Seit dem ersten Advent ist der jüngste Abschnitt der Premium-Radroute „Wallring“ befahrbar. Noch ist das Teilstück zwischen Ostertorsteinweg und Tiefer ein Provisorium, wie die Behörde von Mobilitätssenatorin Maike Schaefer (Grüne) betont. Die noch unvollständige Ausstattung trägt dazu bei, dass sich längst noch nicht alle Radfahrerinnen, Fußgänger und Autofahrerinnen mit dem Umbau angefreundet haben.
Die aufgepflasterten weißen Markierungen, die Radspuren und Autofahrbahn am Altenwall trennen, weisen allerhand Reifenspuren auf – deutliches Indiz dafür, wie ernst die Barriere genommen oder wie gut sie wahrgenommen wird. Die etwa vier Meter breite sogenannte "Protected Bike Lane", auf der Radler zur Tiefer gelangen, wird dort durch schmale Baken eingeengt, damit nicht versehentlich Autofahrer einbiegen. Wer in südlicher Richtung unterwegs ist, fährt zwischen den Barrieren zum Weser-Ufer – wo Kollisionsgefahr mit dem querenden Radverkehr besteht.
Zumindest solange die „Wallring“-Route noch nicht über die geplanten Brücken führt, sondern über die Kaisen-Brücke. Wer den Altenwall hinauf will, muss sehen, wo er mit seinem Rad stehen bleibt, bis er grünes Licht bekommt. Viel Platz bleibt nicht zwischen Fahrradbügeln, Geh- und Radweg. Häufig zu beobachten: Radler, die von der Brücke kommen, warten in einiger Entfernung und fahren dann quer über die große Kreuzung.
Eng ist es unverändert auch am oberen Ende des Teilstücks. Wer aus der Ostertorstraße kommt, wartet an der Arkade des Eckhauses vor der Ampel, um dann geradeaus in Richtung Viertel zu fahren. Die neue Markierung in Form gestrichelter Linien lässt keine Missverständnisse über die Spurführung zu.
Wer dort rechts in Richtung Tiefer abbiegen will, kann auf dem bisherigen Radweg fahren. Der soll nach Angaben des Amtes für Straßen und Verkehr (ASV) beibehalten werden, um „insbesondere die Anbindung der Anlieger aufrecht zu erhalten“. Die alternative Route führt über die Kreuzung und dann im rechten Winkel über die Fußgängerfurt auf die neue Fahrradtrasse – die über einen Mittelstreifen verfügt.
Manches ist noch behelfsmäßig. Wo alte Linien ausgefräst wurden, sind noch Löcher im Asphalt. „An diesem Knotenpunkt fehlt noch die Markierung und teilweise Beschilderung“, bestätigt Mara Hartwig, Leiterin des Referats für den Neubau kommunaler Infrastruktur beim ASV. „Diese Nacharbeiten erfolgen voraussichtlich im Frühjahr, wenn die Temperaturen das hergeben. Dann werden auch die provisorischen Elemente entfernt.“ Wie der Knotenpunkt dann im Detail aussehen werde, sei unklar: „Die Pläne sind noch in der Überarbeitung.“
Der frühere Radweg in Richtung Wall, der direkt am Heinrich-Heine-Denkmal entlangführte, ist bereits grau gepflastert und umgewidmet worden zum Gehweg, „sodass auch Fußgängerinnen und Fußgänger von der Maßnahme profitieren“, wie Senatorin Maike Schaefer sagt. Viele Radfahrer haben das offensichtlich noch nicht auf dem Schirm.
An der Ecke Am Wall und Ostertorsteinweg versperren nach wie vor zwei Baken Radfahrern den direkten Weg von der Fahrradspur Am Wall über die Kreuzung zum Altenwall. Auch dort soll verhindert werden, dass Autofahrer versehentlich einbiegen. Ohne Schlenker führt kein Weg für Fahrradfahrer daran vorbei. Dabei handle es sich um den „provisorischen Anschluss zwischen dem bereits fertiggestellten Abschnitt Altenwall und der Pop-Up-Bike Lane im Abschnitt Ostertorsteinweg und Herdentor“, teilt Mara Hartwig mit. „Auch dieser Knotenpunkt wird mit dem nächsten Bauabschnitt noch angepasst.“ Das Provisorium werde voraussichtlich im Sommer 2023 zurückgebaut. Dann soll die nächste Etappe angegangen werden: die Radwegführung über die AOK-Kreuzung.
Der Abschnitt der „Wallring“-Route ist Bestandteil der geplanten, knapp 44 Kilometer langen Premiumroute, die von Farge bis nach Mahndorf – und später bis nach Achim – führen soll. Die Verfasserin einer Petition an die Bürgerschaft befürchtet: Je weiter die Premiumroute fertiggestellt werde, desto mehr werde auch der Fahrradverkehr in den Wallanlagen zunehmen, weil die Anbindung an die Schnellstrecke über die Bischofsnadel in Richtung Universität nicht geklärt sei. Die Petentin möchte den Radverkehr ganz aus den Wallanlagen verbannen.
Senatorin Schaefer hatte dem Petitionsausschuss gegenüber auf den Gemeingebrauch von öffentlichen Grünanlagen verwiesen – Voraussetzung: gegenseitige Rücksichtnahme. Eben daran mangele es, sagt Claas Rohmeyer (CDU), der Vorsitzende des Ausschusses, und geht davon aus: „Formal ist Radfahren nicht erlaubt.“ Auf anderen Wallanlagen-Teilstücken herrsche bereits Radfahrverbot. „Wir haben den Beirat Mitte/Östliche Vorstadt nach seiner Meinung gefragt.“ Anders als Rohmeyer es erwartet hätte, wird es mit einer Antwort dieses Jahr nichts mehr. In der Sitzung vor dem Fest stünden dringende Bauverfahren auf der Tagesordnung, sagt die stellvertretende Ortsamtsleiterin Manuela Jagemann. Das Radfahren in den Grünanlagen werde „voraussichtlich erst im Februar oder März“ Thema.