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Gebrüder Binnemann Ein Bremer Football-Traum

Viele Jahre lang spielten die Gebrüder Binnemann bei den Ritterhuder Badgers. Im Dezember luden die Hamburg Sea Devils sie zu einem Sichtungstraining ein. Und es eröffnete sich eine einzigartige Gelegenheit.
04.05.2024, 05:00 Uhr
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Ein Bremer Football-Traum
Von Olaf Dorow

Nils Binnemann ist der Jüngere. Er ist 24, sein Bruder Kai ist vier Jahre älter. Doch auch der Jüngere sagt: "Da bin ich wohl schon ein bisschen zu alt." Es geht im Interview gerade darum, ob sie von ihrer Leidenschaft American Football leben können. Die beiden Brüder, geboren in Bremen, aufgewachsen in Osterholz-Scharmbeck, stehen immerhin in der höchsten europäischen Liga unter Vertrag, der European League of Football (ELF). Sie gehören zum Team der Hamburg Sea Devils.

Der Devils-Kader umfasst 65 Spieler. Bevor der Football-Markt in Deutschland so viel Geld abwirft, dass mehr als die zehn sogenannten Importspieler, vorwiegend aus den USA und Großbritannien, mit ordentlich dotierten Profiverträgen ausgestattet werden können, wird wohl noch etwas Zeit vergehen. Football, Amerikas Super-Sportart mit der hochkommerziellen NFL und dem Weltereignis Super Bowl, wird zwar auch in Europa immer populärer, gerade unter jungen Leuten. Um den Traum Football-Profi ausleben zu können, müssten die Binnemanns jetzt aber besser noch zur Schule gehen und alles vor sich haben. Sie werden bei den Sea Devils wie Mini-Jobber bezahlt. Nils Binnemann verdient sein Geld zunächst mal als Anlagenmechaniker. Bruder Kai, der wieder in Bremen lebt, arbeitet im Öffentlichen Dienst. Er ist verbeamtet.

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Die beiden kräftigen Jungs, 135 Kilo schwer der jüngere, 115 der ältere, leben trotzdem gerade einen kleinen Football-Traum. Jahrelang waren sie für die Ritterhuder Badgers unterwegs. Einmal, 2016, auch in der 2. Bundesliga, zumeist in Ligen darunter. Im Dezember folgten sie einer Einladung zu einem Sichtungstraining nach Hamburg - und erhielten anschließend ein Devils-Angebot für die Saison 2024. Sie seien sehr verwurzelt bei ihrem Ritterhuder Verein, "da haben wir schon sehr überlegt", gibt Kai Binnemann zu. Doch die Chance, so hochklassig spielen zu können, sei einfach zu verlockend gewesen. Am 26. Mai beginnt die ELF-Saison mit einem Auswärtsspiel in Prag, und am Sonntag danach folgt das, was für die beiden Bremer noch einmal doppelt und dreifach verlockend klingt. Auch, um noch besser als Frontklub der norddeutschen Football-Szene wahrgenommen zu werden, haben die Devils ihr erstes Heimspiel nach Bremen verlegt, in die Heimat der Binnemanns. Am 2. Juni treten die Hamburg Sea Devils im Weserstadion gegen die Paris Musketeers an. "Das ist eine einzigartige Gelegenheit, in solch einem Stadion spielen zu dürfen", sagt Kai Binnemann. Ja, das sei wirklich "ein kleiner Footballtraum", bestätigt er.

Seit rund 13 Jahren ist das Geraufe und Gerenne um das Ei, wie der ovale Spielball genannt wird, sein Ding. Sein kleiner schwerer Bruder kam schon bald dazu. Familiärer Vorprägung für das nachhaltige Interesse bedurfte es dabei nicht - dazu reichte es, dass das Trainingsgelände der Badgers direkt neben dem Schulhof lag. Kai wurde Linebacker, ein Spieler, der zwischen den Verteidigungslinien die Lauf- und Passwege der Angreifer zustellen soll. Nils, wurde einer, nun ja: für die vorderste Front. Er steht in der ersten Defensiv-Linie. Aufgaben: den Ballführenden zu Boden werfen, den Quarterback des Gegners unter Druck setzen. Ohne eine, sagen wir mal: gewisse Körperlichkeit geht das nicht. Zum Beweis krempelt Nils Binnemann die Ärmel hoch. Die blauen Flecken vom letzten Training sind nicht zu übersehen. Ganz unverseht bleibt selten jemand aus der ersten Defensiv-Linie. Zweimal habe er sich schon die Schulter ausgekugelt, einmal den Fuß gebrochen. Nils Binnemann grinst. Passt schon, soll das wohl heißen.

Dass ihr Sport nur etwas für die ganz Harten sei und eigentlich nur Körper auf Körper kracht, dementieren beide. Eigentlich seien alle Körpertypen gefragt im Football, in dem es viel mehr Taktik und viel mehr Spezialisten gibt, als der Laie vermuten würde. Football sei quasi sehr divers, sagt Chris Hahn, Sprecher der Devils. Das Miteinander unterschiedlichster Typen produziere einen ganz besonderen Teamcharakter, sagt Kai Binnemann. Sein Bruder, der weiter vorne steht auf dem Feld, sei ein sehr physischer Spieler, er habe den nötigen Ehrgeiz, den nötigen Biss, sagt Kai über Nils Binnemann. Nils über Kai Binnemann: "Er kann ein Spiel sehr schnell lesen und sehr schnell reagieren. Und er hat ein gutes Tackling."

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Etwa 10.000 Tickets seien für den 2. Juni im Weserstadion bereits verkauft, sagt Chris Hahn. Die Binnemann-Brüder sagen, dass sie sich über mangelnde Kartennachfrage im Freundeskreis nicht zu beklagen bräuchten. Das erste Nicht-Fußballspiel seit dem letzten Umbau der Bremer Arena soll nicht nur durch sie eine besondere Bremer Note bekommen. Laut Hahn stehen mit Keanu Morgan und Niklas Ritter weitere Bremer im Kader der Hamburg Sea Devils. Und viel hätte unter Umständen nicht gefehlt, dass sogar noch ein dritter Binnemann-Bruder dabei wäre. Der älteste der Binnemann-Jungs ist der 29-jährige Lars. Der sei etwas schmächtiger als sie, erzählen die beiden Geschwister. Aber schnell sei er und irgendwann habe er auch das machen wollen, was die beiden Jüngeren machten. Zeitverzögert wurde auch der älteste der drei Brüder ein Footballer. Inzwischen versucht der Quarterback der Hildesheim Invaders oft, das Ei auf ihn zu passen. Lars Binnemann wurde nämlich ein Wide Receiver des Zweitligisten.

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