Hatte wirklich jemand angenommen, die Fischtown Pinguins würden in den Viertelfinals gegen den großen Favoriten Red Bull München einfach so durchmarschieren? Ohne Niederlage vier Partien gewinnen, um in der Serie Best of 7 mit der Mindestmenge an Spielen auszukommen? Es hatte vor dem dritten Duell am Sonntag nicht an Hinweisen gefehlt, dass München in den Play-offs noch nie ein 0:2-Rückstand aufgeholt hat. Allerdings: Das ist bislang auch nur einmal vorgekommen, vor acht Jahren. Und so machte sich der Favorit mit Feuereifer ans Aufholen. Red Bull besiegte Fischtown mit 7:1, in der Serie steht es vor dem vierten Spiel am Mittwochabend in Bremerhaven jetzt 2:1 für die Pinguins.
"Sie werden wie die Feuerwehr kommen." Das hatte schon vor der zweiten Partie am vergangenen Freitag Bremerhavens bislang überragender Torwart Maximilian Franzreb über den Gegner, souveräner Gewinner der DEL-Hauptrunde, gesagt. Irgendwie wurde diese Ansage zeitverzögert umgesetzt. München, das am Freitag zur erneuten Überraschung vieler Experten erneut verloren hatte, legte mit maximaler Wucht los. Und legte ein Drittel aufs Eis, das die Weichen klar auf Sieg stellte. Der Favorit führte nach einem hochintensiven Durchgang inklusiver etlicher Prügel-Einlagen in der ausverkauften Olympia-Eissporthalle mit 3:0. "Es ist noch härter, noch schneller", gestand Pinguins-Profi Nino Kinder in der Spielpause bei Magenta Sport. Vor allem wies er auf das Kernthema hin: Die vielen Strafzeiten, die sich die Pinguins gefangen hatten, waren gegen die angriffslustigen Münchner nicht zu kompensieren. "Das kostet zu viel Kraft", sagte Kinder.
Fast die Hälfte der 20 Minuten Spielzeit hatten die Gäste in Unterzahl zu bestreiten. Weil der erfahrene Ziga Jeglic fehlte, waren sie ohnehin mit einem personellen Handicap in die Partie gegangen. Sie verteidigten mit größtem Einsatz, doch die ersten Gegentore, das Münchner 1:0 durch Filip Varejcka (10.) sowie das 2:0 durch Trevor Parkes (15.) fielen jeweils kurz nach dem Ende der Power Plays. Der dritte Red-Bull-Treffer war ein abgefälschter Schuss von Super-Stürmer Yazin Ehliz (20.), er fiel: in Überzahl. "Das war das härteste Drittel, das ich jemals gespielt habe", sagte EHC-Stürmer Filip Varejcka nach dem Spiel. Sein Team habe gewusst: "Heute geht es um alles." So trat der Gastgeber auch auf.
Die Münchner Dominanz war wohl bei keinem der mehr als 5700 Zuschauer zu übersehen. Auch wenn das Spiel im zweiten und dritten Drittel nicht mehr so wuchtig daherkam, änderte sich nichts an den Kräfteverhältnissen auf dem Eis. Benjamin Street (27.) und Christopher Desousa erhöhten in Durchgang zwei auf 5:0. Filip Varejcka, der an fast allen Treffern beteiligt war, erhöhte im Schlussdurchgang auf 6:0, Justin Schütz setzte mit dem 7:0 noch eins drauf. Als es längst gelaufen war, Pinguins-Coach Thomas Popiesch seinen Torwart Franzreb Erholung gönnte und ihn durch Niklas Svedberg ersetzte, schaffte Phillip Bruggisser den Ehrentreffer zum 1:7 (54.).
Das Spiel hätte anfangs durchaus eine andere Richtung einschlagen können, zumindest wäre es womöglich knapper zugegangen. Zunächst bedurfte es nach Varejckas Führungstreffer einer minutenlangen Video-Prüfung durch die Schiedsrichter, ehe für sie feststand: Nein, Varejcka hat den Puck nicht irregulär mit der Hand ins Tor befördert. Und beim Stand von 0:2 hatte sich Jakob Virtanen eine vorzügliche Möglichkeit eröffnet, als er bei einem Konter frei vorm Red-Bull-Goalie Mathias Niederberger auftauchte. Virtanens Schuss knallte an die Latte.
"Viermal Unterzahl in einem Drittel, das hat München in die Karten gespielt", sagte Popiesch, "wir haben nie zu unserem Spiel gefunden." Und schickte eine Ansage für Spiel Nummer vier hinterher: "Wir wissen, was wir besser machen müssen, am Mittwoch werden wir damit starten."