Weitere Ermittlungen gegen einen Feuerwehrmann, Geldbußen für drei seiner Kollegen - so lautet das vorläufige Ergebnis der straf- und disziplinarrechtlichen Untersuchungen zur Berufsfeuerwehr Bremen, gegen die im Herbst 2020 schwere Vorwürfe erhoben worden war.
Am 8. Oktober 2020 erhielt die Innenbehörde ein Paket von Vorwürfen gegen die Berufswehr auf den Tisch, basierend auf den Angaben von zwei aktiven und einem ehemaligen Angehörigen der Feuerwehr. Zum einen ging es um die Versendung von rechtsextremistischen und rassistischen Bilddokumenten in einer Chatgruppe der Feuerwehr, zum anderen um frauenfeindliche, sexistische und homophobe Vorfälle sowie Mobbing. Hierzu wurden strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet. Zudem setzte Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) ein Disziplinarverfahren in Gang. Als Sonderermittlerin setzte er dafür Karen Buse ein, die ehemalige Präsidentin des Oberlandesgerichts. Deren Abschlussbericht liegt nun vor.
Mit der Frage "Brennt es bei der Feuerwehr?", leitet Buse das Fazit ihrer Untersuchungen ein. Um sie wie folgt zu beantworten: "Nein, es brennt nicht, aber an der einen oder anderen Stelle schlägt der Rauchmelder an." Die Frage, ob die Vorfälle symptomatisch für die Feuerwehr Bremen sind, könne verneint werden, "eine Wiederholungsgefahr aber nicht ausgeschlossen werden".
Ein ähnliches Resümee zieht Innensenator Mäurer in seinem Abschlussbericht, der am Mittwoch, 9. Juni, in einer Sondersitzung der Innendeputation vorgestellt wird. "Die Feuerwehr Bremen ist nicht strukturell rassistisch, rechtsextremistisch oder sexistisch", heißt es darin. Im Zuge der Untersuchungen seien jedoch "ernsthafte Verfehlungen" festgestellt worden. "Insbesondere wurde gegen Alltagsrassismus, Homophobie und Sexismus nicht frühzeitig genug interveniert." Mäurer spricht von "nicht zeitgemäßer Führungskultur ", "nicht unerheblichen Defiziten in Kommunikation und Personalführung" sowie "Problemen in der Organisationsstruktur".
Massive Gewaltfantasien und Bedrohungen
Im Zentrum des Disziplinarverfahrens stand das sogenannte „Frühstücksgespräch im Kollegenkreis“, bei dem drei Feuerwehrmänner sich darüber unterhielten, wie man eine häufig wegen Krankheit abwesende Kollegin „loswerden“ könne und in dem massive Gewaltfantasien und Bedrohungen geäußert wurden. Das Gespräch ist bekannt, weil es ein anderer Feuerwehrmann heimlich aufzeichnete.
Für Sonderermittlerin Buse steht fest, dass sich die drei Beschuldigten in diesem Gespräch auf der Feuerwache 6 sowie in einer WhatsApp-Nachricht gegenüber mehreren Kollegen der Wachabteilung III über eine Kollegin "herabsetzend, beleidigend und sexistisch" geäußert haben. Allerdings hätten sich die Pflichtverletzungen nicht auf den Kernbereich der Tätigkeit als Feuerwehrbeamter bezogen, und sei auch die Dauer, Häufigkeit und Intensität der vorgeworfenen Handlungen "eher keinem besonders hohen Schweregrad zuzuordnen". Deshalb seien als Disziplinarmaßnahme weder die Entfernung aus dem Dienst, noch ein Zurückstufung oder die Kürzung der Dienstbezüge in Betracht gekommen.
Die geäußerten Gewaltfantasien hätten jedoch "eindeutig die Grenze des Hinnehmbaren" überschritten und das Verhalten des Trios zudem dem Ansehen der Feuerwehr in Bremen großen Schaden zugefügt. Letztlich wurde das Disziplinarverfahren mit Geldbußen in unterschiedlicher Höhe abgeschlossen - wogegen die Betroffenen über ihren Anwalt jedoch Widerspruch eingelegt haben.
Ebenfalls noch nicht abgeschlossen ist das Verfahren gegen den Hauptbeschuldigten, dem rassistische und rechtsextremistische Äußerungen vorgeworfen werden. Nach polizeilicher Einschätzung haben sich die Verdachtsmomente gegen ihn nicht bestätigt, heißt es im Bericht des Innensenators. Dieses Ergebnis beziehe sich allerdings auf eine rein strafrechtliche Betrachtung und bedeute nicht, dass keinerlei auffällige, beachtenswerte Inhalte festgestellt wurden. Tatsächlich habe der Beschuldigte eine Vielzahl von Dateien mit eindeutig ausländerfeindlichen, rassistischen sowie nationalsozialistischen Tendenzen besessen und diese auch über WhatsApp verbreitet. "All diese Erkenntnisse deuteten darauf hin, dass der Beschuldigte über ein fest verankertes Weltbild verfüge, das von Rassismus, Feindseligkeiten gegenüber Nicht-Deutschen und dem historischen Nationalsozialismus geprägt sei. Ein rechtsextremistisches Netzwerk in der Berufsfeuerwehr Bremen habe durch die Ermittlungen aber nicht identifiziert werden können."
Die Ermittlungsakte der Polizei wurde der Staatsanwaltschaft übergeben. Die prüft nun, ob weitere Ermittlungen erforderlich sind. Bis dahin bleibt der Feuerwehrmann vom Dienst suspendiert. Sobald die Staatsanwaltschaft über das weitere Vorgehen entschieden hat, wird der Innensenator eine Entscheidung zum Disziplinarverfahren gegen den Mann treffen. Ihm war bereits unmittelbar nach Bekanntwerden der Vorwürfe die Führung der Dienstgeschäfte verboten worden, "da die Einleitung eines Disziplinarverfahrens mit dem Ziel der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis beabsichtigt ist".