Geahnt hatte Marco Lübke das Ergebnis schon längst. Nun aber hat der innenpolitische Sprecher der CDU es sozusagen schwarz auf weiß: Die Antwort auf die Frage, was mit Straftätern passiert, die durch Delikte wie Diebstahl, Straßenraub oder auch Körperverletzungen in die Fänge von Polizei und Justiz geraten, fällt ernüchternd aus. "Viel passiert da nicht", sagt Lübke, nachdem er entsprechende Informationen der Innenbehörde ausgewertet hat. "Das ist nicht die Antwort eines Rechtsstaates, die ich bei solchen Fällen eigentlich erwarte."
Seit mehreren Monaten nutzt Lübke die Fragestunde der Bürgerschaft, um sich bei der Innenbehörde nach dem Ausgang diverser Verfahren zu erkundigen. Dabei handelt es sich in der Regel um vergleichsweise niederschwellige Delikte, über die die Polizei zuvor in Meldungen berichtet hatte. Insgesamt 36 Fälle hinterfragte Lübke in den Monaten Oktober, November und Dezember. Die Antworten der Innenbehörde hat er nun zusammengefasst.
Ein Großteil der Fälle, nach denen er sich erkundigt hatte, wurde eingestellt. Sechs von zehn Verfahren seiner Anfrage von Oktober, 41 von 46 vom November, zehn von 19 vom Dezember. Die Einstellungen erfolgten in der Regel, weil kein Tatverdächtiger ermittelt werden konnte oder mangels hinreichenden Tatverdachts gegen den oder die Beschuldigten. Fünf Verurteilungen und ein Freispruch standen ebenfalls zu Buche, in elf Verfahren waren die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen.
Signal für Intensivtäter
Einen weiteren Aspekt hebt Lübke in seiner Zusammenstellung hervor. Laut Innenbehörde sind Tatverdächtige anschließend reihenweise erneut strafrechtlich in Erscheinung getreten. Nach Angaben des CDU-Abgeordneten 28 von 54. Exemplarisch hierzu die Bilanz eines Einsatzwochenendes aus dem September 2022: Seinerzeit leitete die Polizei gegen 18 Beschuldigte und Tatverdächtige Verfahren ein, unter anderem wegen sexueller Belästigung, gefährlicher Körperverletzung, Diebstahls mit Waffen, Raubes, unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte. Fazit, ein gutes Jahr später: Nahezu alle Verfahren wurden eingestellt, lediglich in zwei Fällen kam es zu Verurteilungen. Aber zwölf der damals 18 Beschuldigten fielen anschließend erneut durch Straftaten auf, insgesamt 130 Mal. Unter anderem ging es dabei wieder um gefährliche Körperverletzung, Bedrohung, Diebstahl mit Waffen, Raub und Verstöße gegen das Waffengesetz.
"Das sind Intensivtäter, die immer und immer wieder straffällig werden", betont Lübke. Denen das Gefühl zu vermitteln, dass sie damit durchkämen, sende ein verheerendes Signal aus. Hier müsse der Rechtsstaat Lösungen finden, um endlich klare Grenzen zu ziehen. "Bis hierhin und nicht weiter."
Für Lübke wäre dazu ein Ansatz, auch niedrigschwellige Verfahren schneller abzuarbeiten. Denn dass so viele Verfahren eingestellt werden und es so selten zu Verurteilungen kommt, liegt aus seiner Sicht auch daran, dass bis zu einem Gerichtsprozess nicht selten Jahre vergingen. Mit Folgen für die Beweiskraft in diesen Fällen: "Dann stehen Sie da als Polizist im Gerichtssaal und werden vom Verteidiger des Angeklagten nach Details befragt, die Jahre zurück liegen." Nicht nur was die Zahl der Verurteilungen angehe, gebe es in Deutschland inzwischen ein klares Nord-Süd-Gefälle, sondern auch, was die Dauer der Verfahren angehe, sagt Lübke. "Für mich passt das ganz einfach nicht zu den in Bremen oft gehörten Ankündigungen, gegen solche Täter hart durchgreifen zu wollen."