Das Land Bremen hat bislang mehr als 6500 Flüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen. Nach Angaben des Sozialressorts sind davon derzeit 5260 in der Stadt Bremen gemeldet. Für ganz Niedersachsen meldete der NDR unlängst 13.000 Ukraine-Flüchtlinge, die am Drehkreuz am Messebahnhof Laatzen angekommen seien und von dort im Land verteilt würden. So sind beispielsweise im Landkreis Osterholz laut Landrat Bernd Lütjen bisher rund 600 Flüchtlinge aufgenommen worden.
Nach dem Königsteiner Schlüssel müsste Bremen rund ein Prozent der Geflüchteten aufnehmen. Das wären bei 272.000 ukrainischen Flüchtlingen, die nach Angaben des Bundesinnenministeriums bis Anfang der Woche in Deutschland angekommen sind, gut 2700 Menschen – weniger als die Hälfte derer, die schon da sind. Zudem finden auch andere Flüchtlinge weiterhin den Weg in die Stadt. Die Zahl der Asylbewerber aus anderen Ländern betrug in den ersten beiden Monaten dieses Jahres 224. Im Vorjahr waren es im gleichen Zeitraum 146 Menschen.
Warum kommen relativ viele Flüchtlinge nach Bremen?
Ukrainische Staatsbürger können mit einem biometrischen Pass oder Personalausweis für 90 Tage visafrei in die Europäische Union einreisen und ihren Aufenthaltsort in dieser Zeit frei wählen. Sie durchlaufen kein Asylverfahren. In Bremen lebten schon vor Beginn des Krieges rund 2600 Ukrainer. Mutmaßlich existieren daher zahlreiche persönliche Beziehungen und Anknüpfungspunkte für die Flüchtlinge.
Parallel finden aus Berlin Umverteilungen in die anderen Bundesländer statt, wenn sich die Betroffenen dort direkt als Schutzsuchende melden. Laut Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) werden die Bremer Behörden sehr kurzfristig über die Zahl der Menschen informiert, die auf diesem Weg nach Bremen kommen und hier unmittelbar untergebracht werden müssen. „Sollten wir in Bremen langfristig deutlich über unserer gesetzlichen Aufnahmequote liegen, sind aber auch Umverteilungen von Bremen aus denkbar“, heißt es dazu aus ihrem Haus. Dies würde unmittelbar nach der Ankunft der Personen geschehen, wobei man persönliche Bindungen berücksichtige.
Was passiert nach den 90 Tagen?
Um sich länger in Deutschland aufhalten zu dürfen, ist für die Flüchtlinge spätestens nach Ablauf von 90 Tagen eine Registrierung notwendig, um vom Migrationsamt eine Aufenthaltserlaubnis zu erhalten, zunächst für ein Jahr. Damit haben die Flüchtlinge Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Auch eine Arbeitserlaubnis wird vom Migrationsamt erteilt. „Eine Registrierung schon jetzt erfolgt zunächst nur, soweit Geflüchtete ein Schutzgesuch äußern und Hilfe in Form von Unterkunft oder sonstigen Leistungen benötigen“, erklärt Rose Gerdts-Schiffler, Sprecherin der Innenbehörde. Bislang hätten sich 635 Personen in Bremen für einen Aufenthaltstitel registriert.
Wie viele der Flüchtlinge werden langfristig bleiben?
Das ist laut Innenressort aktuell schwer abzuschätzen, da man nicht genau sagen kann, wie viele Menschen in Bremen registriert werden müssen. Die erforderliche Infrastruktur ist im Aufbau. Bisher sei die Lage kontrollierbar, und man sehe sich mit der Planung für eine sogenannte Erfassungsstraße gut gerüstet, sagt Gerdts-Schiffler. In Niedersachsen baut die Landesaufnahmebehörde im Bereich des Bahnhofs Laatzen eine zentrale Registrierungsstraße auf, die sowohl bundesweit als auch in Niedersachsen die Funktion eines Verteilkreuzes übernehmen soll. Bislang unterstützt die Polizei in vielen Kommunen die Ausländerbehörden und übernimmt in örtlicher Absprache ganz oder teilweise Registrierungsaufgaben.
Können alle Flüchtlinge untergebracht werden?
Das Sozialressort plant derzeit die Belegung von Hotels, Zelten, Leichtbauhallen und anderen größeren Immobilien. Auch die Aufstellung von Containern ist im Gespräch. Bei der Betreuung der Unterkünfte berichtet das Sozialressort von einer angespannten Personalsituation bei den Hilfsorganisationen nach gut zwei Jahren Pandemie. Die Wohlfahrtsverbände seien sehr gefordert, weil sich die Zahl der Flüchtlinge innerhalb sehr kurzer Zeit vervielfacht hat. Das Bremer Rote Kreuz sucht Bürgerinnen und Bürger, die sich ehrenamtlich in Notunterkünften engagieren.