Schon vor dem Ferienbeginn geraten Tiertagesstätten und -pensionen an ihre Grenzen. "Seit die Homeoffice-Pflicht weggefallen ist, habe ich viele Anrufe von Leuten, die ihre Hunde unterbringen wollen", sagt Britta Lampe, die Betreiberin von Lemmis Hunde-Tagesstätte in Oberneuland, die Platz für ein Dutzend Hunde hat. "Während der Pandemie haben sich ja viele Leute Hunde angeschafft. Ein, zwei habe ich noch genommen." Mehr ging nicht. "Ich war ja vorher schon voll." Was Britta Lampe den Leuten rät? "Ich kann nur sagen, man muss rumtelefonieren. Viel Glück bei der Suche."
Die Finanzbehörde hat über die Hundesteuer die Entwicklung im Blick und bestätigt, dass die Zahl der angemeldeten Hunde seit der Covid-19-Pandemie "spürbar angestiegen" ist. Zum Ende des ersten Halbjahres 2021 geht die Behörde von circa 17.300 angemeldeten Hunden in der Stadt Bremen aus. Üblicherweise ist das Jahresende der Zeitpunkt der Erhebung: Am 31. Dezember 2020 waren 16.827 in der Stadt angemeldet, im Jahr zuvor 16.265.
Nadine Dickmann erlebt die Corona-Krise ganz anders als Britta Lampe – und ganz bestimmt nicht als Boom für ihre Branche. Die Pandemie und ihre Begleiterscheinungen haben sie den Job gekostet: "Ich habe fast nichts mehr zu tun, seit im Homeoffice gearbeitet wird und niemand mehr in den Urlaub fährt. Deshalb habe ich umgesattelt und arbeite hauptsächlich in der Diakonie." Ihre Hundetagesbetreuung "Walk-the-Dog-Bremen" widme sich gerade noch zwei Tieren und laufe nur noch nebenher – ein Ausführdienst als Auslaufmodell. Dass viele allmählich an ihre Arbeitsplätze zurückkehren und Urlaubsreisen schon länger wieder möglich sind, ist nichts, auf das Nadine Dickmann geschäftlich bauen würde: "Die meisten rechnen doch schon mit einer weiteren Corona-Welle und spannen eher Familie und Freunde ein."
Das empfiehlt auch Britta Lampe. Wer seinen vierbeinigen Liebling nicht in Lemmis Hunde-Tagesstätte unterbringen kann, bekommt den Rat, sich an Freunde zu wenden. "Ich kann ja schlecht sagen, hätten Sie sich das mal vorher überlegt. Was gut funktioniert, ist eine Annonce: Rentner gesucht." Britta Lampes Huta, wie Hundetagesstätten in Anlehnung an Kitas auch genannt werden, hat zwar ein paar Vierbeiner auf die Warteliste genommen. Ansonsten gelte: "Sie können gern im September wieder anrufen."
Hundebetreuung ist alles andere als ein hektisches Geschäft. Bei Britta Lampe ebenso wenig wie bei bei Irene Ponke, die ihre Hunde-Service-Agentur in Obervieland betreibt. "Pandemiebedingt habe ich doppelt so viele Anfragen. Enorm viele von Leuten, die sich ihren Hund erst im vergangenen Jahr angeschafft haben. Darunter waren auch einige sehr nette Hunde – wenn sie denn besser erzogen wären." Irene Ponke ist Hundetrainerin und Verhaltensberaterin. Hauptsächlich betreibt sie ihre Hunde-Tagesstätte mit bis zu zehn Hunden, die Pension ist auf vier Hunde beschränkt und außerdem alten Bekannten vorbehalten.
Aber auch die vierbeinigen Tagesgäste sind ein erlesener Klub. "Hunde mal eben abgeben, das geht nicht", sagt Irene Ponke. Mit dem Ansinnen ist sie häufiger mal konfrontiert. "Manchmal sind das Leute, die spontan am nächsten Tag in den Urlaub fahren wollen. Aber ich muss die Hunde vorher kennenlernen, sehen, wie sie drauf sind. Ich habe die Verantwortung und muss darauf achten, dass sie sich möglichst gut vertragen. Das überprüfe ich auf einem gemeinsamen Spaziergang. Wenn das gut geht, nehme ich den Hund zur Probe und sehe, wie er sich ohne seine Menschen macht." Ehe ein Hund in die Pension aufgenommen werde, sei eine Probenacht Bedingung.
"Gestern erst habe ich wieder einen Hund abweisen müssen, weil er so gar keine Grenzen kannte", erzählt Irene Ponke. Die Besitzer seien zwar mit dem Tier in der Hundeschule gewesen, aber das habe offenbar nicht gereicht. "Seit der Pandemie habe ich viel häufiger mit schlecht erzogenen Hunden zu tun. Die sind schnell frustriert, haben keine Impulskontrolle", sagt die Hundetrainerin. "Und viele wissen oft viel zu wenig über ihre Hunde. Das bringt die Leute zur Verzweiflung und alle Hundehalter in Verruf."