Es ist mittlerweile knapp 14 Jahre her, als der WESER-KURIER meldete: Das Unibad steht vor der Schließung. Es begann eine Art unendliche Geschichte. Der Senat besiegelte das Aus für Bremens größte Schwimmhalle, eine Bürgerinitiative kämpft seitdem dagegen an. Es wurde als Ausgleich in Horn ein Sportbad gebaut, das bislang vom Sport aber kaum genutzt werden darf. Es stellte sich auch heraus, dass das Unibad, seit Ende der 1970er-Jahre in Betrieb, doch noch länger gebraucht wird. Viel Geld floss in Reparaturen. Immer wieder droht der Exitus, aktuell wegen eklatanter Mängel im Brandschutz.
Eine Steuerungsgruppe, in der die Uni, drei senatorische Behörden sowie die Gesellschaft Bremer Bäder (BB) vertreten sind, sucht nach einer Lösung. Noch vor Ostern werde man dem Senat „eine Vorlage mit einem Entscheidungsvorschlag unterbreiten“, heißt es aus dem Innenressort. Der Landesschwimmverband (LSV) könne eigentlich nicht so lange warten, sagt LSV-Präsidentin Helga Beste. Es müsse schon jetzt geplant werden für das nächste Schuljahr: Wasserzeiten, Wasserflächen, Bad-Kapazitäten, Übungsleiter-Bedarf. Die Ungewissheit in der Unibad-Frage ist ein zentrales, wenn auch nicht das einzige Problemfeld für Bremens Schwimmszene. Sie sieht sich mit einer heruntergekommenen Infrastruktur, mäßiger Spitzenförderung und einer hohen Nichtschwimmerquote konfrontiert.
Das marode Unibad
Für internationale Wettkämpfe erbaut, finden schon lange keine großen Veranstaltungen dort statt – kleine auch nicht. Das 50-Meter-Becken ist 51,80 Meter lang. Eine Wand hängt fest, sie lässt sich nicht mehr auf die erforderliche Länge verschieben. Für leistungsorientiertes Training ist das Bassin damit eher ungeeignet. Dennoch ist es noch das zentrale Becken für Bremens Leistungsschwimmer.
Für Schwimmlernkurse der Bädergesellschaft müssen Kinder auch aus Walle oder Gröpelingen hierher gebracht werden. Grund: der Umbau des Westbads. Es soll im November 2025 neu eröffnet werden. Dass der Zeitplan eingehalten wird, bezweifelt die Vereinsszene. Dass die vorgesehenen Kosten ausreichen werden, bezweifelt selbst Innen- und Sportsenator Ulrich Mäurer. BB teilt auf Anfrage mit: „Eine genaue Kostenprognose steht noch aus... Eine aktualisierte Prognose wird im Sommer nach Einholen der Submissionsergebnisse erwartet.“ Mäurer hofft, dass das Unibad noch bis zur Westbad-Eröffnung durchhält. Irgendwie fehlt ständig mindestens ein großes Bad. Nach dem Westbad soll das Vegesacker Bad saniert werden.
Defizite im Horner Bad
Als Sportbad mit 50-Meter-Becken konzipiert, steht es den Vereinen laut BB derzeit mit wöchentlich 130 Bahnstunden zur Verfügung. Das sind sieben Prozent der Kapazität, für die Öffentlichkeit sind es knapp 78 Prozent. „Das macht aus unserer Sicht wenig Sinn“, sagt Helga Beste. Während Training und Wettkampf über 50 Meter nur selten möglich sind, gehen Wettkämpfe über 25 Meter gar nicht. „Es gibt Probleme bei der Ausführung der Hubwand. Dieser bauliche Mangel wird derzeit juristisch geklärt“, antwortet die BB-GmbH auf eine Anfrage. Bereits zweimal mussten wegen der Hubwand überregionale Wettkämpfe mit Hunderten Kindern abgebrochen werden.
Eine Absenkung des Bodens auf fünf Meter ist – anders als im Unibad – im Horner Bad nicht möglich. Das hätte laut BB zu massiven Mehrkosten beim Bau geführt. Für den Tauchsport sowie die Tauchausbildung im Katastrophenschutz ist das Bad damit ungeeignet. Zwei Wasserball-Tore lassen sich, weil nicht einklappbar, nur mit viel Mühe in den Lagerraum bugsieren. Der Raum stehe damit voll, sagt der Trainer und Sportgeräte-Profi Thomas Postera. Zwei weitere für Turniere benötigte Tore mussten aus dem Unibad geholt werden. Sie würden draußen gelagert, seien der Witterung ausgesetzt.
Die begrenzten Trainingszeiten
Knappe Kapazitäten, knappe Haushaltsmittel: Allen Vereinen zu ausreichend Wasserzeiten und -flächen verhelfen zu wollen, kommt der sprichwörtlichen Quadratur des Kreises gleich. Dazu kommen mäßig attraktive Zeiten, gerade für jüngere Schwimmer oder solche, die es werden wollen. Im Unibad handelt es sich meist um Zeiten zwischen 17 und 22 Uhr. In den Schulsport oder das großflächig angewandte Modell Ganztagsschule ist Schwimmtraining nur in Ausnahmefällen integriert. Wasserball-Trainer Postera sagt: „Unser Jugendteam kann am Dienstag zwischen 19 und 21 Uhr trainieren, am Donnerstag zwischen 20 und 22 Uhr.“ Das sei für die Kinder, die mitmachen, eine Herausforderung. Für Kinder, die überlegen mitzumachen, sei es nicht eben ein verführerisches Angebot.
Fehlender Nachwuchs
Bremer Bäder räume den eigenen Schwimmlernkursen Priorität ein, sagt Helge Beste. „Das ist eine Konkurrenz, die nicht förderlich ist, das ist extrem unbefriedigend.“ Schwimmen in einem einmalig belegten kommerziellen Kurs zu lernen, sei etwas anderes, als dies im Verein zu machen. Es werde, quasi als Nebeneffekt, weder eine Kontinuität für sicheres Schwimmen geschaffen, noch werde das Sozialverhalten der Kinder mitgeschult. Das größte Manko: Die Vereine bekommen den Nachwuchs für spätere Übungsleiter oder vorbildhafte Spitzenschwimmer nicht mehr wie erforderlich aus den eigenen Reihen. Das klassische Pyramidenprinzip des Sports: Spitze braucht Breite, Breite braucht Spitze. Im Bremer Wasserball, sagt Thomas Postera, gab es in den 1990er-Jahren 30 bis 40 Mannschaften. Aktuell seien es gerade mal noch drei Teams.
Wechsel an der Spitze
An der Spitze der Senatsbehörde Sport, des Schwimmverbands, des Landessportbundes und der Bädergesellschaft stehen seit einiger Zeit jeweils neue Personen. In der Zusammenarbeit mit BB habe es „eine 180-Grad-Wende“ gegeben, sagt Bremens Schwimm-Präsidentin, eine Wende zum Positiven, wie sie betont. Man pflege eine offene Gesprächskultur. Der BB-Aufsichtsrat hatte die langjährige Geschäftsführerin Martina Baden Ende September freigestellt. Momentan wird die städtische Gesellschaft von Uwe Siefke und Frank Fischer geleitet, ab Juli soll Henry Peukert als neuer Bäderchef übernehmen – ein Mann mit reichlich Erfahrung. Peukert war zuletzt „Leiter Betrieb“ für die Berliner Bäder-Betriebe, davor Geschäftsführer der Bäder- und Sauna-Betriebsgesellschaft in Ganderkesee. Am Anfang seiner beruflichen Karriere fungierte er in den 1980er-Jahren als stellvertretender Betriebsleiter des Unibads in Bremen.
Tragluft-Konstruktion
Seit einiger Zeit kursiert in den Behörden und Sportverbänden die Idee, Abhilfe durch eine Tragluft-Konstruktion zu schaffen. Entweder fest montiert oder in einer mobilen Variante könnte ein Freibad überdacht – und damit ganzjährig benutzbar werden. Es sei vom Schlossparkbad oder vom Stadionbad die Rede, sagt Harald Wolf, einst Bremer Landestrainer Schwimmen und inzwischen Leistungssport-Koordinator an der Ronzelen-Schule. Für eine gezielte Leistungssport-Förderung sei Horn der bessere Standort. Ausgestattet mit einer noch nicht vorhandenen Trainer-Lehrer-Stelle und sogar noch mit einem Mit- statt Gegeneinander der Vereine könnte dort doch noch eine Art Kraftzentrum entstehen. Es wäre nur ein paar Steinwürfe entfernt von jenem Bremer Schwimmsport-Zentrum, dem die Kräfte zunehmend ausgehen: dem Unibad.