantwortet ist, werden voraussichtlich noch Wochen und Monate vergehen. Zumindest vorerst haben die Betreiber ihre Läden geschlossen – das sei nun auch der Kenntnisstand der Innenbehörde, bestätigte Ressortsprecherin Rose Gerdts-Schiffler am Dienstagnachmittag. Wie berichtet, hat die Behörde von Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) jüngst alle 32 Anträge für den Betrieb der bisher geduldeten Wettbüros abgelehnt. Als Begründung führt die Behörde an, dass die Betreiber die Herkunft des Geldes zum Betrieb der Spielstätten nicht nachgewiesen hätten.
Verband beklagt fehlende Anhörung
Darauf reagiert nun abermals der Deutsche Sportwettenverband (DSWV), der bereits Klagen gegen die Ablehnung angekündigt hat. DSWV-Präsident Mathias Dahms betont im Gespräch mit dem WESER-KURIER, dass nicht die vergleichsweise strenge Bremer Sonderregel das Problem sei – Bremen ist das einzige Bundesland, das einen Finanzierungsnachweis für die einzelnen Betreiber einfordert.
Der DSWV-Chef kritisiert vielmehr das Verhalten der Innenbehörde im Genehmigungsverfahren. Bei den strittigen Fragen geht es mitunter um Details, die letztlich auch die Gerichte beschäftigen könnten. Klar ist: Die Bremer Innenbehörde hat zwei Schreiben an die Wettanbieter versandt, in denen sie Unterlagen zur Herkunft der Gelder anforderte, mit denen die Geschäfte betrieben werden – das erste im Oktober 2021, das zweite im Dezember 2021. Auszüge der Schreiben liegen dem WESER-KURIER vor.
Nach dem ersten Aufruf sei nicht viel gekommen, so Hilke Hülsmann, Glücksspielreferentin der Bremer Innenbehörde. Im zweiten Schreiben präzisierte die Behörde ihre Anforderungen, verlangte unter anderem "Überweisungsträger, die den Zu- oder Abfluss der Mittel nachweisen". Dahms sieht es so: Die Wettanbieter hätten eingereicht, was vorhanden und gefordert gewesen sei. Das zweite Schreiben habe die Anforderungen dann "ganz erheblich erweitert", sei also keine reine Erinnerung an die laut Behörde unwilligen Wettanbieter gewesen. "Das war aber nicht weiter schlimm", so Dahms.
Die Anbieter hätten erneut alle geforderten Unterlagen – sofern vorhanden – eingereicht. Außerdem habe man die Behörde gebeten, sich zu melden, falls Dokumente fehlen sollten. Das sei allerdings nicht geschehen. Laut Dahms habe es zum Aspekt der Geldwäsche, auf die die Bremer Sonderregel abzielt, keine weiteren Rückfragen gegeben. "Da die Aufforderung hinreichend konkret war, wurden die Anforderungen nicht erneut erläutert", erklärt Gerdts-Schiffler. Ohne weitere Ankündigung oder Anhörungsverfahren seien im Juli 2022 dann zeitgleich und pauschal 32 Ablehnungsbescheide verschickt worden, sagt Dahms. "Einen normalen verwaltungsrechtlichen Vorgang, bei dem einer Ablehnung ein Anhörungsverfahren vorgeschaltet ist, hat es nicht gegeben."
Dass die Behörde alle 32 Anträge abgelehnt hat, wertet der DSWV-Präsident als deutliches Indiz, dass Mäurer politische Ziele verfolge. "32 von 32 Anträgen sind nachhaltig mangelhaft? Das hat es noch nie gegeben. In allen anderen Bundesländern haben die Veranstalter auch die Erlaubnis für ihre Wettbüros bekommen", sagt Dahms. Der Verband gehe davon aus, dass alle Wettveranstalter und ihre Geschäftspartner gleichlautende Schreiben erhalten haben. "Der Behörde ist auch das Missgeschick unterlaufen, dass sie in den Formschreiben zwar die Adressfelder ausgetauscht hat, aber die Anrede teilweise nicht", so Dahms. Die Innenbehörde bestätigt, dass im Wesentlichen einheitlich kommuniziert wurde. Laut Gerdts-Schiffler wurden allerdings einige Anträge schon vorab beschieden – vorgezogen worden seien "mehrere dringende und sehr eindeutige Fälle".
Dass die Behörde seiner Meinung nach nicht sauber gearbeitet hat, macht Dahms auch daran fest, dass nicht zwischen Wettbüros im Eigenbetrieb – also direkt von Anbietern wie Tipico oder Happybet betrieben – und Franchisepartnern unterschieden worden sei. So habe die Innenbehörde von einem Eigenbetrieb Dokumente angefordert, zum Beispiel Überweisungsbelege, die es wegen der Konzernstruktur gar nicht geben könne. "Das hätte man leicht feststellen können", sagt Dahms. Dem Innenressort zufolge wird bei der Beurteilung nicht zwischen verschiedenen Arten von Wettbüros unterschieden.
Keine konkreten Geldwäsche-Verdachtsfälle
Dahms' Kritik richtet sich gegen den Eindruck, den der Bremer Innensenator mit seinem Vorstoß vermittele. "Er lässt es so wirken, als seien die Wettveranstalter Teil einer gigantischen Geldwäscheproblematik. Das ist natürlich nicht so. Wenn Herr Mäurer als Innensenator zu der Auffassung gekommen wäre, dass es in Bremen konkrete Verdachtsfälle in Bezug auf Geldwäsche gibt, hätte er längst aktiv werden und sogar von Amts wegen Ermittlungen aufnehmen müssen", sagt Dahms. Auf Nachfrage erklärt die Innenbehörde, dass der Glücksspielaufsicht keine konkreten Geldwäsche-Verdachtsfälle bekannt seien.
Was in Bremen passiere, sei eine "Rufschädigung für die ganze Branche". Wettveranstalter und Vermittler seien gezwungen, sich gerichtlich dagegen zu wehren. Dahms hofft laut eigener Aussage auf eine schnelle Klärung, rechnet aber damit, dass sich der Rechtsstreit durch mehrere Instanzen zieht. "Sinnvoll wäre es, wenn die Stadt zunächst einmal Duldungen ausspricht, damit der Betrieb in den Wettbüros weitergehen kann, solange es noch kein Urteil gibt", sagt Dahms. Eine Duldung sei keine Option, heißt es aus der Innenbehörde. Für Dahms ist damit klar: Sollte ein Gericht irgendwann für die Wettanbieter entscheiden, könnten diese für den Verdienstausfall auf Schadenersatz klagen.