Die St.-Pauli-Fahne am Hastedter Osterdeich weht über allem. Nicht weit weg vom Weserstadion, mitten auf dem Gelände des Miniatur-Golf-Verein Bremen (MGVB), hätte man vielleicht eher eine grün-weiße Werder-Fahne vermutet. Aber der MGVB ist einfach anders. „Wir sind so schräg wie der FC St. Pauli. Deshalb die Fahne. Wir positionieren uns gegen Gewalt, Extremismus und Rassimus“, erklärt der 1. Vorsitzende, Marcus Leuthäußer, die Besonderheiten seines Vereins, der in diesem Jahr seinen 25. Geburtstag feiert.
Begonnen hat alles beim Bahnenclub in der Vahr. Doch nach diversen Meinungsverschiedenheiten hatte man sich vor 25 Jahren von dort verabschiedet und einen eigenen Verein gegründet. Zunächst wurde beim Haus Wieseneck, das nun Platzhirsch heißt, gespielt, bis der MGVB das Gelände am Hastedter Osterdeich übernehmen konnte und dort heimisch wurde. 2000 wurde hier erstmals gespielt, auf einer Anlage, der man noch heute ansieht, dass es ein ehemaliger Park war. Selbst wenn es mal vor Hitze kaum auszuhalten ist – die vielen hohen Bäume spenden den Spielern und Spielerinnen den nötigen angenehmen Schatten. Worauf sie besonders stolz sind beim Club und was auch auf den verschiedenen Bildern auf der Anlage zu sehen ist: Bis zur Eröffnung hatten alle am Bau beteiligten Vereinsmitglieder rund 3000 Arbeitsstunden an Eigenleistung erbracht.
Alle 27 Mitglieder sind beim MGVB in unterschiedlichen Mannschaften aktiv, was zwar einerseits großartig ist, manchmal aber auch eine gute Koordination erfordert, erklärt der 1. Vorsitzende. „Wenn die Teams alle in unterschiedlichen Städten spielen, brauchen wir aber beispielsweise immer noch jemanden, der am Osterdeich den Kassenwart macht.“ Doch die tolle Gemeinschaft des Clubs schafft auch das, sagt Marcus Leuthäußer. Irgendeiner übernimmt den Job dann doch. Wie gut der Zusammenhalt gelebt wird, ist beim Jubiläumsturnier an diesem Sonnabend wieder zu erleben. Kaffee, selbst gebackener Kuchen und eine Getränkeausgabe werden von den Mitgliedern organisiert. Jeder packt mit an. Zwischendurch wird allerdings auch gespielt. Immerhin sind mehr als 60 Teilnehmer aus Bremen, Niedersachsen, Hamburg und Ludwigshafen am Start. Und es geht schließlich um den Turniersieg.
Auch Marcus Leuthäußer macht mit. Bei der ersten Runde nicht ganz so erfolgreich, aber beim zweiten Versuch läuft es für ihn besser. „Ich hab ein bisschen was gut gemacht“, sagt er mit einem Lächeln. Gespielt wird in Gruppen, aber auch eine Einzelwertung wird es geben beim Jubiläumsturnier. Trotz der ausgelassenen Stimmung herrscht bei vielen konzentrierte Anspannung. So mal eben lassen sich die 18 Bahnen nicht erfolgreich bewältigen. „Es erfordert eine Menge Konzentration, Orientierung und Ausdauer“, hält der 1. Vorsitzende jedem entgegen, der meint, Minigolf sei doch kein Sport. Wer erfolgeich sein will, muss mindestens dreimal die Woche trainieren. Die besten üben so gar fast jeden Tag, erklärt Marcus Leuthäußer.
Mit eigenem Equipment zu Turnieren
Neben den körperlichen und kognitiven Anforderungen spielt das richtige Matarial auch beim Minigolf eine wichtige Rolle. Alle reisen mit eigenem Schläger und eigenen Bällen zu Turnieren und Ligaspielen an. Dabei handelt es sich nicht etwa um zehn oder zwanzig Bälle, die ein Spieler im Gepäck hat. „Ich habe 240 Bälle im Koffer“, sagt beispielsweise Sigrid Michna, die für den MC Möve Cuxhaven antritt. Die 66-Jährige ist deutsche Meisterin in ihrer Altersklasse und ist auf alle Eventualitäten vorbereitet.
Zwar kann sie über die Vereinsinformationen die Bahnbeschreibungen lesen, doch manchmal könne man erst vor Ort sehen, mit welchen Bällen man am besten auf den unterschiedlichen Bahnen zurecht kommt. Dabei spielt die Witterung natürlich auch eine Rolle, denn bei unterschiedlichen Temperaturen ist ein Ball schneller oder langsamer. Bälle können unterschiedlich hoch springen, andere sind eher für einen flachen Parcours geeignet. Kennt ein Spieler die Minigolfbahnen noch gar nicht, reist er mal einen Tag vorher an, erklärt die Cuxhavenerin, die erst mit 45 Jahren zu ihrem Sport kam. „Ich hab wohl ein gewisses Talent mitgebracht“, erklärt Sigrid Michna mit einem liebevollen Grinsen.
Einen Heimvorteil gibt es, so Sigrid Michna, nicht. „Zwar wissen die Vereinsmitglieder, wie ihre Bahnen gespielt werden müssen“, sagt die deutsche Meisterin, „aber das müssen sie dann auch können. Und so wird der Druck größer.“ Wichtig für Sigrid Michna, aber auch für alle, die beim Turnier dabei sind, ist bei aller Konkurrenz der Zusammenhalt. Man duzt sich und ist immer bereit, Mitspielern Tipps zu geben. „Du musst die linke Schraube anspielen“ oder „nimm den rechten Winkel, um einzulochen“, sind nur zwei Ratschläge, die sich die Akteure gegenseitig zurufen.
Hilfestellung geben wird beim Miniatur-Golf Verein Bremen sowieso groß geschrieben. Schließlich wollen die Mitglieder nicht unter sich bleiben. Sie haben ihr Tor auch für Menschen mit Handicap geöffnet und Kooperationen mit dem Martinshof und der Lebenshilfe geschlossen. „Es ist toll zu sehen, dass auch Menschen mit Beeinträchtigungen Minigolf spielen und großen Spaß dabei haben“, sagt Marcus Leuthäußer, der einen Übungsleiterschein gemacht hat, um Integrationskurse anbieten zu können. „Wir leben in einer Ellbogengesellschaft“, meint der Vorsitzende des MGBV, „da muss das soziale Miteinander einfach auch gestärkt werden.“ Dieser Philosophie haben sich alle verschrieben beim Miniatur-Golf Verein – und das wollen sie sich gerne auch für die nächsten Jahre ihres Clubs bewahren.
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