Zu Karneval bleibt es ruhig auf der Martinistraße: Die Veranstaltung "Winter Adé" wurde von der Agentur Sternkultur "aufgrund der hohen pandemischen Inzidenzen" – also wegen Corona – kurzfristig abgesagt. Dafür will man dann in der Woche vor Ostern ein großes Fass aufmachen: Sieben Tage lang soll der Abschluss von "Transformartini" gefeiert werden, also das vorläufige Ende von Bremens aufwendigstem Verkehrsversuch.
Der CDU-Fraktion in der Bürgerschaft passt das nicht. Sie hält das monatelange Experimentieren mit Fahrtrichtungen und Fahrbahnen generell für gescheitert und das von Sternkultur verantwortete Begleitprogramm für reine Geldverschwendung. "Keine weiteren Steuergelder für Transformartini-Partys", fordert deshalb ihr verkehrspolitischer Sprecher Hartmut Bodeit.
„Wir missbilligen die fixe Idee ausdrücklich – bis in die Osterfeiertage hinein für eine Woche sündhaft teures Tschingderassabum mit Straßensperrung", kritisieren die Konservativen. Mobilitätssenatorin Maike Schaefer (Grüne) verriet unterdessen am Mittwoch, was eigentlich geplant ist: „Es ist uns gelungen, das Projekt Gaia des Künstlers Luke Jerram nach Bremen zu holen, was bereits in London, Kopenhagen, Melbourne, Paris und anderen Großstädten zu Gast war und dort jeweils für sehr positive Resonanzen und viele begeisterte Zuschauer gesorgt hat." Und es werde dafür keine Verkehrssperrung geben.
Maike Schaefer ist "extrem irritiert"
Zu sehen ist dabei vor allem ein riesiges schwebendes und beleuchtetes Modell der Erde von sieben Meter Durchmesser. Jerram hat es detailgetreu nach Aufnahmen der Nasa geschaffen. Es ist 1,8 Millionen mal kleiner als unser Planet, jeder Zentimeter auf dem Objekt entspricht also 18 Kilometern in der Realität. "Aus 211 Meter Entfernung hat das Publikum einen Blick auf die Erde, wie sie vom Mond aus erscheint", heißt es auf der Homepage von Gaia.
"Ziel ist es, mit Events Publikum in die Innenstadt zu locken, um diese weiter zu beleben", begründet Schaefer das Begleitprogramm zum Verkehrsversuch. "Viele Studien zeigen, dass heute die Menschen nicht mehr primär zum Shoppen in die Innenstädte kommen, sondern um Events zu erleben." Wenn die CDU so etwas bereits verurteile, bevor sie überhaupt wisse, was geplant wird, sei das "extrem irritierend".
Mehr als die Martinistraße
"Für die Innenstadtentwicklung hat Transformartini nichts gebracht, weder Impulse noch Aufenthaltsqualität", findet hingegen Bodeits Parteifreund Michael Jonitz, Deputierter für Stadtentwicklung. "Auch den Anrainern haben Surfwelle & Co. nichts gebracht.“ Vor allem aber kritisieren die beiden CDU-Politiker, dass die Transformartini-Aktionen Bremens Steuerzahler "insgesamt 1,3 Millionen Euro" kosteten.
Eine Summe, die vom Verkehrsressort bestritten wird. "Die Gesamtkosten werden deutlich unter den 1,3 Millionen Euro bleiben", versichert Schaefers Sprecher Jens Tittmann. Den kleineren Teil verursache dabei der eigentliche Verkehrsversuch auf der Martinistraße, den größeren das Eventprogramm "Transformartini". Aus dessen Etat würden aber auch Aktionen zur Belebung der City wie die Beleuchtung von Rathaus und Schütting, die Hirsche in den Wallanlagen oder die Bühne auf dem Domshof finanziert.
Probleme mit der Markierung
Die grundsätzliche Kritik der CDU an dem Verkehrsversuch - schlechte Kommunikation, verwirrende Straßenführungen - wird vom ADAC geteilt. "Zum Teil gab es Probleme mit der Eindeutigkeit der Beschilderung und Markierung", sagt Dirk Matthies. Der Leiter der Verkehrsabteilung des ADAC Weser-Ems beobachtete, dass deshalb das Einfahrtverbot in die Einbahnstraße oft missachtet wurde. "Phasenweise war die provisorische Markierung nicht selbsterklärend, auch löste sich diese zeitweise ab."
"Erleichterung oder Verbesserung konnten wir nicht beobachten", zieht Matthies eine vorläufige Bilanz für die motorisierten Verkehrsteilnehmer. "Am Ehesten funktioniert noch die Verkehrsführung in der jetzigen Phase." Die wiederum ist genau das, was laut CDU nie umstritten war: "In den politischen Entscheidungsgremien gab es nie wirklich Zweifel, dass wir die Martinstraße auf zwei Fahrspuren zurückbauen müssen", betont Bodeit. "Niemand brauchte das monatelange Verkehrschaos." Mitte April soll der Versuch abgeschlossen sein und die Auswertung starten. Bis deren Ergebnis vorliegt, bleibt die aktuelle Verkehrsführung bestehen.