Es mag Zufall sein, dass die Innere Sicherheit im Koalitionsvertrag erst als Punkt 21 (von 28) auftaucht, fünf von 142 Seiten, angesiedelt zwischen den Punkten „Interreligiöser Dialog“ und „Demokratie, Bürgerbeteiligung, Beiräte“, aber irgendwie passt diese Platzierung dann schon. Klima, Umwelt, Bildung und Wohnen sind Schwerpunkte der künftigen rot-grün-roten Koalition, die Innere Sicherheit ist keiner.
Inhaltlich trägt der Koalitionsvertrag zur Inneren Sicherheit unverkennbar die Handschrift von Grünen und Linken: „Immer mehr Befugnissen für die Sicherheitsbehörden“ wird eine klare Absage erteilt, dafür der Schutz der Grund- und Bürgerrechte betont. Datenbankgestützte Videoüberwachung zur Gesichtserkennung und die Erstellung von Bewegungsprofilen werden abgelehnt, desgleichen die polizeiliche Quellen-Telekommunikationsüberwachung und die Online-Durchsuchung mittels Staatstrojaner.
Dass die Polizei künftig – wie in einer Reihe von Polizeigesetzen anderer Bundesländer festgelegt – bereits bei „drohender Gefahr“ Ermittlungsbefugnisse zur Gefahrenabwehr erhält, lehnt die rot-grün-rote Koalition ab.
Selbst an sogenannten Gefahrenorten sollen Personenkontrollen nicht anlasslos erfolgen dürfen, und der Grund für so eine Kontrolle muss auf Verlangen schriftlich von der Polizei bescheinigt werden. Außerdem soll eine „obligatorische Fortbildung in interkultureller Kompetenz“ sichergestellt werden. Und eine unabhängige Beschwerdestelle eingerichtet werden, an die sich Bürger/innen und Polizeibedienstete mit Kritik und Vorschlägen wenden können.
Personell will die neue Landesregierung allerdings deutlich in eine „stabile und funktionsfähige Sicherheitsstruktur“ investieren: Mehr Polizisten (Zielzahl 2900, davon 110 Kontaktbeamte), mehr Richter, Staatsanwälte und Justizvollzugspersonal, mehr Kräfte für den Ordnungsdienst (Zielzahl 100) – überall soll in den nächsten vier Jahren deutlich aufgestockt werden.
Mehr Personal für Polizei und Justiz
Um die Sollstärke der Polizei zu erreichen, sollen 200 bis 250 Auszubildende jährlich eingestellt werden. Und um für diese optimale Studienbedingungen zu gewährleisten, soll die Hochschule für Öffentliche Verwaltung „entsprechend sachgerecht ausgestattet“ werden. Ob für all dies genügend Geld zur Verfügung gestellt werden kann, bleibt abzuwarten. Letztlich wird auch dies von der Prioritätensetzung abhängen, auf die sich die Koalitionäre am Montag bei der Präsentation des Koalitionsvertrages zurückzogen, wann immer sie nach der Finanzierung ihrer Absichtserklärungen gefragt wurden.
Ein besonderes Augenmerk widmet die Regierungskoalition Rechtsextremisten und rechtspopulistischen Gruppierungen. Die Bedrohung durch rechtsextremistische Gewalttäter und Rechtsterroristen gehöre als „absoluter Schwerpunkt in den Fokus aller Sicherheitsbehörden“. In eine ähnliche Richtung zielt die im Koalitionsvertrag festgehaltene verstärkte Bekämpfung von Hass und Hetze im Internet. Eigens hierfür soll bei der Staatsanwaltschaft ein Schwerpunktdezernat eingerichtet werden.
Ausgebaut werden soll der Ordnungsdienst, zweimal jährlich sollen hierfür Ausbildungsgruppen mit 15 bis 20 Personen eingestellt werden. Am Ende der Legislaturperiode soll Bremen so über etwa 100 Außendienstkräfte verfügen. Deren Aufgabenbereich umfasst laut Koalitionsvertrag auch die Kontrolle der Einhaltung des Nichtraucherschutzes in Gaststätten.
Zur Entlastung insbesondere von Wohnstraßen will die Koalition ein Konzept „Parken in den Quartieren“ entwickeln. Dazu gehört die verstärkte Überwachung des ruhenden Verkehrs. Hierfür ist die Rede von 100 Vollzeitkräften, refinanziert auch über Bußgelder. Die bewilligten Mittel für Maßnahmen aus dem Paket „Sichere und saubere Stadt“ sollen verstetigt und auf weitere Stadtteile ausgeweitet werden.
Doch auch an dieser Stelle des Koalitionsvertrages sind die Positionen von Grünen und Linken unverkennbar: „Soziale Problemlagen etwa mit Obdachlosen am Hauptbahnhof werden wir nicht einseitig mit ordnungsrechtlichen Maßnahmen wie Platzverweisen begegnen.“ Gefragt seien flankierende sozialpolitische Maßnahmen.