Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) möchte den Bordellbetrieb "Eros 69" in der Duckwitzstraße lieber heute als morgen schließen. Doch nicht seine Behörde ist für den Gewerbebetrieb zuständig, sondern das Wirtschaftsressort von Kristina Vogt (Linke). Auch die will das Bordell schließen, sieht dafür aber keine rechtliche Handhabe. Nach wochenlangem Hin und Her hatte der Senat eine Taskforce eingerichtet, doch auch die fand keine einvernehmliche Lösung. Nun soll es Ilsemarie Meyer richten, ihres Zeichens ehemalige Präsidentin des Oberverwaltungsgerichts. Als Sonderbeauftragte soll sie dem Senat mit ihrer juristischen Expertise zur Seite stehen. Für den Innensenator "der letzte Versuch, um zu einer Einigung zu kommen". Schlage auch der fehl, werde das Innenressort die Taskforce verlassen, kündigte Mäurer an. CDU und FDP reagieren mit Unverständnis und Spott auf diese Entwicklung.
Betreiber des "Eros 69" ist die Joy Company. Geschäftsführerinnen des Betriebs waren bis Mitte dieses Jahres die Schwester und die Ehefrau eines Chefs der in Bremen verbotenen Rockergruppe "Hells Angels". Die beiden seien nur vorgeschoben, tatsächlich habe der Rockerchef in dem Bordell das Sagen, argwöhnte der Innensenator, was später eine Indizienkette der Polizei bestätigten sollte. Da der "Hells Angel" wegen zahlreicher Vorstrafen gewerberechtlich als unzuverlässig eingestuft wird, leitete die Wirtschaftsbehörde daraufhin ein Verfahren ein, um die Betriebserlaubnis der Joy Company für das Bordell zu widerrufen.
Darauf reagierte das Unternehmen mit einem Wechsel in der Geschäftsführung. An die Stelle von Schwester und Ehefrau des Rockerchefs rückten Ende Mai zwei 25-Jährige aus Wiesmoor. Am 19. August erfolgte ein weiterer Wechsel. Einer der beiden Männer schied aus der Geschäftsführung aus, ein Restaurantbetreiber aus dem Kreis Rendsburg/Eckernförde rückte nach. Für die Innenbehörde änderten diese Wechsel nichts an dem bestimmenden Einfluss der Rocker-Chefs. Sie hält auch die neue Bordell-Leitung nur für vorgeschoben.
Innenressort sieht Rocker als heimlichen Chef des "Eros 69"
Nach Informationen des WESER-KURIER gehören alle neuen Geschäftsführer zu einem Firmengeflecht, in dem Wechsel in der Geschäftsführung sozusagen an der Tagesordnung sind und Geschäftsanteile auch gerne mal für einen symbolischen Euro den Besitzer wechseln. So soll der 25-Jährige, der im Mai die Leitung des "Eros 69" übernahm und dann schon im August wieder ausstieg, zwar Geschäftsführer von drei weiteren Unternehmen gewesen sein, keinen dieser Posten aber länger als ein Jahr innegehabt haben.
Zweifel an den neuen Geschäftsführern meldet die Innenbehörde dem Vernehmen nach auch wegen der großen Distanzen zwischen deren Wohnorten und dem Sitz des Unternehmens an. Denn der liegt unverändert in Stade – in dem Gebäudekomplex, in dem die Schwester des Rocker-Chefs wohnt und arbeitet. Ebenso unverändert ist die Postanschrift der Joy Company in Stuhr - die ehemalige Wohnadresse des "Hells-Angels"-Chefs.
Das Innenressort zieht aus all dem den Schluss, dass es letztlich nicht darauf ankommt, wer formal das "Eros 69" leitet – bestimmende Größe in dem Betrieb bliebe der Rocker-Chef. Deshalb müsse die Betriebserlaubnis widerrufen werden. Doch dafür fehlen der Wirtschaftsbehörde die Voraussetzungen. Durch den Wechsel in der Geschäftsführung entfalle das bisherige Unzuverlässigkeitsmerkmal – der Einfluss des "Hells-Angels"-Mannes auf Schwester und Ehefrau. Deshalb habe man das bereits eingeleitete Widerrufsverfahren im Juli einstellen müssen.
Opposition zweifelt an Geschlossenheit des Senats
Um an dieser Stelle erneut ansetzen zu können, müsse entweder nachgewiesen werden, dass der Rocker-Chef auch die neuen Geschäftsführer maßgeblich beeinflusse oder aber, dass diese selbst gewerberechtlich unzuverlässig seien. Den Nachweis dafür habe die Gewerbebehörde zu führen. Alles andere sei rechtlich nicht tragbar.
Tatsächlich aber gebe es derzeit weder für die eine noch für die andere Variante Anhaltspunkte, die zum Widerruf der Betriebserlaubnis führen könnten. Statt Tatsachen lägen allein Spekulationen oder Ergebnisse vor, die "gewerberechtlich unbeachtlich" seien. Das Alter der Geschäftsführer, deren berufliche Qualifikation oder auch die Entfernung zwischen Wohnort und Firmensitz seien für die gewerberechtliche Zuverlässigkeit nicht relevant.
Ein gordischer Knoten aus unterschiedlichen Rechtsauffassungen, den der Senat hofft, mithilfe von Ilsemarie Meyer zerschlagen zu können. Kopfschütteln in Reihen der Opposition: Ihn wundere, dass es sich innerhalb der Verwaltung Bremens nicht realisieren lasse, selbst zu einer profunden und maßgeblichen rechtlichen Einschätzung zu kommen, merkte Thomas vom Bruch (CDU) in der Innendeputation an. Hierfür eine ehemalige Richterin zurück in den Dienst rufen zu müssen, spreche nicht für die Handlungsfähigkeit eines geschlossenen Senats. "Wieso eine Sonderbeauftragte?", fragte auch Birgit Bergmann (FDP). Eine Schiedsrichterin zu engagieren, um zwischen Innen- und Wirtschaftsressort zu entscheiden, sei nichts Anderes als "das Abschieben von Verantwortung".