Die Sozialpolitiker der rot-rot-grünen Koalition machen sich für Modellquartiere in Bremen stark, die das Thema Pflege enger mit der Stadtentwicklung verzahnen. Das ist der Kern eines gemeinsamen Bürgerschaftsantrags der drei Parteien. Die Idee dahinter: Wer auf Pflege angewiesen ist, soll möglichst alle notwendigen Hilfen in seinem gewohnten Umfeld finden können. Zugleich sollen die Quartiere sich so entwickeln, dass auch Pflegebedürftige ihren Alltag darin so selbstständig wie möglich gestalten können.
"Erfolgreiche Pflege im Quartier erfordert ein Quartier der kurzen Wege, der Teilhabe, der Nahversorgung und der gut erreichbaren individuellen medizinisch-pflegerischen Versorgung. Aus diesem Grund ist es ratsam, entsprechende Mobilitätsaspekte mit zu berücksichtigen wie etwa die Überprüfung der Beschaffenheit bzw. Barrierefreiheit der Wege und die Anbindung an den Nahverkehr", heißt es entsprechend in dem Antragspapier.
"Wir wissen, das ist ein dickes Brett, bei dem neben dem Bremer Senat auch die Rahmenbedingungen auf der Seite von Kranken- und Pflegekassen eine Rolle spielen", sagt Birgitt Pfeiffer (SPD), die sich seit Anfang des Jahres um die Abstimmung zwischen den drei Koalitionspartnern zu diesem Thema bemüht hat. Die Sozialdemokraten hatten schon im Vorjahr ein Arbeitspapier vorgelegt, das zusätzliche quartiersbezogene Pflegebudgets aus Mitteln der Pflegeversicherung fordert. Abhängig vom örtlichen Bedarf sollen die Kommunen in eigener Verantwortung darüber entscheiden, ob das Geld in stationäre oder ambulante Angebote investiert werde. „Aktuell ist das vollständig dem Markt überlassen“, kritisiert Pfeiffer.
Diese Forderung findet sich jetzt auch im gemeinsamen Antrag der Koalitionsparteien wieder. Sie ist eingebettet in eine Liste von Dingen, die der Bund in die Hand nehmen muss und für die sich der Bremer Senat dort einsetzen soll. Dazu zählt unter anderem der Ausbau der Pflegeversicherung zu einer Vollversicherung mit deutlich weniger selbst zu leistenden Zuzahlungen. Und auch ein durchlässigeres Pflegesystem, das fließende Übergänge zwischen ambulanter und stationärer Pflege in beide Richtungen erlaubt.
"Quartierskoordinator Pflege" für Bremen gewünscht
Daneben wollen die Sozialpolitiker ihre Grundidee eines pflegegerechten Wohnquartiers durch einer Reihe von Einzelmaßnahmen des Landes verwirklichen. Dazu gehören beispielsweise obligatorische präventive Hausbesuche von Senioren oberhalb einer noch festzulegenden Altersgrenze. So soll frühzeitig auf freiwilliger Basis der Pflege- und Unterstützungsbedarf festgestellt werden. Gewünscht ist auch ein "Quartierskoordinator Pflege" in kommunaler Verantwortung. Er oder sie soll schon vorhandene Einrichtungen und Pflegeanbieter vernetzen und gewissermaßen als Lotse durch die Pflegelandschaft des Quartiers führen, aber auch dabei helfen, mögliche Angebotslücken zu erkennen. Eine weitere Forderung: ein Fonds für Mikroprojekte im Quartier, um unbürokratisch Mittel für lokale Projekte zu erhalten, die solche Angebotslücken dann schließen. Dabei geht es beispielsweise um wohnortnahe Kurse und Entlastungsangebote für pflegende Angehörige.
Den Anfang sollen zwei bis drei Modellquartiere machen. Langfristig sollen einige Neuerungen wie zum Beispiel die Quartierskoordinatoren oder präventive Hausbesuche aber flächendeckend in ganz Bremen möglich sein. Der Senat soll außerdem auch eine Konzeptentwicklung in der Stadtgemeinde Bremerhaven anstoßen.