Es war das Freimarktspiel der Eisbären Bremerhaven, und den anschließenden Freimarktbummel hatten sich die Spieler des Basketball-Zweitligisten redlich verdient. "Es war noch nicht schön, aber ein Schritt in die richtige Richtung", sagte der erleichterte Mannschaftskapitän Adrian Breitlauch nach dem hart erkämpften 80:74 (40:43) über die Artland Dragons. Damit feierten die Bremerhavener am vierten Spieltag der Pro A endlich ihren ersten Erfolg, auf den die enttäuschten Gäste weiter warten müssen.
Traditionell spielen die Eisbären einige Heimspiele in der Bremer ÖVB-Arena – am Sonnabend war es mal wieder so weit. Draußen der Freimarkt, drinnen Basketball vor der stattlichen Kulisse von 2484 Zuschauern: Nur mit der Eigenwerbung hatte sich das Team von Trainer Steven Key in den vergangenen Wochen zurückgehalten, sonst wären vielleicht noch ein paar Besucher mehr in die Halle geströmt. "Unser Saisonstart hat die Begeisterung für Basketball nicht gerade geschürt", sagte Adrian Breitlauch selbstkritisch. Umso erstaunter war der 30-Jährige, dass überhaupt so viele Zuschauer gekommen waren.
Zumindest die Eisbären-Fans auf den Rängen bereuten ihr Kommen nicht. Das Duell zweier bislang siegloser Kontrahenten ließ zwar erahnen, warum es für beide Mannschaften zuletzt schlecht gelaufen war. Aber an Einsatz ließen es die Akteure beider Seiten ebenso wenig vermissen wie an Spannung, für die sie letztlich mit ihren vielen Fehlern selbst sorgten. "Wir waren sicherlich ein bisschen mehr im Glück als unser Gegner", sagte Steven Key nach der Partie, die auch er nicht schöner reden wollte, als sie war. "Wir waren nicht wirklich gut, aber ich bin froh, dass wir gewonnen haben."
Am kommenden Freitag beim SC Rasta Vechta II und am Sonntag gegen Phönix Hagen wollen die Bremerhavener an einem Doppelspieltag nun nachlegen. Gut möglich, dass mit Nick Hornsby dann ein weiterer Neuzugang dabei sein wird. Der 28-jährige US-Amerikaner, der in der vergangenen Saison noch für den Bremerhavener Liga-Rivalen und späteren Absteiger Bayer Leverkusen auflief, hatte sich zuletzt Maccabi Haifa angeschlossen, wegen des Krieges Israel jedoch wieder verlassen. In Bremen saß er bereits mit auf der Bank, allerdings nur zur verbalen Unterstützung. "Wir wollten ihn schon im Sommer holen", sagte Steven Key – nun hat es geklappt. Aber der Trainer betonte auch: "Nick ist ein Allrounder, kein Point Guard." Was bedeutet, dass die Eisbären nach Hornsby noch einen richtigen Spielmacher verpflichten werden.
Wie gut die Bremerhavener einen Spielmacher gebrauchen können, zeigte sich in der ÖVB-Arena. Hilmar Henningsson und Lennard Larysz gaben auf dieser Position ihr Bestes, doch erwartungsgemäß konnten sie dem Spiel nicht die Impulse geben, wie es ein echter Spielmacher kann. Henningsson glänzte mit seinem Zug zum Korb mit 16 Punkten immerhin als zweitbester Schütze. Entscheidend für den Sieg der Bremerhavener waren jedoch die Leistungen von Robert Oehle und Jarelle Reischel im Schlussviertel.
Robert Oehle trumpfte mit 17 Punkten nicht nur als bester Werfer seines Teams auf, sondern sammelte außerdem auch 15 Rebounds ein – mit Abstand die meisten aller Akteure auf dem Feld. Jarelle Reischel kam ebenfalls auf 16 Punkte. Er war es, der 13,9 Sekunden vor der Schlusssirene die ÖVB-Arena zum Kochen brachte, als er unglaublich cool einen Dreier zum 78:74 versenkte.
Bis zu dieser bemerkenswerten Szene hatte die Partie allerdings auf des Messers Schneide gestanden. Die Gäste hatten in der Schlussminute auf 74:75 verkürzt und hätten, wenn Reischels Kunstwurf nicht gepasst hätte, noch Zeit genug gehabt, um ihrerseits den entscheidenden Treffer zu landen. Nicht wegen der Schlussphase, sondern grundsätzlich trauerte Gäste-Trainer Patrick Flomo der verpassten Chance nach, die eigene Sieglosigkeit zu beenden. "Das ist schon sehr enttäuschend", sagte er. Die Artland Dragons hatten schlicht verpasst, den Sack zuzumachen. Chancen hatten sie dafür genug, was allein schon die schlechte Freiwurfquote der Quakenbrücker verdeutlichte. Von 29 Versuchen vergaben sie 14. "Das war ein Problem der Konzentration", sagte Flomo. In der 38. Minute hatte sein Team letztmals beim 70:69 in Führung gelegen.
Den Vorwurf mangelnder Konzentration hätten sich die Bremerhavener auch gefallen lassen müssen. Nach einer schwachen Anfangsphase lagen sie bereits mit 9:19 (8.) zurück, brachten sich dann aber vor allem dank einer Serie von Drei-Punkte-Würfen ins Spiel zurück. Beim 25:25 (14.) war erstmals wieder der Ausgleich hergestellt. Doch erst in der Anfangsphase der zweiten Halbzeit schienen die Eisbären richtig in Schwung zu kommen: Aus dem 40:43-Pausenstand machten sie dank guter Abwehr- und solider Angriffsarbeit eine 50:43-Führung, die sie nach einem 2:15-Lauf zum 52:58 (29.) aber leichtfertig wieder abschenkten.
Immerhin steckten die Bremerhavener nie auf. "Das Spiel hat von der Spannung gelebt", sagte Adrian Breitlauch treffend, "es gab auf beiden Seiten viele Ballverluste, aber immer auch vollen Einsatz." Nach 40 nervenaufreibenden Minuten feierten die Eisbären ihren ersten Saisonsieg zunächst im VIP-Bereich der ÖVB-Arena und anschließend auf dem Freimarkt. "Bei uns wird die kommende Woche nun leichter", sagte der Mannschaftskapitän – gedanklich mitfühlend mit den Dragons, die mit vier Niederlagen am Stück in den kommenden Doppelspieltag gehen müssen.
Eisbären Bremerhaven: Giles (11), Frierson (6), Larysz (3), Reischel (16), Breitlauch (3), Meyer, Charles (5), Oehle (17), Henningsson (16), Drescher (3)