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Wichtige Insekten in Bremen Hummeln auf Bestäuber-Mission

Hummeln sind Wildbienen - aber anders: Größer, stärker, langsamer und lauter sind die Brummer, die auch schon bei niedrigen Temperaturen in Bremen auf Pollen- und Nektarsuche gehen.
09.04.2024, 05:00 Uhr
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Hummeln auf Bestäuber-Mission
Von Justus Randt

Gemein, Bremen ist zu klein. Die „Hummel-Challenge“ machen Flächenländer unter sich aus. In diesem bundesweiten Citizen-Science-Projekt arbeiten Ehrenamtliche dem Thünen-Institut zu, einem Forschungsinstitut für ländliche Räume, Wald und Fischerei. Und allzu viel ländlichen Raum, geschweige denn landwirtschaftliche Flächen hat das kleinste Bundesland nun mal nicht vorzuweisen. Hummeln aber natürlich schon.

Bei der Challenge, bei der das Institut mit Sitz in Braunschweig beispielsweise in Bayern mit dem Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) zusammenarbeitet, sollen mithilfe einer App so viele Hummeln wie möglich erfasst werden, um festzustellen, welche Art wo präsent ist. Darin ähnelt das Projekt der „Stunde der Gartenvögel“ des Naturschutzbundes (Nabu). Die Hummeln sind als eine der ersten Tierarten bereits unterwegs in den Gärten, schon mit den Frühblühern und erst recht, wenn Bäume und Sträucher zu knospen beginnen.

Hasel, Kornelkirschen und Weidenarten ziehen die pummeligen Brummer (lateinisch: Bombus) an. Forsythien beispielsweise sind zwar früher aufgeblüht, haben aber „keinen Nährwert und ökologisch nichts zu bieten“, sagt Katharina Fuchs. Die Expertin für Stadtnatur beim BUND Bremen erklärt, dass Wildbienen, zu denen die Hummeln zählen, an der gelb blühenden Pflanze nur wenig Nektar und Pollen finden könnten. Schon bei etwa zwei Grad Celsius könnten die schwarz-gelb-weißen Flieger durchstarten – auch dank ihres wärmenden, zumeist gelb-schwarzen Pelzes und unterstützt von den wärmenden Vibrationen der Brustmuskulatur, mit denen sich Hummeln auf Betriebstemperatur bringen. „Honigbienen sind erst ab etwa zehn Grad unterwegs.“

Die morgentautauglichen Hummeln starten früh ins Jahr und sind darauf angewiesen, auch früh Nahrung zu finden – und einen Ort zum Nisten. Dabei können sie Unterstützung brauchen. Bundesweit, weiß Katharina Fuchs, sind circa 40 Hummelarten heimisch. „Einige Arten sind gefährdet oder sogar vom Aussterben bedroht”, sagt sie. Die sechs bekanntesten und verbreitetsten fühlten sich auch in Bremen zu Hause: Außer Acker-, Stein- und Erdhummel seien dies Garten-, Wiesen- und Baumhummel. Letztere sucht sich ihre Bleibe gern in alten Bäumen und Totholz.

Die meisten Wildbienenarten, etwa drei Viertel, sagt die Biologin, nisten im Boden. Manche seien mit verlassenen Vogelnestern zufrieden, andere, wie die Erdhummel, fänden Gefallen an alten Mäusegängen. „Wichtig ist, dass sie offene Bodenstellen finden können.” Ähnlich den oberirdischen Insektenhotels könne man mit einem sogenannten Sandarium aus einem Sand-Lehm-Gemisch eine solche Nistgelegenheit schaffen.

Auch Hummeln sind vom Insektensterben betroffen. Bremen bilde da keine Ausnahme, sagt Katharina Fuchs. Pestizideinsatz in der Landwirtschaft, Monokulturen, der Mangel an Hecken und Blühstreifen zählten zu den Gründen. Das Nahrungsangebot sei dürftig, es mangele an Nistgelegenheiten. „Es gibt tolle Ideen, aber da muss sich noch viel tun.“ Ein Beispiel? Es fehlten „grüne Korridore“ - oder diese Strecken seien zwischen Stadt und Land nicht miteinander verbunden.

Wildbienen und viele andere Insekten sind oft hoch spezialisiert. Das betrifft sowohl ihr Umfeld als auch ihre Nahrung. Die Mahndorfer Düne als „letzte Binnenlanddüne“ biete beispielsweise genau den sandigen Boden, den die Blauflüglige Ödlandschrecke brauche. Ebenso zielgerichtet fliegen Insekten bestimmte mit Pollen und Nektar bestückte Blüten an. Hummeln und Wildbienen, so die Biologin, seien wichtige Bestäuber für Obstbäume und ganze Plantagen. Dank ihrer Wetterunempfindlichkeit könnten Hummeln fliegen, wenn andere Insekten im Verborgenen bleiben und so bis zu 18 Stunden täglich rund 1000 Blüten ansteuern.

Hummeln zählen zu den wenigen Bestäubern von Tomaten. Dabei profitieren sie von speziellen Eigenschaften: Wegen ihrer kräftigen Muskeln sind sie in der Lage, die sehr fest in den röhrenförmigen Staubbeuteln festsitzenden Pollen in hoher Frequenz herauszuschütteln. Das nenne sich Vibrationsbestäubung, erläutert die Expertin. Dank ihrer Größe und Kraft könnten Hummeln in ihrem dichten Pelz viele Pollen von einer Blüte zur nächsten bringen.

Je nach Eigenart, ob sie wie die Erdhummel einen kurzen Rüssel hat oder einen langen, wie die Ackerhummel, sind die Arten spezialisiert. Anders als die meisten Wildbienen, die solitär leben, also keine Staaten bilden, versammelt die Ackerhummelkönigin ein Volk von bis zu 150 Tieren um sich. Wo Hummeln derzeit am besten zu beobachten sind? „Überall, wo es blüht“, sagt Katharina Fuchs. Ein guter Tipp ist der Insektenschaugarten, den der BUND am Weserwehr angelegt hat.

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