Bremen soll eine Internationale Bauausstellung (IBA) ausrichten, um neue Wohnideen und nachhaltige Mobilitätskonzepte zu erproben. Dies ist einer der Vorschläge aus dem Abschlussdokument der Zukunftswerkstatt, die Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) im Sommer vergangenen Jahres ins Leben gerufen hatte. Unter seiner Leitung waren die Mitglieder des Senats (Zukunftskommission) und eine Runde Bremer und auswärtiger Fachleute (Zukunftsrat) dreizehn Monate lang damit beschäftigt, Ideen für die Entwicklung Bremens und Bremerhaven bis ins Jahr 2035 zu erarbeiten. Die Ergebnisse sind in einem gut 150 Seiten starken Papier zusammengefasst, das am Montag vorgestellt wurde.
Zukunftskommission und Zukunftsrat haben darin acht Leitziele für den Zwei-Städte-Staat definiert und mit konkreten Maßnahmen hinterlegt. Ganz vorne: „Attraktive, wachsende Städte“. Neben der Idee einer IBA finden sich in dem Handlungskatalog unter anderem die kürzlich von Sieling ins Gespräch gebrachte Umgestaltung des Straßenbahn- und Busknotens Domsheide, eine ansprechendere Verbindung zwischen dem Vege-sacker Bahnhof und dem Zentrum des Nordbremer Mittelzentrums sowie die Entwicklung des sogenannten Werftquartiers in Bremerhaven.
Im Bildungsbereich streben Sieling und seine Mitstreiter an, die Bildungsausgaben an das Niveau anderer Bundesländer anzunähern. Weiterführende Schulen und ausgewählte Berufsbildungszentren sollen künftig campusartig gestaltet werden, wobei ein Anfang in Blumenthal gemacht werden könnte. Das Leitziel Arbeit sieht unter anderem einen Ausbau des sozialen Arbeitsmarktes für Langzeitarbeitslose im Volumen von rund 1500 Stellen vor.
Um auf dem Feld der Digitalisierung Anschluss zu halten, soll unter anderem ein Gründerzentrum („Inkubator“) für junge Firmen aus dem Bereich der vernetzten Mobilität und des autonomen Fahrens ins Leben gerufen werden. Einige Themenfelder wie das Leitziel Wirtschaft bündeln im Wesentlichen bereits angeschobene Projekte, wie etwa das Gewerbegebiet Achim/Bremen oder die Profilierung Bremens als Kompetenzzentrum für Leichtbaumaterialien.
Aus Sicht des Bürgermeisters sollen die Erträge des Zukunftsprozesses vor allem dazu dienen, „mit der Kraft von Perspektiven und Visionen“ der Verunsicherung in Teilen der Gesellschaft entgegenzuwirken. Es gehe darum, „einen Mentalitätswechsel zu bewirken“, sagte Carsten Sieling. Insofern sei das Abschlussdokument der Zukunftswerkstatt auch nicht wirklich ein Schlusspunkt. Es markiere vielmehr ein Etappenziel. Bremens verbesserte Finanzausstattung nach 2020 sei die Grundlage dafür, eine ganze Reihe der genannten Projekte angehen zu können.
Linnert: Finanzielle Spielräume werden nicht ausreichen
Am Abend stellten sich Carsten Sieling und die Zukunftskommission im Rathaus einer Diskussion über den Ertrag des Projektes. Bürgermeisterin Karoline Linnert (Grüne) räumte dabei ein, dass die erweiterten finanziellen Spielräume der Hansestadt ab 2020 nicht ausreichen werden, „um alle Träume zu erfüllen“. Den Abschlussbericht zeichne allerdings aus, „dass das Nachhaltigkeitsdenken Einzug in alle Politikbereiche hält“.
Die Handelskammer hält die grundsätzliche Ausrichtung der Zukunftswerkstatt auf das Oberthema „Wachsende Stadt“ und die Stärkung der Wirtschaftskraft für richtig. Präses Harald Emigholz vermisst allerdings konkret bezifferbare Wachstumsziele. „Insgesamt sind viele Aussagen sehr allgemein gehalten“, bedauert Emigholz.
Es fehle „eine klar formulierte Vision für die Zukunft Bremens und Bremerhavens“. Jan-Gerd Kröger, Präses der Handwerkskammer, bekennt sich ausdrücklich zu dem Zukunftsdialog, an dem er mitgewirkt hat. Aus seiner Sicht ist der Maßnahmenkatalog, der sich über viele Politik-bereiche erstreckt, nicht zuletzt „eine riesiges Auftragsbuch für das Handwerk“. Kröger hofft, dass die jetzt eingeschlagene Marschrichtung unabhängig vom Ausgang der Bürgerschaftswahl im nächsten Jahr Bestand hat.