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Amtshilfe der Bremer Polizei Todesnachricht im Briefkasten

Die Stadt Brandenburg hat traurige Nachrichten für eine Familie in Bremen. Die Art und Weise, wie sie übermittelt wurden, sorgt für Fassungslosigkeit.
29.06.2024, 05:00 Uhr
Lesedauer: 4 Min
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Todesnachricht im Briefkasten
Von Ralf Michel

Es war ein Mittwochmorgen, der 12. Juni, als Brigitte Jäkel in aller Frühe den WESER-KURIER aus dem Briefkasten holte und dabei auch ein unfrankiertes Schreiben fand. An sie adressiert und mit dem Zusatz "Zustellung durch die Polizei Bremen" versehen. "Ich dachte im ersten Augenblick, dass es um eine Verkehrssache geht." Tatsächlich aber war es eine Nachricht der Stadt Brandenburg. Brigitte Jäkel und ihrem Mann wurde mitgeteilt, dass ihr 41-jähriger Sohn tot ist, gestorben im Uni-Klinikum der Stadt an der Havel. Verbunden damit war die Aufforderung, sich als "Bestattungspflichtige" umgehend um die Beisetzung ihres Sohnes zu kümmern.

"Das war wie ein Schock, ich war völlig fassungslos", erzählt Brigitte Jäkel. Zum Glück sei ihr Mann gleich dazugekommen. Was denn los sei, habe er gefragt, als er sie mit dem Brief noch in der Hand sah. Sie habe kaum sprechen können. Mehr als "Der Florian ist tot", habe sie in diesem Augenblick nicht herausbekommen.

Inzwischen haben die Jäkels von Bremen aus alle erforderlichen Schritte in die Wege geleitet. Sie habe mit einem Oberarzt der Klinik gesprochen, mit der Leitung des Heimes, in der ihr seit Langem erkrankter Sohn zuletzt gelebt hat und auch mit dem Bestattungsunternehmen vor Ort. Es gibt eine Feuerbestattung, die Urne wird später in Bremen beigesetzt. Soweit alles geregelt also. Doch über eine Sache sind die Eltern nach wie vor nicht weg: Die unpersönliche und vollkommen emotionslose Art und Weise, mit der sie über den Tod ihres Sohnes informiert wurden. "Dass die Polizei uns so eine Nachricht einfach in den Briefkasten wirft... Das kann doch nicht sein."

Das Schreiben selbst beginnt mit einer knappen Beileidsbekundung der zuständigen Sachbearbeiterin aus dem Ordnungsamt der Stadt Brandenburg sowie Angaben zu Todestag, Todesort und letzter Adresse des Sohnes. Dann schon der Hinweis, "dass niemand bisher eine Bestattung veranlasst hat", gefolgt von einer ausführlichen Belehrung über § 20 Abs. 1 des Gesetzes über das Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesen im Land Brandenburg ("in der zurzeit geltenden Fassung vom 7. November 2001"). Schließlich die Mitteilung, dass Brigitte Jäkel als Mutter des Verstorbenen bestattungspflichtig ist, da ihr Sohn weder Partner noch Kinder hatte. "Insofern fordere ich Sie auf..."

Paragrafen statt Anteilnahme

Spätestens bis 12. Juni habe Brigitte Jäkel die Bestattungsformalitäten für ihren Sohn bei dem Bestattungsunternehmen zu beauftragen, endet das Behördenschreiben. Was, am Rande bemerkt, der Tag ist, an dem die Jäkels überhaupt erst vom Tod ihres Sohnes erfahren haben.

Dass das Schreiben von der Bremer Polizei in den Briefkasten geworfen wurde, geht auf ein Amtshilfeersuchen der Stadt Brandenburg zurück. Florian Jäkel verstarb am 2. Juni, die Ordnungsbehörde habe davon am 6. Juni erfahren und am 10. Juni dann die Adresse der bestattungspflichtigen Person in Bremen ermittelt, heißt es auf Anfrage des WESER-KURIER seitens der Stadtverwaltung. "Am gleichen Tag wurde die Polizei Bremen gebeten, das Schreiben zu übergeben oder in den Briefkasten einzuwerfen", sagt Pressesprecher Thomas Messerschmidt. Dies sei die übliche Praxis, um auch und gerade im Sinne der Angehörigen die strengen zeitlichen Vorgaben für eine Bestattung einhalten zu können. Im Falle eines Postversandes hätten drei bis vier weitere Tage verstreichen können.

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"In der Stadt Brandenburg an der Havel werden die bestattungspflichtigen Angehörigen generell schriftlich über den Tod informiert", erklärt Messerschmidt. Telefonische Todesübermittlungen seien nicht üblich.

Bleibt die Frage, warum dann nicht wenigstens die Bremer Polizei die traurige Nachricht persönlich überbracht hat, statt das Schreiben einfach in den Briefkasten zu werfen. "Weil wir davon ausgegangen sind, dass die betroffenen Eltern längst telefonisch über den Tod ihres Sohnes informiert wurden", erklärt Nastasja-Klara Nadolska, Sprecherin der Behörde. Denn so sei es der Polizei im Zuge des Amtshilfeersuchens von der Stadt Brandenburg mitgeteilt worden. Es ginge nur noch um die Übermittlung der behördlichen Informationen bezüglich der Bestattungsformalitäten.

Angeblicher Anruf der Behörde

Dies wiederum stößt auf Unverständnis beim Ordnungsamt der Stadt Brandenburg. Das verweist auf Nachfrage erneut darauf, dass es telefonische Benachrichtigungen über Todesfälle seitens der Behörde nicht gebe. "Auf welcher Grundlage die in Amtshilfe tätige Behörde anderslautende Aussagen getätigt haben soll, kann hier nicht nachvollzogen werden."

Brigitte Jäkel schüttelt zu alldem nur noch den Kopf. "Das stimmt überhaupt nicht, mit uns hat noch nie jemand von der Stadt Brandenburg gesprochen." Dafür habe sie am vergangenen Freitag erneut Post von dort bekommen. "Man hat uns mitgeteilt, dass die Kindergeldkasse jetzt ihre Zahlungen einstellen würde."

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Wie Angehörige in Bremen benachrichtigt werden

Über 9000 Menschen sterben laut Gesundheitsbehörde jährlich in Bremen. Müssen Angehörige informiert werden, ist dies anders als in der Stadt Brandenburg nicht Aufgabe des Ordnungsamtes, sondern der Polizei. Im Zusammenhang mit Gewaltverbrechen, bei Unfällen oder auch Suiziden übernimmt dies das zuständige Kommissariat, bei allen natürlichen Todesursachen verständigt die Schutzpolizei die Angehörigen, erläutert Pressesprecherin Nastasja-Klara Nadolska. Die Nachricht werde niemals schriftlich, sondern immer persönlich überbracht.

Ähnlich ist dies bei Todesfällen in einer der städtischen Kliniken. Hier ruft grundsätzlich der diensthabende Arzt die Angehörigen an, erklärt Karen Matiszick, Sprecherin der Gesundheit Nord (Geno). Erreicht er niemanden, hinterlässt er eine Rückrufbitte auf dem Anrufbeantworter oder versucht es später noch einmal. "Niemals geschieht so etwas bei uns schriftlich."

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