Am internationalen Tag der Pflege haben sich am Donnerstag vor der Bremischen Bürgerschaft Pflegekräfte, Auszubildende und Studenten versammelt, um gemeinsam mehr Anerkennung für die Pflegebranche einzufordern. Unter dem Motto "Ich pflege trotzdem" organisierte der Internationale Studiengang Pflege der Hochschule Bremen gemeinsam mit dem Pflegestammtisch und dem Pflegerat einen sogenannten "Walk of Care". Für die Professorin Claudia Stolle ging es auch darum, mit mehr Selbstbewusstsein in der Öffentlichkeit aufzutreten: "Wir meckern in unserer Branche zu viel. Wir genießen unseren Beruf viel zu wenig."
Die Dozentin erklärte, dass sie damit nicht die schlechten Rahmenbedingungen verschweigen wolle. "Aber wir müssen viel mehr darüber reden, wie viel Spaß es macht, in der Pflegebranche zu arbeiten", betonte Stolle. Die jungen Berufseinsteiger zeigten auf dem Marktplatz beides: Begeisterung und Kritik. Bei kurzen Statements brandete insbesondere dann Jubel auf, wenn ein Kollege von seiner Motivation berichtete, für die Gesundheit der Menschen zu arbeiten. Gleichzeitig prangerten die angehenden Pflegekräfte auf Plakaten Missstände an: "Ich pflege trotz Stress" oder auch "Ich pflege trotz sexueller Belästigung".
Rassistisch beleidigt
Auch die 22-jährige Gülüm Celik berichtete über einen konkreten Missstand. Sie sagte, dass sie zuerst als Rettungssanitäterin und nun in ihrer Ausbildung zur Krankenpflegerin schon oft rassistische Beleidigung zu hören bekommen habe. Patienten und Kollegen hätten sich an ihren schwarzen Haaren und ihrem Namen gestört. "Ich habe mir Selbstvertrauen erarbeitet, so etwas lasse ich nicht an mich heran", betonte sie. In ihrem Beruf helfe sie jedem Menschen – auch "Unverbesserlichen", die sie beleidigten. "Ich wünsche mir, dass sich mehr Menschen mit einem Migrationshintergrund für diesen Beruf entscheiden. Die Branche soll so bunt wie möglich sein", sagte Celik.
Lena Schlömer trat auf dem Marktplatz als Botschafterin für die Pflegebranche auf. An einem Stehtisch hielt die Studentin der Hochschule Bremen Süßigkeiten und Informationsmaterial bereit, um mit Passanten ins Gespräch zu kommen. Vor ihren Füßen lag die Puppe "Anne", die wohl schon tausende Herzdruckmassagen erlebt hat. "Jeder Mensch braucht in seinem Leben irgendwann die Hilfe einer Pflegekraft. Das motiviert mich", sagte die 23-Jährige. Sie kritisierte, dass es nur in der Medizin ganz normal sei, regelmäßig neue Erkenntnisse in die Praxis einzuarbeiten. In der Pflege werde viel zu oft nur ein Instrument zur Umsetzung gesehen.
Gesundheit ist Teamleistung
Mit ähnlicher Kritik kam auch Heidrun Pundt vor die Bürgerschaft. Sie ist Vorsitzende des Bremer Pflegerats, der sich im Land Bremen seit 1999 für die Interessen der Pflegeberufe einsetzt. "Oft stehen die Leistungen der Medizin und der Ärzte im Fokus. Dabei ist die Gesundheit immer einer Teamleistung, gemeinsam mit den Pflegekräften", argumentierte sie. Die Kompetenzen dieser Branche erstreckten sich über die gesamte Lebenszeit des Menschen, von der Geburt bis zum Tod.
Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke) würdigte die Bedeutung der Pflegeberufe. "Über viele Jahre wurde in Kliniken und Pflegeeinrichtungen auf Kosten der Pflegekräfte gespart. Was die Pflege jetzt mehr als je zuvor braucht, ist eine deutliche Aufwertung", erklärte sie in einer Mitteilung. Zu erreichen sei dies über eine bundesweite Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen. Gleichzeitig müssten dann aber auch die Tarifpartner bessere Abschlüsse – sprich: mehr Gehalt – vereinbaren. Die Linken-Politikern machte sich gleichzeitig für ein Aufbrechen hierarchischer Strukturen stark: " Pflege ist in allen Führungsebenen inhaltlich und personell fest zu verankern", so Bernhard.