„Auf dem Weg zum Volksentscheid“ prangt in weißen Buchstaben auf dem Plakat am Stand der Bürgerinitiative. Die Gegner der Bebauung der Galopprennbahn lassen nicht locker. Vor dem Rathaus sammelten sie am Freitagnachmittag Unterschriften gegen das städtische Bauvorhaben in der Vahr. Bis zum 4. Januar 2019 wollen sie mindestens 21 234 Unterschriften zusammen haben. Das sind fünf Prozent der Stadtbremer Wahlberechtigten. Wenn die Initiative die Zahl erreichen sollte, wird es spannend: Stimmt die Mehrheit der Bremischen Bürgerschaft dann dennoch für die Bebauung des 36-Hektar-Geländes, kommt es automatisch zum Volksentscheid.
„So viel Solidarität hatte ich nicht erwartet.“ Initiativensprecher Andreas Sponbiel äußert sich begeistert über die Unterstützung der Bremer. „Wir mussten schon Listen zum Unterschreiben nachdrucken lassen.“ Viele Menschen hätten auch Hilfe beim Sammeln angeboten, mehr als 100 Leute hätten alleine an diesem Tag mitgemacht. Seit dem Start am 4. Oktober in der Vahr, Hemelingen und Horn-Lehe seien über 2000 Unterschriften zusammengekommen. Die Aktion am Rathaus sieht er als Auftaktveranstaltung für ganz Bremen.
Dass es so gut läuft, sagt Sponbiel, zeige, dass die Bremer die traditionelle Sportstätte und „grüne Lunge“ in der Vahr schätzten. „Die Leute sind stolz auf de Rennbahn“, identifizierten sich damit. Sie wollten das Areal nicht „für hochpreisigen Wohnungsbau“ opfern, glaubt er. Die Bürgerinitiative möchte das Gelände „weiter öffnen“ und als Erholungsfläche genutzt sehen, sagt er. Mit einem neuem Konzept, das sportliche und kulturelle Angebote umfasse.
Zielstrebig tritt ein junger Mann an den Stand, unterschreibt, geht gleich weiter. Einige bekannte Bremer bleiben länger stehen. Der langjährige Polit-Aktivist Olaf Dinné unterhält sich mit anderen Sympathisanten der Initiative. Jens Eckhoff ist auch gekommen. „Das Thema ist inzwischen so groß, dass die Bremer darüber abstimmen sollten“, sagt der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete und ehemalige Bau- und Umweltsenator. „Ich finde es nicht gut, wie die Regierung das Thema behandelt. Man will es noch vor der Wahl durchpeitschen, das ist für mich der falsche Weg.“ Hinter dem Infostand steht auch die frühere SPD-Abgeordnete Karin Kauertz.
Stadtquartier mit 1000 Wohneinheiten
Die ehemalige Rennbahn an der Ludwig-Roselius-Allee gehört der Stadt. Bremen will auf dem 36-Hektar-Areal ein neues Stadtquartier errichten. Mit Wohnen, „wohnverträglichem Gewerbe“, Dienstleistungen, Freizeit und Erholung, wie die Baubehörde betont. Als Ziel wurden vor Jahren rund 1000 Wohneinheiten genannt. Der Rennverein erhielt die Kündigung, mit dem Golfclub auf dem Gelände, der einen bis 2034 unkündbaren Pachtvertrag hat, einigte sich die Stadt: Die Golfer dürfen so lange weitermachen, bis die Bagger anrücken. Außerdem kassierte der Club 3,89 Millionen Euro – als Ausgleich für Investitionen und entgangene Gewinne.
Ein Skandal, findet die Bürgerinitiative. Ärgerlich sei auch, sagt Rolf Gagelmann von der Gruppe, dass die Stadt die noch 2005 mit viel Steuergeld finanzierte Aufwertung des Rennbahngeländes zunichte machen wolle. Gagelmann, früher CDU-Bürgerschaftsabgeordneter, lebt nach seinen Worten seit über 50 Jahren in der Vahr. Dort werde der Sport „stiefmütterlich behandelt“, es fehle eine Bezirkssportanlage. Das Rennbahngelände sei wichtig für Freizeit und Erholung, betont er.