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Legale und illegale Drogen Suchtprobleme nehmen in Bremen zu

Die Suchthilfe in Bremen blickt auf große Probleme: In einigen Bereichen steigt die Zahl der Suchtkranken, gleichzeitig fehlt Personal für Prävention und Beratung. So beurteilt das Gesundheitsressort die Lage.
18.09.2023, 05:00 Uhr
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Suchtprobleme nehmen in Bremen zu
Von Björn Struß

Legale und illegale Drogen, Computerspiele und Soziale Medien – Eine Suchterkrankung kann viele Gesichter haben. In einigen Bereichen hat die Corona-Pandemie die Zahl der Betroffenen deutlich erhöht. In Schleswig-Holstein warnt die Landesstelle für Suchtfragen davor, dass es immer mehr Suchtkranke gibt. Im Land Bremen entwickelt sich eine ähnlich schwierige Lage. Ein Zusammenhang mit der Pandemie lässt sich allerdings nicht immer belegen.

Wie viele Bremer haben ein Alkoholproblem?

Der Alkoholkonsum wird für das Bundesland nicht jedes Jahr statistisch erfasst. Das Gesundheitsressort verweist auf das epidemiologische Suchtsurvey (ESA) des Instituts für Therapieforschung aus dem Jahr 2021. Bei 22,8 Prozent der Männer und 9,8 Prozent der Frauen gibt es demnach Hinweise auf einen problematischen Alkoholkonsum. Wie Bremen im Vergleich zum Rest der Republik dasteht, zeigt eine Analyse des Barmer Instituts für Gesundheitssystemforschung aus dem Jahr 2020. Auf 1000 Einwohner kommen hier 22 Personen mit einer ärztlich diagnostizierten Abhängigkeit. Der Bundesschnitt liegt deutlich darunter, nämlich bei 14.

Wie entwickelt sich der Konsum illegaler Drogen?

In der Gruppe der 18- bis 64-Jährigen berauschen sich in Bremen und Bremerhaven 12,5 Prozent innerhalb eines Jahres mindestens einmal an illegalen Substanzen. Dies ist ebenfalls eine ESA-Zahl aus dem Jahr 2021. Bei 3,8 Prozent der Erwachsenen gibt es Anzeichen für einen problematischen Cannabis-Konsum, bei Kokain und Crack sind dies 0,8 Prozent. Opiate wie Heroin konsumieren 1,2 Prozent der 18- bis 64-Jährigen – also etwa 5000 Bremer – mindestens einmal pro Jahr.

Mit dieser sogenannten Zwölf-Monats-Prävalenz arbeitet die ESA-Erhebung auch, um die langfristige Entwicklung in Deutschland zu analysieren. Für Cannabis stieg dieser Wert zwischen 2012 und 2021 von 5,1 auf 10,6 Prozent. Auch bei Kokain, Ecstasy, und Amphetamin stiegen die Werte, wenn auch auf deutlich niedrigerem Niveau. Opiate sind in dieser Statistik nicht erfasst.

Kann die Drogenberatung den Betroffenen helfen?

Für die Konsumenten illegaler Substanzen sind die beiden Hilfszentren der Ambulanten Suchthilfe Bremen (ASHB) wichtige Anlaufstellen. Leiterin Beatrix Meier ist gleichzeitig auch Vorsitzende der Bremischen Landesstelle für Suchtfragen. Der gemeinnützige Verein ist ein Zusammenschluss aus Organisationen und Institutionen der Suchthilfe.

„Wir erleben seit ein paar Jahren, dass unsere Gesellschaft aus dem Krisenmodus gar nicht mehr herauskommt“, sagt Meier. Der Krieg gegen die Ukraine, die Klimakrise, steigende Preise – all dies spiele sich gleichzeitig ab, obwohl die Pandemie inzwischen überwunden sei. An Menschen mit einer Anfälligkeit für Suchtprobleme gehe dies nicht spurlos vorbei.

Mit 32 Festangestellten und einigen Honorarkräften kümmert sich die ASHB insbesondere um die Folgen des illegalen Drogenkonsums. Für Alkoholiker gibt es andere Hilfsangebote. Im Jahr 2019 leisteten die beiden Hilfszentren 1512 Betreuungen. 2021 stieg diese Zahl auf einen Spitzenwert von 1812, im vergangenen Jahr waren es 1766.

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Wie steht es um das Personal für Suchthilfe?

„Die Suchthilfe und Prävention hat auf verschiedenen Ebenen mit einem sich dynamisch entwickelnden Fachkräftemangel zu kämpfen“, berichtet Kristin Viezens, Sprecherin des Gesundheitsressorts. Der Mangel an Ärzten und Pflegekräften sei nicht nur ein Problem der Krankenhäuser, die Suchtkranke stationär behandeln. Laut Viezens mache sich diese Entwicklung auch bei Arztpraxen bemerkbar. Analog zum Bundestrend gebe es immer weniger Ärzte, die für Süchtige eine Ersatzbehandlung anbieten. Bundesweit sank die Zahl zwischen 2013 und 2022 um gut neun Prozent. „Hauptursache dafür dürfte das altersbedingte Ausscheiden zahlreicher Ärzte bei mangelnden Neumeldungen sein“, erläutert Viezens.

Gravierend ist nach Einschätzung des Gesundheitsressorts auch der Mangel an Sozialarbeitern, die in der Suchthilfe dringend benötigt werden. Laut Viezens war in den vergangenen zwei Jahren in keiner anderen Berufsgruppe die Fachkräftelücke so groß wie bei der Sozialarbeit und Sozialpädagogik.

Auch Ehrenamtliche spielen nach Aussage der Sprecherin in der Suchthilfe eine zentrale Rolle. „So ergänzt die Sucht-Selbsthilfe die professionellen Angebote des Gesundheitswesens und schließt Versorgungslücken“, betont Viezens. Ähnlich wie bei Sportvereinen schlägt sich die schwindende Bereitschaft für ehrenamtliches Engagement auch auf die Suchthilfe nieder. Ein Beispiel aus dem Umland ist dafür das Blaue Kreuz Gnarrenburg, das seine Arbeit Ende Januar eingestellt hat.

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