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Denise Engelke "Jede Spielerin kennt ihre Aufgabe"

Bremens Handballerinnen sind Tabellenführer der 2. Bundesliga: Kapitänin Denise Engelke spricht im Interview über die neue Stärke des SV Werder, ihre Rolle im Team und die Aufstiegsträume der Fans.
21.11.2023, 15:29 Uhr
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Von Frank Büter

Frau Engelke, Werder steht auf Platz eins. Müssen Sie sich manchmal kneifen, wenn Sie auf die Tabelle der 2. Bundesliga schauen?

Denise Engelke: Wenn man das Sonntag für Sonntag so sieht, muss ich mich wirklich ab und an mal kneifen. Das hat schon was. Und man kann auch ein bisschen stolz darauf sein.

Ihr Trainer Timm Dietrich hat erklärt, dass das oberste Ziel weiterhin der Klassenerhalt sei und es von ihm frühestens Weihnachten eine Kurskorrektur geben werde. Was ist Ihre Meinung dazu?

Ich sehe das aktuell genauso. Wir wissen, wie lang so eine Saison ist. Und wir wissen, wo wir herkommen. Wenn es weiter so gut läuft, können wir im Winter aber das Ziel anpassen.

Sie spielen im fünften Jahr für Werder und sind im fünften Jahr auch Kapitänin der Mannschaft. Hätten Sie nach den Erfahrungen der Vorjahre, die stets vom Abstiegskampf geprägt waren, jemals gedacht, dass Sie mit dem Team mal ganz oben mitmischen würden?

Nein, wir haben nie gedacht, dass wir so in die Saison starten – definitiv nicht. Damit konnte man auch nicht rechnen, weil die Vorbereitung auch in dieser Saison keine einfache war.

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Was genau meinen Sie?

Wir hatten verletzungsbedingte Ausfälle. Der Kader war klein, und wir konnten uns nicht richtig einspielen. Erst die späte Verpflichtung der beiden Oldenburgerinnen Luca Schumacher und Hannah Weyers hat uns im Rückraum mehr Breite gebracht und auch ein deutlich effektiveres Training ermöglicht. Für die Vorbereitung auf die einzelnen Spiele ist es wichtig, ein gutes Training mit einem vollen Kader zu haben.

Timm Dietrich hat im Sommer den Niederländer Robert Nijdam als Cheftrainer abgelöst. Wie hoch ist der Anteil des neuen Trainers am aktuellen Höhenflug?

Sein Anteil ist enorm. Es ist für ihn selbst das erste Jahr als hauptberuflicher Trainer. Timm investiert sehr viel Zeit, vor allem in die Videoanalysen. Er bereitet uns super auf die einzelnen Gegner vor. Das ist ein großer Faktor.

Was macht Dietrich anders als sein Vorgänger? Können Sie seine Handschrift beschreiben?

Er arbeitet sehr gut heraus, wie andere Mannschaften spielen. Er zeigt uns Lösungen auf, wie wir dagegen im Angriff spielen wollen und wie wir dagegen verteidigen wollen. Jede Spielerin kennt ihre Aufgabe, jede weiß, worauf es ankommt.

Vor der Saison wurde der Kader nur durch junge Spielerinnen aus der 3. Liga ergänzt. Was also macht jetzt den Unterschied aus zur Vorsaison? Woher kommt diese Entwicklung?

Das fragen wir uns selbst auch. Und wir fragen uns auch, warum erst jetzt und nicht schon vor zwei Jahren. Wenn es läuft, dann läuft es eben. Viele Rädchen greifen jetzt ineinander. Wir haben keine individuell herausragenden Spielerinnen, die jede Woche ihre zehn Tore werfen. Dafür passen wir aber in der Breite gut zusammen, jede Spielerin hat ihren Anteil – sei es in der Deckung oder im Angriff. Das macht uns so stark.

Sie sind mit 31 Jahren die erfahrenste Spielerin. Sie lenken das Spiel und sind eine der Haupttorschützinnen. Wie sehen Sie Ihre Rolle in der Mannschaft?

Ich nehme die Verantwortung gerne an. Es macht mir auch Spaß, das Spiel zu leiten, die Nebenleute links und rechts einzubinden und meine Erfahrung weiterzugeben. Und es macht mir Spaß, mit Timm Dietrich in Abstimmung zu sein, zu schauen, welche Lösungen wir finden können und wie wir spielen sollten.

Es ist auffällig, dass Werder ungemein selbstbewusst auftritt und selbst in engen Phasen ruhig bleibt. Woher nimmt dieses junge Team diese Souveränität?

Dieses Selbstbewusstsein haben wir uns erst durch die Siege erarbeitet. In den ersten drei Spielen hatten wir das so noch nicht. Jetzt wissen wir: Wenn wir unser Spiel spielen, dann haben wir gegen jeden Gegner der Liga auch die Möglichkeit, den Sieg und somit die zwei Punkte zu holen.

Abgesehen vom Spiel in Freiburg wurden bisher alle Auswärtspartien gewonnen. Wird der Werder-Bus auf der Rückreise regelmäßig zu einem Party-Bus?

Naja. Einerseits denkt man schon: Wie geil ist das, wir stehen immer noch oben. Das möchte man feiern. Aber wenn man morgens früh in den Bus steigt, abends um 19 Uhr irgendwo spielt und danach wieder zurückfährt, dann feierst du vielleicht noch zwei Stunden – und dann bist du platt. Das ist schon eine Belastung für alle.

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In den Social-Media-Foren träumen die Fans schon von der 1. Bundesliga. Amüsiert Sie das, wenn Sie so etwas lesen?

Es ist schön, dass sich die Fans so mit uns freuen. Aber nee, wir denken bestimmt nicht an die erste Liga. Wir sind froh, dass wir es im Moment geschafft haben, uns oben festzusetzen. Wir wissen aber, wie schwer es ist, das über eine ganze Saison zu halten. Vor allem, wenn mal zwei, drei Spielerinnen durch Verletzungen ausfallen. Das ist dann schwer aufzufangen.

Was müsste denn aus Ihrer Sicht passieren, wenn Werder am Saisonende Meister würde und plötzlich Erstliga-Standort wäre?

Das kann ich gar nicht so genau beurteilen. Aber man sieht ja, wie schwer es für die Aufsteiger immer wieder ist, sich in der Bundesliga zu behaupten. Da muss schon vieles passen. Man braucht die finanziellen Mittel, und man braucht leistungsmäßig ein starkes Team, wenn man dort bestehen will.

Ihr Vertrag läuft noch bis Saisonende. Haben Sie schon eine Entscheidung getroffen, wie es weitergeht?

Bisher noch nicht. Leistungshandball auf diesem Niveau ist ein enormer Aufwand – neben meinem 40-Stunden-Vollzeitjob. Viel freie Zeit habe ich nicht. Darüber mache ich mir jedes Jahr wieder aufs Neue Gedanken. Und natürlich gucke ich, wie der Körper es mitmacht. Ich denke, dass es ab Januar Gespräche mit dem Verein geben wird.

An diesem Sonnabend trifft Werder in eigener Halle auf den Nachbarschaftsrivalen aus Buchholz. Im Pokalwettbewerb gab es gegen diesen Gegner eine Niederlage. Da ist also noch eine Revanche offen, oder?

Klar, es ist ein Derby, und wir haben noch eine Rechnung offen, definitiv. Da benötigt keine von uns eine zusätzliche Motivation.

Apropos Heimspiel: Zuletzt waren regelmäßig bis zu 400 Zuschauer in der Halle. Wie erleben Sie die Stimmung auf der Tribüne?

Wir werden mega unterstützt, das freut uns sehr und bringt uns nach vorne. Wir hoffen aber, dass wir noch viel mehr Leute in die Halle locken und für uns begeistern können. Der Besuch lohnt sich: Bei uns bekommen die Zuschauer immer attraktiven Handball und spannende Spiele zu sehen.

Das Gespräch führte Frank Büter.

Zur Person

Denise Engelke (31)

spielt seit 2019 für den SV Werder in der 2. Handball-Bundesliga und ist seither auch Kapitänin der Mannschaft. Die Industriekauffrau ist verheiratet und lebt in Oyten.

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