Ein Jahr vor der nächsten Bremen-Wahl kennen die politischen Parteien ihre Ausgangsposition: Die SPD liegt wieder vorn, dahinter sortiert sich die Konkurrenz. Das hat eine Umfrage der Meinungsforscher von infratest dimap im Auftrag des WESER-KURIER ergeben. Die einzelnen Befunde des Stimmungstests wurden von den politischen Akteuren mit großer Aufmerksamkeit registriert.
Die Reaktionen fielen am Donnerstag überwiegend verhalten aus. Obwohl sich die SPD von ihrem historischen Tief bei der Bürgerschaftswahl erholt zu haben scheint und von den Demoskopen jetzt auf 30 Prozent taxiert wird, kam bei den Sozialdemokraten keine wirkliche Freude auf. 30 Prozent – das ist in der Wahrnehmung vieler Spitzengenossen zwar eine erkennbare Verbesserung gegenüber dem Tiefstand von 24,9 Prozent im Jahr 2019. Aber so richtig toll ist es eben auch nicht für eine Partei, die früher Ergebnisse von 40 Prozent plus x einfuhr.
Entsprechend sieht Landeschef Reinhold Wetjen durchaus "Luft nach oben". Zwar seien die Beliebtheitswerte für Bürgermeister Andreas Bovenschulte "herausragend". Die Partei müsse aber in den zwölf Monaten bis zur nächsten Bürgerschaftswahl ihre Kompetenzwerte auf wichtigen Gebieten steigern, sagte der Landesvorsitzende. Das gelte insbesondere für den Themenkreis Arbeit/Wirtschaft. Wichtig sei deshalb, dass man sich in der Koalition auf eine Fortschreibung des Gewerbeentwicklungsplans verständigt habe. Bremen bekomme dauerhaft eine Gewerbeflächenreserve von mindestens 100 Hektar. Von einer Profilierung der SPD zulasten der kleineren Koalitionspartner hält Wetjen nicht viel. "Es ist jetzt nicht die Zeit, die Ellenbogen auszufahren", sagt er.
CDU nicht vom Ergebnis beunruhigt
Der einzige Parteichef, dem man Freude über die Umfrageergebnisse anmerken konnte, war Florian Pfeffer von den Grünen. "Das sind tolle Werte", feierte Pfeffer die von infratest dimap ermittelten 21 Prozent für seine Partei. Nach den Wahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen zeige sich auch in der Bremer Umfrage, "dass grüne Themen Konjunktur haben". Die ungünstigen persönlichen Werte für Umwelt-, Bau- und Verkehrssenatorin Maike Schaefer seien nicht der Person, sondern dem Amt geschuldet, in dem man viel Gegenwind erfahre. Die Grünen übernähmen Verantwortung. Pfeffer: "Wenn es einem nur um Beliebtheitswerte geht, muss man um das Bau- und Verkehrsressort einen großen Bogen machen."
Die CDU würde laut Umfrage Stimmen abgeben und bei 22 Prozent landen. Doch das ist nichts, was den Landesvorsitzenden Carsten Meyer-Heder beunruhigt, denn: "Wir stehen als Herausforderer etwa dort, wo wir ein Jahr vor der letzten Bürgerschaftswahl standen." Das politische Stimmungsbild werde sich nun Monat für Monat verändern, und dafür habe man einen klaren Fahrplan. Ein junges Team arbeite bereits am Wahlprogramm. "Da zeichnen sich wirklich innovative Ideen für Bremen und Bremerhaven ab", kündigte Meyer-Heder an.
Die für die FDP prognostizierten sechs Prozent können für Thore Schäck, den Landesvorsitzenden der Liberalen, nicht das Maß der Dinge sein. "Wir haben andere Ziele", machte er deutlich. Seine Partei werde in den kommenden Monaten ihr Profil schärfen, unter anderem in der Verkehrspolitik. "Wir sind dagegen, Autofahrer und andere Verkehrsteilnehmer gegeneinander auszuspielen. Da werden wir deutlich Position beziehen", versprach Schäck.
Linken-Landesvorsitzender Christoph Spehr erhofft sich von der Bundesebene seiner Partei mehr Rückenwind als zuletzt. Wenn sich die Linken zusammenraufen und zur Außen- und Sicherheitspolitik sowie zur sozialökologischen Transformation klare Botschaften senden, könne man in Bremen deutlich mehr erreichen als die von den Meinungsforschern vorhergesagten acht Prozent.