Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Dossier: Die Zukunft der Vereine Bremer Sportvereine verlieren 9000 Mitglieder

Bremens Sportvereine haben 2020 knapp sechs Prozent Mitglieder verloren. Die CDU fordert, Mittel aus dem Bremen-Fond für neue Mitglieder und Übungsleiter aufzuwenden. Der Landessportbund begrüßt den Vorstoß.
16.08.2021, 17:06 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Bremer Sportvereine verlieren 9000 Mitglieder
Von Olaf Dorow

Bremens Sportvereine ächzen unter der Last Corona-Pandemie. Sie verlieren Mitglieder. Das ist zwar jedes Jahr so, aber jedes Jahr melden sich auch wieder Menschen in den Vereinen an beziehungsweise werden Kinder von ihren Eltern angemeldet. Die Pandemie, der erzwungene Sportstillstand hat jedoch quasi von zwei Seiten angegriffen. Die Vereine konnten weniger anbieten, manche fast gar nichts. Und vor allem konnten kaum neue Mitglieder gewonnen werden. Wie etwas anbieten, wenn nur wenig bis nichts angeboten werden darf?

Laut einer Erhebung des Landessportbundes Bremen (LSB) haben die Sportvereine in Bremen und Bremerhaven zum Stichtag 1. Januar 2021 über knapp 9000 Mitglieder weniger verfügt als ein Jahr zuvor. Konkret: noch 142.260 Vereinsmitglieder statt vormals 151.205. Das ist ein Rückgang von knapp sechs Prozent. Schaut man auf die größeren Fachverbände, gibt es teils erhebliche Differenzen. Manche haben ungefähr in der durchschnittlichen Größenordnung verloren, Fußball rund fünf, Handball rund vier Prozent. Manche haben fast gar nichts verloren, manche sehr viel. Im Schwimmverband sind es jetzt nur noch gut 6000 Mitglieder statt knapp 7000, das sind rund elf Prozent weniger. Im großen Turnverband sind jetzt noch etwas mehr als 29.000 Mitglieder gezählt worden. Rückgang: 13,5 Prozent. Der Tennisverband hingegen ist sogar gewachsen. Er verzeichnete zu Jahresbeginn 2021 rund 7600 Mitglieder und damit rund fünf Prozent mehr als vor der Corona-Krise.

CDU regt Übernahme von Mitgliedsbeiträgen aus dem Bremen-Fonds an

Wie soll dem Rückgang entgegengewirkt werden? Für Kinder und Jugendliche, die sich neu bei einem Sportverein anmelden, sollte für 2021 und 2022 der Jahresbeitrag übernommen und aus dem sogenannten Bremen-Fonds kommen. Zumindest sieht das ein Antrag der CDU-Fraktion in der Bremischen Bürgerschaft vor. Das Parlament soll den Senat auffordern, "den jährlichen Vereinsbeitrag in Höhe von bis zu 150 Euro für Neumitglieder in gemeinnützigen Sportvereinen von Kindern und Jugendlichen bis 18 Jahre für die Jahre 2021 und 2022 zu übernehmen". Zudem sollen aus dem Bremen-Fonds Kosten für bis zu 100 Übungsleiterlizenzen getragen werden.

Vor allem viele Kinder seien aus ihren Vereinen ausgetreten. Die LSB-Statistik belegt das: Der Mitgliederschwund bei den unter Sechsjährigen beträgt 21,2 Prozent. Bei den Kindern im Alter zwischen sieben und 14 Jahren sind es immerhin noch 7,7 Prozent. "Um diesem Phänomen mit aktiver Bewegungsförderung zu begegnen und den Kindern eine Rückkehr in den Sport, unabhängig von deren sozialen Verhältnissen, zu ermöglichen, sollte Bremen die Sportvereine bzw. deren junge Mitglieder finanziell unterstützen", heißt es in dem CDU-Antrag.

Lesen Sie auch

Grundsätzlich stehe man dem Ziel, die Vereine gerade in der Krise zu unterstützen, sehr aufgeschlossen gegenüber, heißt es dazu aus dem Hause von Sportsenatorin Anja Stahmann. Man wolle aber nicht nach dem Gießkannen-, sondern dem Bedarfsprinzip fördern. Es werde derzeit geprüft, wie eine bedarfsorientierte Unterstützung bei den Mitgliedsbeiträgen aussehen könnte.

Ressort-Sprecher Wolf Krämer verweist auf Förderprogramme wie "Kids in die Klubs" oder das sogenannte Bildungs- und Teilhabepaket des Bundes. Aus dem 1,2 Milliarden Euro schweren Bremen-Fonds wurden und werden Corona-Hilfen für den Sport geleistet, mit denen Einnahmeausfälle kompensiert und Schutzmaßnahmen finanziert werden können. 2,5 Millionen Euro stehen laut Krämer dafür zur Verfügung.

LSB-Präsident begrüßt CDU-Vorstoß

LSB-Präsident Andreas Vroom begrüßt den Vorstoß der CDU-Fraktion ausdrücklich. "Er hat unsere volle Unterstützung", sagt er stellvertretend für die Dachorganisation des Bremer Sports. Vor allem die Kostenübernahme bei den Übungsleiterlizenzen würde er als wichtige und wertvolle Hilfsmaßnahme ansehen.

Seit in Bremen vor Jahren der Sportstudiengang an der Uni eingestellt worden ist, fällt es den Vereinen zunehmend schwerer, engagierte wie gut ausgebildete Kräfte zu akquirieren. Corona hat für zusätzliche Engpässe gesorgt. Vroom hofft, dass der CDU-Antrag in dieser oder abgewandelter Form umgesetzt wird. Er hofft zudem, dass die verwaltungstechnische Umsetzung "nicht auf die Sportvereine abgewälzt wird". Ein Mehr an Verwaltungsaufwand sei für viele Vereine, zumeist ehrenamtlich betrieben, kaum leistbar.

Mit Blick auf die geschrumpften Mitgliederzahlen hat er ebenfalls eine Hoffnung: Dass der Trend nach unten sich nicht fortsetzt und sich im besten Fall umkehrt. Er habe zuletzt eine deutliche Nachfrage erlebt, sagt Vroom. Es würden Wege in die Vereine gesucht und gefunden. Es entwickelt sich, so nimmt er es wahr, ein stärkeres Bewusstsein für den Mehrwert von Sport und Bewegung. Zuletzt war der Bremer Sportlehrer-Verband an die Öffentlichkeit gegangen und hatte gefordert, dass Sport im Schulunterricht ein Hauptfach werden soll. Andreas Vroom sagt, dass dieser Aufruf ihn sehr gefreut habe.

Lesen Sie auch

Zur Sache

Rückgang in Niedersachsen

Der Landessportbund Niedersachsen verzeichnet ebenfalls eine Mitgliederschwund in den Vereinen. "Wir haben ungefähr 100.000 Mitglieder verloren, insbesondere im Bereich der Kinder und Jugendlichen", sagte Reinhard Rawe, Vorstandsvorsitzender der LSB Niedersachsen, Anfang Juli bei der Vorstellung des Sportberichts 2020 in Hannover.  Dabei seien die Schwankungen von Verein zu Verein erheblich. Etwa die Hälfte der  rund 9400 Vereine habe keine Mitglieder verloren, in der anderen Hälfte seien die Rückgänge teilweise sehr hoch. So sank beim Turn-Klubb Hannover die Mitgliederzahl um knapp 25 Prozent. Nach Angaben des Sportministeriums sind in Niedersachsen rund 2,5 Millionen Menschen in einem Sportverein organisiert.   

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)